SWR2 Wort zum Tag

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30OKT2021
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Meine Freundin nennt ihn scherzhaft „Hugo“  –  und meint damit den angesetzten Sauerteig, mit dem sie ihr Brot bäckt. Hugo kann man teilen, und so fangen in ihrem Umkreis immer mehr Menschen an, ihr Brot selber zu backen.

Sauerteig ist faszinierend. Schon ein kleiner Ansatz genügt, um eine ganze Schüssel mit Mehl zu einem Teig zu machen. Die Hefe und Milchsäurebakterien wachsen in einer ungeheuren Dynamik und lockern den Brotteig auf, indem sie Kohlenstoffdioxid abgeben. Selbst aus schwerem Roggenmehl kann so ein schmackhaftes Brot gebacken werden.

Jesus hat die Dynamik des Sauerteigs einmal als Gleichnis genommen.

„Womit soll ich das Reich Gottes vergleichen? Es ist wie der Sauerteig, den eine Frau unter einen großen Trog Mehl mischte, bis das Ganze durchsäuert war.“  

Ich stelle mir vor, wie Jesus als Kind seiner Mutter zugesehen hat, wie sie Sauerteig und Mehl durchmengt hat. Und dann hat er wohl mit Staunen verfolgt, wie aus dem Teig eine klebrige Masse wurde, aus der schließlich das frische, duftende Brot entstand. Es muss ihn so beeindruckt haben, dass er als erwachsener Mann diese Erfahrung aufgegriffen hat. Vielleicht hat er sich erinnert, wie ihn das Brot satt gemacht hat. Nicht nur wegen der Nährstoffe, sondern weil er geschmeckt hat, dass seine Mutter für ihn sorgt und wie sehr sie ihn liebt.

Liebe geht ja bekanntlich durch den Magen – und Liebe wirkt wie Sauerteig. Sie ist ansteckend. Wenn eine Mutter ihr Kind lieb hat, dann wird das Kind diese Liebe zurückgeben. Und später wird es Freundschaften schließen, sich verlieben, einen Lebenspartner finden, eine Familie gründen….Die Liebe will immer weiterwachsen. Wie der Sauerteig.

Jesus hat den Sauerteig mit dem Reich Gottes verglichen. Was er damit meint: dass Gott da ist – mitten unter den Menschen. Dass wir seine Gegenwart erfahren oder zumindest ahnen können. Weil er uns ansteckt – mit seiner Liebe. Jesus hat das an sich selbst erfahren. Er war selbst der Sauerteig, der die anderen Menschen mit der Gottesliebe angesteckt hat. Er konnte gar nicht anders. Die Menschen, denen er begegnet ist, haben das gespürt und sie haben sich verändert. Zum Beispiel der Zöllner Zachäus: aus einem gefühllosen Egoisten ist ein Menschenfreund geworden. Das passiert bis heute. Der Sauerteig der Gottesliebe wirkt immer noch. Wir können uns davon anstecken lassen und ihn weitergeben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=34149
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