SWR2 Wort zum Tag

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25OKT2023
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Demokratie – die galt lange Zeit in der westlichen Welt als die beste aller gesellschaftlichen und politischen Lebensformen. Demokratie, übersetzt: die Herrschaft des Volkes. Brachte Freiheit und Unabhängigkeit. Sorgte dafür, dass sich Menschen selbst entfalten können. Steht für sorgenlose Begegnung von Menschen unterschiedlichster Herkunft, Länder und Kulturen. Doch mehr und mehr Menschen sind mit der Demokratie unzufrieden. In vielen Ländern der Erde brechen sich rassistische und populistische Strömungen Bahn. Der Krieg in der Ukraine verdeutlicht das. Demokratie: keineswegs mehr unumstritten.

Ganz ähnlich geht es derzeit den Religionen. Lange Zeit war der christliche Glaube für Europa selbstverständlich und prägend. Bildung, Wissenschaft, Technik: dafür sorgte das Christentum. Die Idee, dass alle Menschen gleich sind, die Abschaffung der Sklaverei, alles auf christlichem Boden gewachsen. Doch immer mehr Menschen treten aus, immer lauter wird die Kritik an den Kirchen. Blickt man in andere Regionen der Erde, verschärft sich das Problem. Nur ein Beispiel: Im Iran werden Frauen im Namen des Glaubens von einer Sittenpolizei unterjocht. Religion sorgt hier für Terror und Unterdrückung.

Demokratie und Religion. Kämpfen derzeit mit ähnlichen Problemen. Allen voran: Glaubwürdigkeit. Beide müssen sich fragen lassen: Wofür brauchen wir euch noch?

Ich finde, das ist eine große Chance. Wenn etwas in die Krise gerät, dann muss man ja fragen: Welchen Sinn hat es? Warum soll ich mich für Demokratie einsetzen? Oder für meinen Glauben? Meine Antwort: Ich kann mir ein Leben ohne Freiheit nicht vorstellen. Mehr noch: Der Mensch braucht Freiheit, um sich zu entfalten. Die Demokratie ist die bisher beste Form, die diese Freiheit garantiert.

Aber eine Frage bleibt: Wofür frei sein? Und wohin? Hier hat die Religion eine wichtige Bedeutung. Sie kann dem Leben Ziele und Richtung geben. Viele Menschen zeigen das. Aus ihrem Glauben heraus handeln sie. Teilen an der Tafel Lebensmittel aus, machen Musik mit Flüchtlingen, organisieren Besuch für den alten Nachbarn, spenden Geld für die Erdbebenopfer in Marokko. Sie zeigen, was wichtig ist im Leben: Dass es darauf ankommt, sich und den anderen Menschen wahrzunehmen. Füreinander einzustehen. Ohne das kann auch Demokratie nicht funktionieren.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38557
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