Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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14DEZ2021
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Die Dunkelheit in diesen Tagen schlägt vielen aufs Gemüt. Erst nach 8 Uhr geht die Sonne auf. Und um halb 5 wird es schon wieder finster. Ach, wär´ der Winter doch schon vorbei! Aber beklemmend ist ja nicht nur die jahreszeitliche Dunkelheit. Düster erscheinen auch die Aussichten für die nahe Zukunft. Die Pandemie lastet schwer auf dem Land und spaltet die Gesellschaft. Und dann der Klimawandel mit all seinen Folgen.

Sorge, Not und Leid bedrücken auch gläubige Menschen. Schweigt Gott zu all dem? Ist er überhaupt noch da?

Heute erinnert die Kirche an einen Heiligen, der vor genau 430 Jahren starb. Es ist Juan de la Cruz, Johannes vom Kreuz, ein spanischer Ordensmann. Auch er leidet unter der Dunkelheit seiner Zeit. Vielen Mitbrüdern gilt Johannes wegen seiner Reformideen als Rebell. Sie wollen ihn aus dem Verkehr ziehen. Johannes wird entführt und in einem Kloster eingesperrt. Fast neun Monate sitzt er in einer fensterlosen Zelle bei Wasser und Brot. Mehr noch als die Dunkelheit seines Kerkers belastet ihn die Abwesenheit Gottes. Johannes beschreibt sie als „Nacht des Glaubens“. Und doch macht er in dieser bedrückenden Situation seine stärkste Gotteserfahrung!

Johannes erkennt, dass er Gott nur finden kann, wenn er sich von ihm verlassen fühlt. Das erscheint paradox. Aber es stimmt. In der Krise verlieren sich alle Sicherheiten und Selbsttäuschungen. Jetzt kann Johannes Gott allein die Initiative überlassen. Er wird ganz offen für die Begegnung mit ihm. Seine wichtigste Einsicht fasst Johannes später so zusammen: „Sucht der Mensch nach Gott, wie viel mehr sucht Gott den Menschen!“

Am Ende gelingt dem Ordensmann die Flucht aus dem Gefängnis. Entscheidend für sein weiteres Leben aber bleibt die Erfahrung aus der „Nacht des Glaubens“, in der er alles loslassen konnte, was ihn von Gott trennte. So war es ihm möglich, die Gegenwart Gottes zu spüren, ein Licht, das alle Dunkelheiten überstrahlt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34444
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