Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

10JUL2023
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Die Zahlen sprechen für sich. Erneut haben viele, viele Menschen der Kirche den Rücken gekehrt. Für beide großen Konfessionen zusammengenommen waren das im letzten Jahr beinahe eine Million. Ich erschrecke immer noch darüber. Und es tut mir auch ein bisschen weh, obwohl es nicht anders zu erwarten war, obwohl diese Nachrichten Jahr für Jahr wiederkehren.

Ich kann Gründe aufzählen, woran es liegt. Und ich weiß auch zu sagen, was meiner Meinung nach in der Kirche geändert werden muss. Was ich aber nicht verstehe, was mich kopfschüttelnd zurücklässt: dass nichts, aber auch gar nichts dagegen unternommen wird, dass die Menschen in Scharen weglaufen. Ich sehe zumindest nirgends eine Entscheidung, die befreien würde. Sondern erlebe meine, die katholische Kirche, auf seltsame Art und Weise gelähmt. Ja, das trifft es am besten. Es ist wie die Schockstarre eines angeschossenen Tieres, das immer noch hofft, dann gerettet zu werden, wenn es stehen bleibt. Aber die Kirche steht schon zu lange mehr oder weniger regungslos da. Es passiert nichts, und um sie herum verändert sich alles um so schneller.

Was könnte etwas bewirken? Es wird behauptet, dass der Glaube an Gott eben auch im Schwinden begriffen ist. Dann sind die Austritte aus der Kirche eben die letzte logische Konsequenz, die Menschen ziehen, die ohnehin nicht mehr glauben. Da bin ich mir aber nicht so sicher. Ich begegne vielen Menschen, die mit der Kirche nichts am Hut haben und trotzdem nach Gott fragen, Antworten auf die letzten Fragen ihrer Existenz suchen und dabei auch religiös unterwegs sind. Aber die traditionellen Antworten der Kirche auf diese Fragen, die helfen ihnen nicht weiter. Im Gegenteil: Die offizielle kirchliche Rede von Gott schreckt sie ab, weil sie sie nicht verstehen oder weil sie von Dingen spricht, nach denen sie gar nicht gefragt haben.

Ich habe die Lösung auf das Dilemma auch nicht parat. Aber eines weiß ich: Wir Kirchenleute müssen mehr denn je raus aus unserer Kirchen-Blase. Die Menschen brauchen keine Ämter und Behörden, sondern ganz normale Leute, die von Jesus und seiner Sache begeistert sind. Das wollen sie zurecht spüren. Das geht aber nur, wenn wir Kirchenleute ihnen auf der Straße begegnen, mit ihnen auf dem Markt einkaufen, und uns verständlich mit ihnen unterhalten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=37969
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