Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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13DEZ2021
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Im vergangenen Sommer musste ich einfach mal ein paar Tage raus. Mal ein Tapetenwechsel. Ein paar Tage der Ruhe und Entspannung. Ich fahre nach Thüringen und schaue mich in Erfurt um. In der Altstadt steht die Predigerkirche. Einst Kloster der Dominikaner, heute Gotteshaus einer evangelischen Gemeinde. Meister Eckhart, ein bedeutender Theologe des Mittelalters, war hier um 1300 einige Jahre Vorsteher des Klosters. In der Kirche informieren Schautafeln über Leben und Werk dieses originellen Denkers. An einer Tafel bleibe ich hängen. Der Text von Meister Eckhart trifft mich unmittelbar: Ich lese:

„Denn so viel bist Du in Gott, so viel Du in Frieden bist, und so viel außer Gott, wie Du außer Frieden bist. Ist etwas nur in Gott, so hat es Frieden. So viel in Gott, so viel in Frieden. Wieviel Du in Gott bist, das erkenne daran: ob Du Frieden oder Unfrieden hast.“

Das ist es. Ruhe und Frieden kann ich nur finden, wenn ich in Gott bin und er in mir. Aber wie soll das gehen? Ich lese weiter bei Meister Eckhart: „Man muss gelassen haben, um gelassen zu sein.“ Damit meint er, dass der Mensch seinen Egoismus und seine Abhängigkeiten loslassen muss. Nur wenn man so in seinem Inneren Platz schafft für Gott, wird man Frieden finden. Oder mit den Worten Eckharts: „Gott hat auf Erden soviel Raum, als der Mensch ihm macht.“

Das ist aber nicht einfach in einer Zeit, in der die „Selbstverwirklichung“ den höchsten Stellenwert genießt! Den Preis dafür zahlen die Menschen in Form von Unruhe, Überforderung und Stress. Wie modern klingt da die Einsicht, die Meister Eckhart schon vor 700 Jahren so formulierte: „Gott ist immer in uns, nur wir sind so selten zuhause.“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34443
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