SWR2 Wort zum Tag

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18DEZ2021
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Wie kurz sind jetzt die Tage. Kaum ist der Mittag vorbei, dämmert es schon wieder. Das schlägt vielen auf´s Gemüt. Mir auch. Und doch nehme ich es anders wahr als im November. Denn im Advent leuchten Lichter. Da und dort.
Auch mein Kerzenverbrauch steigt rapide. Nicht nur am Adventskranz. Ich brauche ein Kerzenlicht vor der Haustür und im Flur, bin nahezu Kerzen süchtig. Wieso eigentlich?

In der Bibel heißt es einmal: „Gott sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten!“ (2.Kor 4,6)
Ich höre in diesem Satz einen deutlichen Hinweis: Licht vertreibt nicht die Finsternis. Sie ist nicht verschwunden, sie umgibt mich weiterhin. Aber aus ihr leuchtet Licht auf, strahlt hervor. Damit ich mich nicht im Dunkeln verliere - damit ich Finsternis aushalten und durchstehen kann.

Wo es in der Bibel finster ist, an einem konkreten Ort oder auch in einem übertragenen Sinn, da ist alles tot, leblos. Ohne Licht gibt es kein Leben. Licht ist mehr als nur eine Beleuchtung, mehr als ein Effekt. Licht ist ein Hoffnungszeichen.

So wie Paulus weiter schreibt: „Gott hat einen hellen Schein in unsere Herzen gegeben...“ So erlebe ich das auch. Licht wirkt auch innerlich. Es macht etwas mit mir. Es verändert mich. Wenn ich in eine leuchtende Kerze schaue, drückt das Licht Ängste beiseite und schenkt mir so etwas wie Geborgenheit im Herzen. Paulus denkt dabei an eine ganz konkrete Erleuchtung: dass der göttliche Glanz im Angesicht von Jesus erkennbar wird.

Doch wo leuchtet dieses Christus-Licht? Für mich da, wo Menschen in Liebe für Andere da sind. Wenn ich höre, wie in diesen Tagen Menschen in kleinen Dörfern entlang der belarussischen Grenze den dort gestrandeten Flüchtlingen Nahrung und Kleidung geben – ganz gleich welche politische Logik hinter all dem Elend steht.
Die helfen mit Decken und Zelten und haben selber kaum das Nötigste zum Leben. Die sehen in jedem menschlichen Antlitz ein Ebenbild Gottes. Da leuchtet Licht und macht manche Dunkelheit hell. Tragbar. Ertragbar.

Ich suche und finde dieses Licht auch in Gottesdiensten. In den sieben langen Nächten vor Weihnachten werden in katholischen Kirchen sogenannte „Rorate“-Gottesdienste gefeiert.
In der Dunkelheit vor Sonnenaufgang wird bei Kerzenlicht das Kommen Christi in diese Welt besungen und gefeiert. Für mich ist auch das eine intensive Begegnung mit dem Christuslicht, das in der Finsternis leuchtet.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34486
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