SWR2 Wort zum Tag

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28OKT2021
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Seit Jahren steigt die Zahl der Singles. In Deutschland lebt mittlerweile fast ein Viertel der gesamten Bevölkerung allein. Es sind verwitwete, ledige, geschiedene und getrenntlebende Alleinstehende. Im Volksmund: Singles. Eine große und ganz vielfältige Gruppe von Menschen. Und oft genug bleiben sie unsichtbar. Im vergangenen Bundestagswahlkampf etwa ging es, wenn über Lebensformen diskutiert wurde, vor allem um Paare und Kinder, um Ehegattensplitting und Familienkonstellationen. Kaum zur Sprache kam, wie es den Menschen geht, die alleine leben und ihr Leben gestalten. Vielleicht noch als Alleinerziehende oder als Menschen im Rentenalter.

Warum die nur so selten in den Blick kommen? Leider auch in der Kirche? Ich habe schon den Eindruck, dass es in unserer Gesellschaft eine Idealvorstellung von Leben gibt. Sie lautet: Ich muss mit jemandem zusammenleben; alleine zu leben, das ist irgendwie nicht gut. In der Bibel heißt es beispielhaft: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist.“ (Gen 2,19) Allein zu leben, das gilt oftmals als Mangel. Da fehlt doch was, wenn man keinen hat, mit dem man das Leben teilt und sich austauscht.

Ich finde das falsch. Aus zwei Gründen. Zum einen ist jeder Mensch wichtig und wertvoll, ist ein Ebenbild Gottes. Auch das ist biblisches Wissen. Nicht erst Partnerschaft oder Beziehung machen den Menschen komplett. Vor Gott ist jeder Mensch vollständig. Zum zweiten: Viele Menschen, die alleine leben, bringen sich in die Gesellschaft ein. Dafür braucht es keine Partnerschaft. Meine Großtante lebte allein, war Lehrerin und hat Hunderten von Kindern einen guten Start in die Schule geschenkt. Wie viele andere stand sie in ihrem Beruf ihre Frau. Ihre Lebenssituation war nachrangig.

Außerdem weiß wohl jeder Mensch, der in einer Partnerschaft oder Familie lebt, dass es ganz schön wichtig ist, auch einmal allein zu sein. Sich zurückzuziehen und Dinge mit sich selbst auszumachen. Trotz Beziehung also auch Single zu bleiben. Ich finde deshalb haben Singles ein Recht darauf, dass ihr Bedürfnisse zur Sprache kommen: in der Gesellschaft und den Kirchen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34169
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