SWR4 Sonntagsgedanken

SWR4 Sonntagsgedanken

06AUG2023
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

In der Bibel gibt es eine Geschichte, wie Gott dem jungen König Salomo höchstpersönlich im Traum erscheint. Salomo ist da noch unerfahren. Sein Thron steht auf gefährlich wackligen Beinen und er ist angreifbar. Da erscheint ihm Gott im Traum sagt: „Du hast Probleme? Du suchst nach einer Lösung? Du bekommst sie von mir – egal, was es ist.“

Bei der Geschichte muss ich unwillkürlich denken: Wäre das schön, wenn das auch heute passieren würde! Wenn Gott unseren Politikern im Traum erscheinen würde – so wie Salomo in der Geschichte. Und sagen würde: Ihr habt Probleme? Wirtschaft, Fachkräftemangen, Streit mit dem Koalitionspartner... Sagt einfach, was ihr für die Lösung braucht – ihr bekommt es.“

Klingt wie im Märchen – zu schön, um wahr zu sein. Oder wie in einer alten kleinen Geschichte von Ludwig Thoma: Thoma erzählt, wie Dienstmann Nummer 172, Alois Hingerl nach seinem Tod in den Himmel kommt und von nun an dort frohlocken und Gott lobsingen soll. Aber Halleluja-Singen – oder auf bayrisch: „Luja sog i“ - liegt Engel Alois nicht besonders. Also wird er nach München zur Landesregierung geschickt, um göttliche Ratschläge zu übermitteln. Leider schaut Alois vorher noch im Münchner Hofbräuhaus vorbei, bestellt ein Bier – und bleibt dort hängen. „Und so“ – schließt Ludwig Thoma seine kleine Erzählung – „wartet die bayerische Regierung bis heute auf die göttlichen Eingebungen“.

Für diese Bemerkung hat Ludwig Thoma damals übrigens eine Geldstrafe bekommen. Und ich - ich möchte nichts gegen Bayern gesagt haben. Mir gefällt einfach nur die Vorstellung. Dass ein Engel kommt, oder Gott im Traum erscheint und den Verantwortlichen sagt - unseren gewählten Abgeordneten, Ministern und Entscheidungsträgern - wie die Probleme in unserem Land in den Griff zu kriegen sind.

Klingt wie im Märchen, wenn die gute Fee kommt und man hat drei Wünsche frei. Oder wie in der satirischen Geschichte von Ludwig Thoma, wo die göttliche Eingebung am Boden eines Bierhumpen hängen bleibt.

Deshalb: Zurück zur biblischen Erzählung, denn die Bibel ist kein Märchenbuch und die Geschichte von König Salomo doch anders. Denn sie erzählt, was der sich von Gott tatsächlich gewünscht hat: „Gib mir ein Herz, das auf dich hört“ bittet er, „damit ich dein Volk richtig führen und zwischen Recht und Unrecht unterscheiden kann.“

Salomo hätte sich wirklich alles wünschen können: Reichtum, den Sieg über seine Feinde, eine starke Armee… Aber er ist ein Politiker, der nicht einfach nur an der Macht bleiben will, sondern wirklich fragt, was richtig für sein Volk ist und was falsch. Aber hat es solche Politiker jemals gegeben? Gibt es sie heute? Oder – klingt das immer noch, wie im Märchen?

Ich denke: Nein. Wie ein Märchen würde es für mich klingen, wenn sich Salomo fertige Antworten auf seine Fragen gewünscht hätte – und sie dann tatsächlich bekommen hätte. Oder Geld und Macht – von Gott geliefert wie auf Knopfdruck. Das wäre märchenhaft – mit Gott als guter Fee und drei Wünschen im Gepäck. Märchenhaft und völlig unrealistisch.

Klar wäre es schön, wenn die Verantwortlichen in unserem Land für alles die Lösung aus dem Ärmel schütteln könnten. Aber wenn wir das von unseren Politikern erwarten, dann wäre es ja wirklich so, wie in der Geschichte von Ludwig Thoma vom Münchner im Himmel. Als würden wir annehmen, dass Gott einen Engel mit göttlicher Eingebung losschicken würde. Und wir halt Pech haben, wenn es ein so menschlicher Engel wie Alois ist – der im Hofbräuhaus versackt.

Die Geschichte von Salomo ist da anders – keine Satire und auch kein Märchen. Sondern eine Erzählung, die zeigt, worauf es ankommt. Was einen guten Herrscher damals und auch gute Politiker heute ausmacht: dass sie ihre Sache wirklich gut machen wollen! Nicht mächtig sein wollen um der Macht willen. Sondern die, die wirklich fragen, was richtig ist und gerecht!

Und ja, ich bin überzeugt, dass die meisten Regierungsverantwortlichen bei uns so sind – auch, wenn sie nicht für jedes Problem die eine richtige Lösung parat haben. Salomo ist ein Vorbild. Er bittet Gott, dass er ihn beschützt und Salomo nicht selbstherrlich wird. Nicht abrutscht in Machtgier und niemals aufhört zu fragen, was der richtige Weg ist.

Wen es solche Menschen in der Politik gibt, ist das ein echter Segen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38177
weiterlesen...