Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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12JUN2023
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Kuno wird alt. Mein Hund, der jetzt genau elf Jahre bei mir lebt. Nein, richtiger ist schon: mit mir durchs Leben geht. Mit ein paar wenigen Ausnahmen waren wir immer zusammen, im Alltag, im Urlaub. Wenn ich meine Tage plane, ist er immer ein Teil davon. Nachts ist sein Platz neben meinem Bett. Dass er jetzt ein alter Herr ist, fällt mir seit ein paar Wochen besonders auf, weil die Anzeichen so deutlich sind: Wenn wir Gassi gehen, hat er schnell genug und fällt zurück; früher konnte ich ihn manchmal kaum halten, so neugierig war er auf alles, was draußen passiert. Daheim steht er oft da und starrt ins Leere, läuft hin und her und findet lange keine Ruhe. Das zu beobachten, tut mir am meisten weh, weil ich nicht weiß, was in seinem Kopf vorgeht, er dann so anders ist als früher und ich von „meinem Kuno“ fast nichts mehr wiederfinde.

Ich weiß, das hört sich alles so an wie bei einem Menschen, der alt wird und dessen Kräfte schwinden. Genau so nehme ich das auch wahr: wie bei einem Menschen. Mein Hund Kuno ist Teil einer Welt, die vergänglich ist. Das ist eines der wesentlichen Merkmale der Welt, wie Gott sie geschaffen hat. Der Tod ist immer da, jeden Tag; seine Macht wird nur größer, je länger etwas existiert. Das ist die eine Seite. Die andere: dass die Welt mit allem, was zu ihr gehört, in Gott geborgen bleibt; weil es seine Schöpfung ist.

Und Kuno ist ein Teil davon; für mich ein ganz besonders wichtiger Teil. Er ist ein treuer Gefährte für mich. Und es tut mir weh, wenn ich mir vorstelle, dass er einmal nicht mehr da ist. Immer wieder überkommt mich diese Trauer, immer öfter. Ich habe aber auch gemerkt, dass mir das hilft, mich vorzubereiten auf den Tag, wann ich ihn hergeben muss, loslassen. Ob mir das dann gut gelingen wird, weiß ich nicht. Aber ich glaube, dass es mir hilft, wenn ich den Schmerz schon jetzt immer wieder spüre, durchlebe. Nicht weil ich mich quälen will, sondern um ganz einfach nicht zu verdrängen, dass es ist, wie es ist: Auf dieser Welt ist nichts ewig. Und: In allem, was stirbt, liegt der Keim für neues Leben.

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