SWR4 Sonntagsgedanken

SWR4 Sonntagsgedanken

04JUL2021
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Was ist für Dich „zuhause“? Diese Frage habe ich übers Internet gestellt, auf Facebook und auf Instagram. Übers Handy oder den Computer haben viele Menschen diese Frage gelesen. Sie konnten dazu auch ein schönes Bild von unserer Terrasse am Abend sehen. Was ist für Dich „zuhause“?

Eine anregende Frage, und ich war erstaunt, wie viele Menschen mir geantwortet haben.

 

Eine Frau schrieb: „Ich fühle mich in den Weinbergen zuhause. Da habe ich schon als Kind viel Zeit verbracht und auch mitgeholfen“. Das kann ich gut verstehen: sonnige Hänge mit einem weiten Ausblick, die bunten Farben, die süßen Trauben und all die schönen Erinnerungen aus Kindertagen. Schön, wenn Kinder sich zuhause geborgen fühlen und umsorgt.

Ein Mann antwortete. „Zuhause ist für mich da, wo ich meine Füße auf den Tisch legen kann.“ Stimmt - das kann man sich wirklich nur da erlauben, wo man selber zu Hause und Herr im eigenen Haus ist. Das braucht glaube ich jeder, einen Ort, wo man sich entspannen kann und nicht von anderen bestimmt wird.

Wiederum eine Frau meinte: „Zuhause ist für mich kein fester Ort. Wir dürfen keine Wurzeln schlagen, aus beruflichen Gründen, aber irgendwie liebe ich die Gegend, wo wir jetzt wohnen und auch die Menschen hier.“ Die Menschen machen einen Ort also erst zur Heimat. Sie sind es, die der Gegend eine Seele geben. Diese Frau fühlt sich zuhause, denn hier weiß sie: Ich bin hier willkommen. Die Leute nehmen mich an.

Für mich ist aus diesen Gründen auch der Glaube ein Zuhause. Zu wissen, ich bin angenommen, wie ich bin. Ich brauche mich nicht zu verstellen. Ich kann denken und aussprechen, was mich bewegt. Auch mal klagen oder weinen. Gott hört geduldig zu und hilft, wenn ich alleine nicht mehr weiterkomme. Hier kann ich entspannen, die Füße auf den Tisch legen, sozusagen. Und wenn es doch einmal knirscht und nicht alles rund läuft, dann kann ich mich darauf verlassen: Gott sorgt wie Vater und Mutter für mein zuhause. Seine Tür steht offen für mich - immer.

Was ist für Dich „zuhause“, habe ich gefragt. Für mich auf jeden Fall auch der Glaube. Da bin ich angenommen, so wie ich bin. Ich bin frei von jedem Druck. Und ich bin geborgen und umsorgt. Da muss ich niemals ausziehen.

 

Teil 2:

 

Dass der Glaube ein Zuhause werden kann, darüber habe ich eben in den SWR4 Sonntagsgedanken gesprochen.

Nikolai Opifanti, ein junger Pfarrkollege, hat einen ähnlichen Gedanken noch einen Schritt weitergedacht. Auch er hat ein schönes Foto ins Internet gestellt, über das ich am Computer gestolpert bin. Da war ein kleines, aber feines und sehr gemütliches Hotel zu sehen. So wünsche er sich die Kirche in dieser Zeit, schrieb er darunter.

Also keine große Kathedrale, auch keine kleine Dorfkirche, sondern etwas zum Erholen und Entspannen von all der Angespanntheit und Nervosität in dieser Zeit.

Vor lauter Sorgen und offenen Fragen fühlt man sich manchmal wie ein Fremder im eigenen Leben - Heimatlos. Wie schön ist da Ein Ort, an dem man willkommen ist und freundlich umsorgt wird. Wo man hinsitzen kann. Wo man nicht einsam bleibt oder abseits sitzen muss. Wo man mit Freunden, einen Kaffee oder Tee trinken oder ein Essen genießen kann. Und es wie zuhause ist. So müsste doch Kirche sein, wie ein kleines, feines Hotel oder wie eine gemütliche, familiäre Pension, wo man seelisch und geistlich auftanken kann. Das ist für mich ein schönes Bild.

Öffnen wir doch die Türen! Schaffen wir in diesen Zeiten des Umbruchs miteinander ein Zuhause. Herzliche Einladung ins kleine und feine Hotel „Kirche“: ein Ort  an dem spürbar wird, wie freundlich Gott ist. Dabei vertrauen wir Gott, dass er uns hilft, dass es gelingt, füreinander da zu sein. Jesus hat es vorgemacht und den Frauen und Männern damals an seiner Seite das Gefühl von Heimat gegeben. Wir helfen einander, in diesem Geist, dass jeder sich zuhause fühlt und sich angenommen erlebt.

Die Idee von Kirche als einer gemütlichen Pension sehe ich nicht nur als Bild oder Ideal, sondern vor allem als Ermutigung, es einfach so zu wagen. Und erste kleine Schritte in diese Richtung zu tun.

Ich knipse die Leuchtreklame über dem Hoteleingang an, z.B., wenn ich einfach mal bei jemandem anrufe, der sich darüber freuen würde. Oder einer anderen Person einen kleinen Gruß vorbeibringe, vielleicht mit einem Segenswort oder einem Mutmachwort der Bibel. So oder auch anders: Öffnen wir die Türen des Hotels „Kirche“. Hier ist jeder und jede willkommen. Hier darf man auftanken. Niemand bleibt allein mit seinen Sorgen, denn hier findet jeder ein offenes Ohr und einen Mitmenschen, der hinhört, wo andere der Lebensschuh drückt oder ihr Zuhause gerade kein Zuhause mehr ist.

So möchte ich meinen Glauben an Jesus leben. Für und mit anderen. Sie vielleicht auch? Wagen wir es doch einfach.

Behüte Sie Gott! Und einen gesegneten Sonntag.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=33471
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