SWR3 Gedanken

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02JAN2022
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„Alles wird gut“ – diesen Spruch höre ich gerade ziemlich oft. Ich mag ihn überhaupt nicht, weil meistens eben nicht alles gut wird: Karin kommt einfach nicht aus ihrer Depression heraus. Hannah und Paul sind sowas von zerstritten, weil sie keine gemeinsame Ebene mehr finden. Und das Klima wird sich vermutlich auch nicht plötzlich berappeln. In solchen Zusammenhängen klingt „Alles wird gut“ gar nicht gut, sondern nach einer billigen Vertröstung.

Es ist interessant wie der Spruch entstanden ist. Seit Beginn der 2000-er Jahre wurde er wahlweise Oscar Wilde oder John Lennon zugeschrieben. Zitatforscher haben rausgekriegt, dass der portugiesische Schriftsteller Fernando Sabino den Satz erstmals veröffentlicht hat. Aber da war er noch ein bisschen länger.

Genau dieser unbekanntere zweite Teil des Zitats macht es für mich zu einem Wow-Zitat. Im Original heißt es nämlich: „Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut wird, dann ist es noch nicht zu Ende.“ So klingt der Spruch nicht billig und nicht böse und alles andere als danach, die Hände in den Schoß zu legen und auf das Happy End zu warten. Er fordert dazu auf, selbst an einem guten Ende mit zu basteln.

Und wenn das nicht geht, dann darf ich auch einfach nur hoffen. Auf Menschen, die mich gut begleiten, auf ein Leben nach dem Streit oder auf eine neue Generation mit neuen starken Ideen. Und manches wird vielleicht auch nicht gut in meinen Augen. Vielleicht schaut aber jemand anderes völlig unterschiedlich drauf.

Wenn ich demnächst also mal wieder ein „Alles wird gut“ höre, dann werde ich einfach antworten: „Und wenn es nicht gut wird, dann ist es noch nicht zu Ende.“

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