SWR4 Sonntagsgedanken

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13FEB2022
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Manche Leute halten sich ja für so schlau! Im Beruf, Eindruck beim Chef schinden und die Beförderung geschickt einfädeln. Andere haben ein Händchen für Geld und immer den richtigen Anlage-Tipp parat. Wer schlau ist, kann es weit bringen - auch in der Politik. Wer die richtigen Allianzen schmiedet, hat die Nase vorn. Ein bisschen mit dem Säbel gerasselt, Soldaten an die Grenzen des eigenen Landes schicken und vielleicht den Nachbarn in einem Moment der Schwäche erwischen und dann angreifen…

Was ich da gesagt habe klingt, als würde ich mich über die Ellenbogen-Mentalität in unserer Gesellschaft beklage und auf den russischen Machthaber Putin und die Ukraine-Krise anspiele. In Wirklichkeit ist diese Gesellschaftsanalyse über 2500 Jahren alt. Der biblische Prophet Jeremia beschreibt wie es damals in Israel zugegangen ist. Wirtschaftlicher Erfolg war auch damals das, was zählt - Geld machen, ohne Rücksicht auf die Schwächeren oder die, die gar keine Chance hatten, mitzuhalten. Die Politiker damals waren voll dabei beim Geschacher rund um Macht und Kriegsführung. Gerade die Mächtigen haben sich ja für so schlau gehalten und sich in ihrem Ruhm gesonnt. Als könnte der Wind niemals drehen, als wären sie die Herren des Universums.

Der Prophet Jeremia konnte diesen Anblick kaum ertragen. Er hat weiter gesehen. Und für ihn war es Gott, der seinen Horizont erweitert hat - weit über den schönen Schein hinaus. Und was Gott zur Machtgier und der Geld-Verliebtheit zu sagen hat, das hat er seinen Zeitgenossen förmlich um die Ohren gehauen:

Gott sagt: Der Weise sei nicht stolz auf seine Weisheit. Der Starke sei nicht stolz auf seine Stärke und der Reiche nicht auf seinen Reichtum! Wer sich rühmen will, soll sich nur deswegen rühmen: dass er wirklich klug ist und mich kennt. Dass er weiß, dass ich der Herr bin, der auf Erden Güte, Recht und Gerechtigkeit schafft. Wer das tut, macht mir Freude. (Jeremia 9, 22-23 frei nach der Basisbibel)

Sich nichts einbilden auf die eigene Schläue? Nicht so tun, als hätte man das eigene Schicksal voll und ganz im Griff? Stattdessen stolz erzählen, dass man Gottvertrauen hat? Das klingt nicht sehr zeitgemäß - heutzutage. Damals aber auch nicht. Das wollte keiner hören - bis schließlich der Zusammenbruch kam.

Jeremia hat gewarnt vor den Folgen, die es haben kann, wenn Menschen sich für die Herren der Welt halten. Und er hat Recht behalten. Tausende Tote waren alles, was der verlorene Krieg für Israel zurückgelassen hat. Und kein Geld der Welt hat die Menschen vor Gefangenschaft und Elend retten können.

Die Warnung Jeremias ist heute Thema in vielen evangelischen Gottesdiensten - und sie ist brandaktuell. Immer noch halten sich viele Leute für so schlau. Nicht wenige sind auch erfolgreich damit. Und - sie werden dafür bewundert, oder wenigstens beneidet. Dann mal ehrlich: Wer war nicht schon einmal neidisch auf die Schönen und Reichen dieser Welt? Kein Wunder, dass das manche dazu verleitet, es nicht so genau zu nehmen, und auch mal etwas zu tun, was nicht ganz in Ordnung ist: kleine Steuertricks zum Beispiel und Schummeleien. Wenn die Reichen damit Erfolg haben skrupellos zu sein, wieso nicht auch ich? Ein großes Ego als Erfolgsgarantie. Oder wie ist es zu erklären, dass auch die schlimmsten Despoten dieser Welt sich an der Macht halten können? Dass es immer genug andere gibt, die ihnen folgen, ihre Macht stützen und alle politischen Gegner aus dem Weg räumen? Wenigsten im Windschatten von Ruhm und Erfolg stehen. Etwas vom Glanz der Macht abbekommen: Das ist verführerisch.

Jeremia hat schon vor über 2500 Jahren über den schönen Schein hinaus gesehen. Für ihn war es Gott, der seinen Horizont weiter gemacht hat. Und er hat gewarnt vor den Folgen, die es haben kann, wenn Menschen sich für die Herren der Welt halten. Deshalb die Botschaft Gottes an die Menschen:

Wenn Du, lieber Mensch, stolz sein willst auf etwas, dann sei stolz darauf, dass du mich kennst. Dass Du danach fragst, was größer ist, als du selbst. Dass du bergreifst, dass dein Ego Grenzen hat. Du dich nicht für wichtiger oder besser hältst, als die anderen. Und dass du danach fragst, was für alle Menschen das Beste ist.

Manche Leute halten sich ja für so schlau! Wollen Herr sein über ihr Leben und folgen ihren eigenen Regeln. Wer aber wirklich klug ist, der weiß eben nicht schon alles und der verlässt sich auch nicht blind auf die eigene Stärke. Kluge Leute stellen Fragen! Sie fragen nach, was im Leben zählt. Und wen könnte man besseres fragen - wem könnte man mehr vertrauen, als Gott selbst?

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34841
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