SWR1 Anstöße sonn- und feiertags

SWR1 Anstöße sonn- und feiertags

18APR2022
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An Ostern feiert die Christenheit die Auferstehung. Sie feiert den Glauben, dass der Tod nicht das letzte ist, was einem Menschen passiert. Weil Jesus mit Gottes Hilfe den Tod überwunden hat. So schön und schnell ist das gesagt. Und so schwierig, daran wirklich zu glauben. Mir fällt das mit zunehmendem Alter eher schwerer. Obwohl ich als Pfarrer schon so oft bei einer Beerdigung über das Leben nach dem Tod gesprochen habe. Obwohl ich mir schon so oft gesagt habe, wie wichtig es ist, die Hoffnung nicht zu verlieren. Ich will es: an die Auferstehung glauben. Aber ich merke, wie schwer es ist, es zu verstehen. Denn das würde ja bedeuten, dass ich mit rationalen Argumenten erklären kann, wie es funktioniert: dass nach dem Tod das Leben weitergeht. Und das kann ich nicht. Was biologisch passiert, nachdem ein Mensch gestorben ist, ist ziemlich klar. Aber was ist mit seinem Wesen, seiner Person, seiner Seele? Das kann ich nicht festhalten und nicht messen. Es passt nicht in die Welt von Raum und Zeit, in der ich lebe und die ich für normal halte. Mir nützen da auch die nichts, die überschwänglich von einer Nahtoderfahrung berichten. Ich habe das helle Licht nicht gesehen, von dem sie begeistert erzählen. Und ich weiß auch nicht, ob mir das für meinen Glauben helfen würde. Denn ich bin fest davon überzeugt, dass es sich jenseits von unserer irdischen Welt abspielt, was mit Auferstehung gemeint ist. Dass es sich deshalb auch nicht beweisen und mit dem Verstand verstehen lässt. Ich muss daran glauben. Nur wie?

Mehr als an anderen Stellen merke ich, dass es ein Geschenk ist, zu glauben. Ich kann nicht machen, dass ich glaube. Es kommt von allein. Es hat weniger mit Wissen zu tun als mit Erfahrungen. Sie überfallen mich, wenn ich am Bett eines Sterbenden sitze. Oder wenn ich mit Eltern über ihr totes Kind spreche. Auch wenn ich ahne, dass in diesem Universum nichts umsonst ist. Kein Stern, kein Mensch. Glauben bedeutet: Ich ahne, dass da „mehr“ ist. Darüber zu sprechen, ist schwer. Ich finde, nahezu unmöglich. Aber es in mir zu spüren, das hilft. Und es bleibt, auch wenn die Zweifel sich wieder durchsetzen wollen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35217
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