SWR3 Gedanken

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20JAN2022
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Thomas ist ein Freund von mir und seit ein paar Wochen macht er was Durchgeknalltes. Thomas antwortet auf dem Handy, wenn er eine Nachricht schreibt, nur noch in Gedichtform.

Wenn ich ihn also anschreibe und zum Beispiel frage, ob er Lust hat am Wochenende was zu unternehmen, kommt nicht einfach nur so was zurück wie: „ja gern, was schwebt dir vor?“. Thomas schreibt dann einen ganzen Vierzeiler, zum Beispiel:

 

Die Idee ist wunderbar,

Drum sag ich dazu freudig „Ja“

Vielleicht Wandern, nur ‘s wird kalt…

Trotzdem in den Pfälzer Wald?

 

Nach ein paar solcher Nachrichten in Reimform habe ich Thomas gefragt, ob ihm irgendwie langweilig ist, aber er hat gemeint: „Im Gegenteil. Ich habe so viel zu tun, dass es mir immer schwieriger gefallen ist, mit Leuten gut in Kontakt zu bleiben. Das ging mir alles zu schnell.“

Thomas erklärt mir weiter, dass er sich mit seinen kleinen Gedichten auf dem Handy selbst ausbremsen will. Er will sich ganz bewusst mehr Zeit nehmen für seine Leute. Und das zieht er durch. Thomas schreibt mir zwar nicht mehr so häufig wie vorher, aber wenn, dann mache ich mich immer auf ein kleines poetisches Feuerwerk gefasst.

Sein letztes Handy-Gedicht hat nicht nur die Info transportiert, ob er bei der Wanderung dabei ist oder nicht, sondern auch vor allem das hier: Thomas nimmt sich Zeit. Richtig schön! Jedes Gedicht von ihm ist wie ein kleines Geschenk, ein Kunstwerk, speziell für mich ausgedacht.

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