SWR2 Wort zum Tag

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01AUG2023
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Mit dem Himmelreich wird es sein wie mit zehn Motorradfahrern, die auf Tour gingen -  so würde Jesus vielleicht heute ein Gleichnis beginnen. Fünf von ihnen waren planlos und sind einfach losgefahren. Die anderen fünf waren cleverer. Sie sind zwar später losgekommen, aber dafür haben sie nochmal vollgetankt. Unterwegs sehen die Cleveren dann einen nach dem anderen ohne Benzin am Straßenrand stehen, und sie rufen den Planlosen zu: „Sorry, das Benzin in meinem Tank nützt euch wenig, ruft doch einfach den Pannendienst.“ Spät am Abend kommen die fünf Planlosen am Bikertreff an – pünktlich zur Sperrstunde, keiner mehr da, und dunkel wird es auch gerade - dumm gelaufen.

Die Geschichte hinkt ein bisschen, denn Biker helfen sich normalerweise gegenseitig. Aber das Original von Jesus geht auch nicht mit Motorrädern, sondern mit Öllampen. Und die gehören Brautjungfern, die auf einen Bräutigam warten. Die Cleveren nehmen außer den Lampen noch Ersatz-Öl mit, die anderen nicht. Als der Bräutigam mit Verspätung eintrifft, sind deren Lampen längst erloschen, und sie dürfen nicht zum Fest. Die Cleveren aber vergnügen sich, weil sie vorgesorgt haben.

Was für eine Jesusgeschichte höchst ungewöhnlich ist: es geht so gar nicht jesusmäßig zu. Die Egoisten sind die Gewinner der Geschichte, und die Hilfsbedürftigen schauen in die Röhre – fast so wie im richtigen Leben.

Deshalb habe ich den Sinn dieses Gleichnisses woanders gefunden. Ich bin am Brennstoff hängen geblieben. Es geht um Öl oder Benzin, das nicht ausreicht. Es geht um meinen eigenen Energiehaushalt. Ich muss mich darum kümmern, mein Flämmchen hüten. Und meine Energie hilft leider wirklich nur mir, anderen nicht, schon gar nicht ausgebrannten Menschen.

Mich um meinen Brennstoff zu kümmern – das kann ich nicht delegieren, das ist meine ganz eigene Aufgabe. Und deshalb ist es gut, wenn ich weiß, wann ich zum Tanken muss, und was ich tanken muss. Ich persönlich muss spätestens dann tanken, wenn ich nachts nicht mehr gut schlafen kann, wenn sich in meinem Ohr ein hoher Ton meldet oder wenn ich unausstehlich werde. Dann muss ich raus, brauche Luft, Wald, Bewegung, Mittagsschlaf, Tapetenwechsel oder vielleicht einen kleinen Ego-Trip. So wie die cleveren Biker oder Brautjungfern, die gerade noch rechtzeitig für genügend Brennstoff gesorgt haben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=38130
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