SWR3 Gedanken

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26SEP2023
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Dem US-Amerikaner Jody Smith wurden Teile des Gehirns entfernt, weil er unter epileptischen Anfällen gelitten hat. Als er nach der OP aufgewacht ist, hat er sofort gespürt, dass etwas anders ist. Er hat gemerkt, dass er keine Angst mehr hat. Er sagt: „Ich meine die Angst bei Todesgefahr oder wenn das Risiko einer schweren Verletzung besteht.“

Jody wollte das genau testen. Er ist auf riskante Bergtouren gegangen und hat sich den steilsten Abhängen genähert ohne Adrenalin auszuschütten. Diese neue Angstfreiheit hat ihm seither schon oft geholfen. Einmal wollten ihn fünf Männer ausrauben, aber er ist dermaßen cool geblieben, dass sie es gelassen haben. Ein anderes Mal wurde er von einer gefährlichen Spinne gebissen. Er hat ohne Stress die Spinne weggeschnipst und mit klarem Kopf überlegt, was als nächstes zu tun ist.

Neurowissenschaftler geben zu, dass die instinktive Angst dem modernen Menschen schon eher hinderlich als nützlich ist. Weil wir viel seltener der Todesgefahr ausgesetzt sind als unsere Vorfahren. Trotzdem würden Fachleute gesunden Menschen nicht zu einer OP wie bei Jody raten. Erstens hatte die OP auch negative Folgen: Es haben sich Gedächtnislücken und ein Aufmerksamkeitsdefizit entwickelt. Und zweitens kann es ein wahrer Segen sein, Angst zu zeigen. Sich defensiv verhalten oder ungeahnte Kräfte zu mobilisieren kann Leben retten.

Ein weiteres  Argument, auf eine teure OP mit ungewissen Nebenwirkungen zu verzichten, könnte für mich mein Glaube sein. Denn selbst wenn ich Angst um mein Leben haben muss, kann ich immer noch hoffen, dass mit dem Tod nicht einfach das Licht ausgeknipst wird. Sondern dass ich danach weiterleben werde, anders als jetzt: sorglos und heil. Und mit dieser Hoffnung lebt es sich einfach anders.

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