SWR2 Wort zum Tag

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16DEZ2021
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Unser Land hat seit einer Woche eine neue Regierung. Keine leichte Aufgabe ist das – wo so viele Spannungen und Krisen drohen. Die Aufgaben sind riesig, die zu bewältigenden sind.

Darum - Glück und Segen für alle, die in dieser Regierung Verantwortung übernehmen! Die Erwartungen an die neue Koalition sind groß und werden deutlich ausgesprochen: Die Regierenden sollen sagen, wo es lang geht. Sie sollen führen und leiten und veranlassen und regeln. Und machen!

Geht das so? Ist das nicht eine Überforderung? Keine Frage, es gibt Menschen, die sind für Leitungsaufgaben begabt. Die können das. Doch ich frage mich: Geht Leitung und Gestaltung ohne aktive Beteiligung der Bevölkerung? Bei großen Zukunftsaufgaben braucht es doch Beteiligung – braucht es viele, die mit anpacken. Planen und Anordnen allein reicht da nicht.

In der Bibel wird das in der Geschichte vom Propheten Jona besonders deutlich. Da droht Jona - auf Gottes Geheiß - der großen Metropole Ninive den Untergang an. Und die Menschen in Ninive – was Jona eigentlich so gar nicht erwartet hat – verändern ihr Leben von Grund auf.
Es heißt, dass sie fasten – plötzlich enthaltsam leben, von einem Tag auf den andern auf Gewohntes verzichten.
Daraufhin – und das ist die Pointe in der Geschichte – tut es der König von Ninive den Menschen in seiner Stadt gleich. Es heißt: Er „legte seinen Purpur ab und hüllte sich in den Sack und setzte sich in die Asche“ (Jona 3,6).

Dann erlässt ein Gesetz, dass alle fasten sollen. Er ordnet also an, was sie doch alle schon taten. Und mehr noch: Auch die Tiere sollten sich an sein Fastengebot halten. Eine leise Ironie schwingt da mit, denn eine solche Verordnung ist doch einigermaßen übertrieben.

Und doch ist dieser Neuanfang in Ninive auf eine Weise vorbildlich: nämlich eine besonders gelungene Form der Bürgerbeteiligung, finde ich. Die Regierten schreiten den Regierenden voran. So kann es auch gehen.

Es braucht nämlich viele, die sich mit auf den Weg machen, wenn etwas neu und anders werden soll. Ganz gleich, ob das die Bereitschaft für die Entwicklung und Nutzung erneuerbarer Energien betrifft. Ganz gleich, ob es um die Erzeugung von Nahrungsmitteln oder um alternative Formen der Ernährung geht.

Überall braucht es Menschen, die da mitziehen. Denen neue Wege einleuchten und sie auch mitgehen. Die bereit sind, ihre Lebensgewohnheiten zu verändern. Gegen die Menschen kann keine Regierung auf Dauer Gutes bewirken. Mit ihnen schon.

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