SWR3 Gedanken

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11DEZ2021
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Es geht auf Weihnachten zu und wie jedes Jahr kann ich es kaum erwarten. Ich habe wunderschöne Kindheitserinnerungen an den Heiligen Abend mit meiner Familie. Alle machen sich schick, wir besuchen gemeinsam die Christmette und stiefeln dann durch die Kälte zurück nach Hause. Am festlich gedeckten Esstisch gibt es Raclette. Wir singen Weihnachtslieder und geben uns bei Kerzenschein vor dem Weihnachtsbaum unsere Geschenke. Noch heute ist das so. An diesem Abend fühlen wir uns einander ganz nah. Das macht mich glücklich; ich fühle mich getragen und bestärkt.

Bei all dem weiß ich genau: Ich habe großes Glück, dass wir so harmonisch feiern können. Nicht allen geht es so gut. Für alle, in deren Familien es Streit gibt oder die einen wichtigen Menschen verloren haben. Für alle die unter Einsamkeit leiden, ist die Weihnachtszeit nicht so harmonisch. Mehr noch: Gerade weil Weihnachten zum Inbegriff des Familienfestes geworden ist, ist es vielleicht besonders schmerzvoll. Mir ist deshalb auch eine andere – Bedeutung von Weihnachten wichtig: Mit der Geburt des Jesuskindes wird Gott Mensch. In seinem späteren Leben sind es gerade die Menschen, die unglücklich sind und am Rand stehen, die Gewalt erfahren und vernachlässigt werden, auf die Jesus zugeht. Er verbringt sein ganzes Leben an ihrer Seite und drückt damit aus: Gott steht auf ihrer Seite! Weil ich will, dass das spürbar wird, ist Weihnachten für mich auch ein Aufruf. Ich will sensibel sein für Menschen in meinem Umfeld, die einsam sind und darunter leiden. Ich will nach Wegen suchen, wie ich für sie da sein kann. Vielleicht heißt das sogar, dass wir unseren kleinen Familienkreis dieses Jahr öffnen und die Nachbarin einladen, die sonst allein feiern müsste. Ich glaube, wenn Menschen aufeinander zugehen und füreinander da sind, dann wird es wirklich Weihnachten.

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