SWR2 Lied zum Sonntag

SWR2 Lied zum Sonntag

20FEB2022
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Mit einem göttlichen Machtwort beginnt nach biblischer Überlieferung die Weltgeschichte: „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und Finsternis lag auf der Tiefe. Und der Geist Gottes schwebte über dem Wasser.“ So steht es im ersten Schöpfungsbericht der Genesis. Und dann geschieht’s. Mit einer Explosion aus Tönen setzt Joseph Haydn in seinem Oratorium aus dem Jahr 1798 diesen Urknall in Musik um.  

Und Gott sprach: „Es werde Licht!“ Und es ward Licht.

Unendlich nüchterner, wie es dem Zeitgeist der 1970er Jahre entspricht, nähert sich der Liederdichter Markus Jenny diesem Schöpfungsgeschehen.  Eine niederländische Textvorlage von Jan Witt hat er wortgetreu ins Deutsche übersetzt. Auch der Komponist Gerhard Kremer schafft kein musikalisches Miterleben, sondern orientiert seine Melodie ganz an dem Wort, das in allen Strophen den Ton angibt:

Gott hat das erste Wort. Es schuf aus Nichts die Welten und wird allmächtig gelten und gehen von Ort zu Ort.

Schöpfungstheologie klingt auch in der folgenden Strophe an, aber der Betrachter zoomt sich vom Weitwinkelblick aufs Universum nun ganz dicht an die kleinsten Zellen heran, aus denen alles Leben entspringt. Wunderbar in Worte gefasst hat das der Dichter des 139. Psalms, wenn er betet: Du, Gott, hast mich gebildet im Mutterleib. Deine Augen sahen mich, da ich noch nicht bereitet war.“

Gott hat das erste Wort. Eh wir zum Leben kamen, rief er uns schon mit Namen und ruft uns fort und fort.

Und dann springt das Lied von den Anfängen an die Enden: ans Ende von Raum und Zeit, ans Ende eines Menschenlebens. Beides weiß es von Gott umfangen, von Gottes Wort am Anfang aus dem Nichts, am Ende aus der Vernichtung gerufen.

Gott hat das letzte Wort. Er wird es neu uns sagen dereinst nach diesen Tagen im ewgen Lichte dort.

So spröde es daher kommt, so viel theologische Weisheit steckt in den fünf kurzen Strophen: Gott hält als Schöpfer den Kosmos in seiner Hand. Und Gott wird als Vollender alles zum Ziel führen über jedes Ende hinaus. Zwischen Anfang und Ende sind wir in ihm geborgen.

Gott steht am Anbeginn, und er wird alles enden. In seinen starken Händen liegt Ursprung, Ziel und Sinn.

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Quellenangaben Musik:

CD: Helmuth Rilling, Joseph Haydn, Die Schöpfung
Gächinger Kantorei Stuttgart und Bach-Collegium Stuttgart, 1994 Hänssler-Verlag

Gott hat das erste Wort. Für Chor und Orgel (Text: Markus Jenny, Melodie: Gerhard Kremer) SWR Archiv (F007499), Staats- und Domchor Berlin – diverse Lieder (Schlicke, Christian, Grube, Christian)

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34871
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