SWR3 Gedanken

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02DEZ2022
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Geduld gehört eigentlich nicht zu meinen Primärkompetenzen. Gar nicht! Ich hasse es zu warten. Ich gehöre in der Warteschlange im Drogeriemarkt zu den ersten die auf die Klingel drücken, an der steht: Bitte noch eine Kasse öffnen!

Advent hat etwas mit Geduld zu tun: Warten, bis es endlich so weit ist, bis Weihnachten. Eine Kerze nach der anderen anzünden. Die Kinder in der Schule werden immer kribbeliger und das Gewusel in der Stadt immer strapaziöser. Auf italienisch heißt Geduld: pazienza. Das hat etwas mit Leiden zu tun und auch mit der Vorstellung, dass man das Leiden irgendwie hinnehmen oder zumindest annehmen muss. Pazienza! sagt einer im Krankenbett und zuckt mit den Schultern. Pazienza hat aber auch etwas mit Leidenschaft zu tun. Leidenschaftliches Warten. Mit brennender Geduld – so heißt ein hinreißender Liebesroman in dem ein Postbote übt, Gedichte zu schreiben für die von ihm geliebte Frau.

Mit brennender Geduld schreibt er sich in ihr Herz. Gedicht um Gedicht. Brennende Geduld, die ist bis obenhin angefüllt mit Sehnsucht und Liebe. Aber sie lässt dem ersehnten Gegenüber Zeit und Raum sich zu entscheiden, wann und wie und ob sie kommen mag.

Bei Weihnachten kann man sich sicher sein: Das kommt pünktlich und meistens dann doch überraschend. Bis dahin will ich mich üben in brennender Geduld.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=36614
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