„Du, wie sieht eigentlich Gott aus?“ Nie werde ich vergessen, wie mich mein kleiner Neffe das fragte. Wir fuhren vom Gottesdienst zurück, er mit mir auf dem Rücksitz – und dann diese Frage. Mir wurde heiß und kalt, und das ist immer noch so. Zu viel hängt ja an der Antwort.  Schließlich gab ich Tobias zur Antwort: „Du, das weiß ich auch nicht. Ich habe Gott noch nicht gesehen.  Aber ich denke, es ist mit Ihm so wie jetzt mit uns. Wir könnten gar nicht miteinander sprechen, gäbe es die Luft nicht. Wir sehen sie nicht, und doch ist sie da. So ähnlich ist das auch mit Gott“. Im gemeinsamen Schweigen war Frieden zu spüren und Antwort. Noch heute bin ich dankbar, dass mir diese Worte eingefallen sind. Ich finde sie wahrer denn je.

Gerade in diesen Zeiten mit ihrer Unsicherheit kommt ja alles darauf an, dass wir einen inneren Kompass haben, auf den Verlass ist. Die politischen Schlagzeilen sind absolut nicht rosig; Sinnagenturen wie Kirchen sind mit ihren Skandalen beschäftigt und verlieren Glaubwürdigkeit. Worauf sich also verlassen, woran sich orientieren?  Facettenreich taucht immer wieder die Frage meines kleinen Neffen auf. Wie sieht Gott aus? Wo wohnt Gott? „Wo man ihn einlässt“, sagen die Frommen Israels. Ein Pfarrer und Dichter unserer Zeit, Christian Lehnert, antwortet so: „Das Undeutliche, Gott, / kann dies und jenes sein. // Wo immer du Ihn suchst, /schließt ER dich in sich ein.“ Auch in diesem Vers geht es um das Vertrauen, schlichter noch: es geht um das Staunen, einfach da zu sein und umfangen von Leben. Wie die Luft zum Atmen und Sprechen finden wir uns schon vor im begonnenen Tag und im aufgegangenen Licht. „Du bist mein Atem, wenn ich zu dir bete“, heißt es im Kirchenlied. Ich mache atmend und betend Gebrauch von dem, was mich umgibt und durchdringt.

Ob es mehr von diesem Mut braucht, kindgemäß nach Gott zu fragen? Jedenfalls möge unser innerer Kompass funktionieren und der Mut, uns auf Gottes Treue zu verlassen.