Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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29AUG2023
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Gender-Gaga, Sprachverbot! – So und ähnlich titeln Zeitschriften und Artikel in letzter Zeit häufig. Der Tenor: „Bald darf man ja gar nichts mehr sagen!“

Ich ärgere mich über solche Artikel und halte sie für übertrieben. Niemand verbietet da irgendwas.

Allerdings: Ich gebe zu: Auch ich selbst verbessere andere manchmal. Etwa, wenn jemand sagt, ich sei Pfarrer. Dann korrigiere ich und sage: „Nein, ich bin Pfarrer IN.“ Das ist mir wichtig. Weil Frauen lange dafür kämpfen mussten, Pfarrerin zu sein. Deshalb will ich heute bewusst zeigen: Ich bin eine Frau im Pfarramt. Ich bin Pfarrer-in.

Wenn ich es erkläre, versteht mein Gegenüber vielleicht, warum ich hier mit der Sprache so genau bin. Trotzdem weiß ich, dass es auch ein bisschen unangenehm ist, so verbessert zu werden. Aus eigener Erfahrung.

Gerade vor kurzem wurde ich auch verbessert. Da habe ich so was gesagt wie: „Das ist so ein Gemauschel“. Darauf hat meine Freundin gesagt: „Weißt du, dass das Wort antisemitisch ist? Darin klingt das Vorurteil an, dass Juden betrügen. Ich finde: Das Wort sollte man nicht mehr benutzen.“

Wie gesagt: Auch mir war es zuerst unangenehm, so verbessert zu werden. Trotzdem bin ich meiner Freundin dafür dankbar und ich habe nicht das Gefühl, dass sie mir damit meine Sprache verbieten möchte. Es geht vielmehr darum, Rücksicht zu nehmen auf andere und darauf, was Worte mit Menschen machen.

Denn Worte können verletzen, besonders dann, wenn dahinter eine Geschichte von Gewalt und Unterdrückung steckt.

Wenn Menschen sagen: „Es tut mir weh, wenn du diesen Ausdruck benutzt.“ Oder „Ich bitte dich, das anders zu sagen.“, dann ist das für mich kein Sprachverbot. Ich kann natürlich weiter alle Worte benutzen, die ich möchte.

Aber wenn es anderen besser geht, nur, weil ich auf bestimmte Ausdrücke verzichte oder Dinge anders benenne, dann will ich das gerne tun. Auf lange Sicht werde ich so rücksichtsvoller. Und die Menschen, mit denen ich spreche, fühlen sich wohler. Und das ist, was für mich zählt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38311
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