SWR3 Gedanken

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20FEB2022
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Dem Wunder leise die Hand hinhalten, so hat das Hilde Domin einmal gesagt. Manchmal braucht es mehr damit Wunder Wirklichkeit werden: Dann gilt es Türen weit zu öffnen und – ja – am Wunder zu arbeiten. Das ist es eigentlich was bei den Vesperkirchen jedes Jahr geschieht.

So viele kommen: Arbeitslose, Rentnerinnen, Wohnsitzlose, ganze Familie, Kranke, Geschlagene, Verzweifelte, Einsame, Menschen die jeden Sinn verloren haben. Gesenkte Häupter, Blick zum Boden, bescheidene Bitten.

Ehrenamtliche engagieren sich auf vielfältige Weise, weil sie auf Wunder hoffen, weil sie darauf vertrauen, dass sie etwas dazu beitragen können: dass Arme satt werden. Frierende gekleidet. Sie verteilen Essen und Mützen, Handschuhe und Schals, Jacken und Pullover. Die, die draußen schlafen bekommen Schlafsäcke und Isomatten und Hilfe, damit es anders wird.

Kranke – auch die ohne Krankenversicherung und Papiere werden versorgt, Wunden heilen. Einsame plaudern. Traurige finden Trost, Verzweifelte ein offenes Ohr. Soviel Not schreit nach viel Wunder.

Aber das größte Wunder ist: wenn eine den Kopf wieder hebt, wenn einer sich neu als Mensch spürt, die eigene Würde. Und wenn sie und er dann loslaufen. Und wissen: ich habe Rechte und mit geradem Blick und erhobenem Haupt für sich einstehen.

Vesperkirchen arbeiten am Wunder. Das größte Wunder ist, wenn Gerechtigkeit gelingt und die Armen ihr Recht bekommen!

Wie wundervoll, dass Menschen ihr Hoffen und Vertrauen auf Wunder übersetzen in Brötchen schmieren, zuhören und Türen öffnen. Und so eben doch dem Wunder leise die Hand hinhalten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34892
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