SWR2 Wort zum Tag

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23MRZ2022
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Meine Welt ist in den letzten Wochen ziemlich zweifarbig geworden. Überall sehe ich gelb und blau: Die Nachrichtensprecherin trägt zum ultramarinblauen Hosenanzug eine knallgelbe Bluse, eine Kombination, die bis vor kurzem noch ein völliges NoGo gewesen wäre. Profilbilder bei Facebook zeigen Fotos aus dem letzten Urlaub an der Ostsee: Ein strahlend blauer Himmel über satt gelb blühenden Rapsfeldern. Meine jüdische Freundin hat ihren Sabbatleuchter mit gelben und blauen Kerzen bestückt. Weltweit leuchten die Fassaden von Kirchen, Regierungsgebäuden und Wolkenkratzern in blau und gelb. Das kleine Blau und das kleine Gelb sind aus dem gleichnamigen Kinderbuch von Leo Lionni ausgebüchst und werfen sich an Brückenpfeiler und Schallschutzmauern. Alle Welt bekennt Farbe, und selbst die Forsythiensträucher scheinen in diesem Frühjahr nur für die Ukraine zu blühen: Sonnengelb vor ukraineblauem Himmel.   

Mir tun diese farbigen Solidaritätsbekundungen richtig gut. Immer dann, wenn ich mich angesichts der schwarzweißen Bilder aus den Kriegsgebieten wieder einmal völlig hilflos fühle, blinken mir die blaugelben Zeichen verschwörerisch zu: Wir sind viele! Wir sind überall! Und wir leuchten in den Farben der Sonne und des Himmels.

Schon einmal hat so ein Farbcode dazu beigetragen, die Hoffnung in schwierigen Zeiten aufrechtzuerhalten. Das war ganz am Anfang der Weltgeschichte nach einer verheerenden Flutkatastrophe. So erzählt es die Bibel auf ihren ersten Seiten: Als damals nach endlosen dunklen Wochen zum ersten Mal wieder gelb die Sonne über den blauen Wassern, da entstand ein wunderschöner Regenbogen am Himmel und funkelte in allen Spektralfarben. Die Geschichte erzählt, dass Gott ihn sogar eigenhändig in die Wolken gesetzt hat. Weil er ein Zeichen setzen wollte. Ein leuchtendes, riesengroßes Hoffnungszeichen.

Und Gott hat das so erklärt: „Ich schließe einen Bund mit euch und mit allen Lebewesen. Er gilt für alle künftigen Generationen. Ich setze meinen Bogen in die Wolken. Er soll das Zeichen sein. Der Bogen wird in den Wolken stehen. Wenn ich ihn sehe, denke ich an den ewigen Bund mit allen Lebewesen –mit allem, was auf der Erde lebt.“

Und auch ich will daran denken, wenn ich die vielen gelbblauen Zeichen sehe: Gott ist im Bund mit dem Leben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=35085
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