SWR3 Gedanken

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10DEZ2021
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Da ist ein riesengroßes Loch! Wo früher ganze Dörfer standen und Menschen gelebt haben – ein bedrückendes Gefühl! So ging es mir, als ich vor ein paar Wochen in Garzweiler war - an der Kante des Tagebaus dort. Weil dort Braunkohle abgebaut wird, müssen Menschen zusehen, wie ihre Häuser abgerissen werden und ihre Heimat verschwindet. Ich kann mir kaum vorstellen, wie schwierig das für die Menschen sein muss, die dort ihr ganzes Leben verbracht haben. Wenn ich an meine Heimat denke, fühle ich mich sofort geborgen. Ich denke an die Orte, an denen ich aufgewachsen bin – mein Elternhaus, meine alte Schule. Die Straßen, in denen ich schon als Kind gespielt habe. Und die Kirche, in der wir Feste feiern. Ich denke an die Menschen, die dort wohnen und die füreinander da sind. Menschen, die mir wichtig sind und mit denen ich so viele Erinnerungen teile. Die Menschen und die Orte haben mich geprägt. Sie sind ein Teil von mir.

Ich habe in Garzweiler mit Menschen gesprochen, deren Heimatdörfer entweder schon verschwunden sind oder noch abgebaggert werden sollen. Ich habe ihren Schmerz und auch ihre Angst spüren können. Sie erhalten zwar neue Häuser an anderen Orten, aber natürlich ist das nicht das gleiche. Anders als ich werden sie nie wieder durch die Straßen laufen können, mit denen sie so vieles verbinden. Die Begegnung mit ihnen, hat auch mir neu gezeigt, wie wichtig mir meine Heimat ist. Für alle, die noch um ihre Dörfer bangen, wünsche ich mir, dass die Politik ernst macht mit ihren Plänen, früher aus der Kohle auszusteigen. Damit ihnen dieses Schicksal erspart bleibt. Und für alle, die schon umgesiedelt wurden, hoffe ich, dass sie Menschen um sich haben, die ihnen eine Heimat sind. Und dass sie neu Wurzeln schlagen können.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34396
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