SWR2 Zum Feiertag

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02APR2021
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Mein Gesprächspartner am Karfreitagmorgen, ist Maximilian Magiera. Er ist im ersten Jahr seiner Ausbildung zum Gemeindereferenten, einem pastoralen Beruf in der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Und er arbeitet einen Tag in der Woche mit mir zusammen bei der Katholischen Rundfunkarbeit. Mein Name ist Thomas Steiger. Ich bin Hörfunkpfarrer am Südwestrundfunk und wünsche ihnen einen guten Morgen.

Maximilian, ein junger Mensch der bei der Kirche arbeitet, das ist heute fast eine Ausnahme. Was begeistert dich an deinem Beruf, an dem was du da tust?

Ich hab nach meiner Schulzeit angefangen mit einer Ausbildung zum technischen Produktdesigner. Es ist natürlich eine ganz andere Richtung und für mich war dann am Ende der Ausbildung eigentlich relativ klar, ne ich brauche was Neues, ich brauch was Anderes. Ich bin in mein Büro gegangen am Morgen, bin dann nach hause hatte eigentlich ein gutes Gehalt,  kann man eigentlich ganz zufrieden sein, und doch hat mir was gefehlt, und das war der Kontakt mit Menschen. Das war etwas zu tun was Sinn macht, was Freude macht, wo ich nach hause gehe und begeistert bin. Und da war dann für mich klar, ich muss mich nochmal umorientieren, nach was andrem suchen. Bin dann meiner Sehnsucht gefolgt und auf diesen Beruf vom Gemeindereferent gekommen, wo ich einfach die Möglichkeit hab, in Kontakt zu gehen mit Menschen. Dass ich einen Ort schaffen kann, an dem die großen Fragen des Lebens gestellt werden können und ich dann da mit der Suche nach der Antwort auch helfen kann.

Maximilian was verbindest du mit diesem Tag, mit dem Karfreitag?

Ja für mich gehört der Karfreitag zu einem der emotionalsten Tage, die ich so im Kirchenjahr kenne. Der ist auch von meiner Familie sehr geprägt, ist ein sehr wichtiger Feiertag. Also ich kenn das, dass man an Karfreitag kein Fleisch ist, dass man ja sehr bedacht den Tag verbringt, sehr ruhig. Und dann gehört natürlich auch der Kirchenbesuch einfach dazu. Für mich ist das ein Feiertag, an dem ich, mitten im Trubel, der sich einfach so in meinem Leben abspielt, innehalten kann und mir dann auch meiner eigenen Sterblichkeit bewusst werde. Und da gehören natürlich auch so Dinge dazu, dass man vom Gesetz her kennt, dass an diesem Feiertag die Stille als Schutz dieses Tages auch nochmal wichtiger ist. Das man auch merkt, ja der Tag hat eine besondere Bedeutung, eine besondere Stimmung und schafft dann diesen emotionalen Charakter, den ich so schätze an diesem Feiertag. Und zudem ist für mich der Karfreitag eigentlich auch der zentrale Aspekt des Christentums, dass es das Kreuz braucht, da sonst die Auferstehung ja gar keinen Sinn machen würde.

Hast du denn eine besondere Erinnerung wie du einmal diesen Tag, den Karfreitag, verbracht oder gestaltet hast?

Ja, ich hab ne recht schöne Zeit verbracht. Es war im Jahr 2018, während meines

Studiums. Da war ich in Assisi, in Italien und hab da meine Exerzitien verbracht. Also

eine ganz bewusste Zeit der Ruhe, des Zurückziehens aus dem Alltag, in dem Fall aus

meinem Studium. Und diese Woche, die ich dann dort verbracht habe, die hatte den

Titel: “Impulse in der Spannung von Leiden, Tod und Auferstehung.

Kar-und Osterliturgie in Assisi erleben.“

 

Es war so schön, wir sind jeden morgen in die Messe nach San Damiano gelaufen. Das ist eine sehr kleine Kirche, etwa 20 Minuten läuft man da den Berg hinunter, durch die schönen Olivenplantagen und früh am Morgen, wenn es noch dunkel ist, war das immer ganz schön, in Stille da runter zu laufen und als erstes in die Messe zu gehen. Die Kirche ist wirklich klein, da gibt es wenige Bänke. Da kommt es oft vor, dass sogar die Menschen stehen müssen oder auf dem Boden sitzen, wirklich kreuz und quer in der Kirche verteilt. Und dort hing auch ursprünglich das ganz bekannte Kreuz, die Ikonendarstellung von Jesus. Die dem Franziskus, der damals in Assisi gelebt hat, auch sehr wichtig war. Ja und dort haben wir auch Karfreitag verbracht. Die Liturgie war natürlich komplett auf italienisch. Ich kann ein paar Wörter italienisch, aber für mich war das wirklich auch Neuland. Davor haben wir so die Warnung bekommen, dass die Italiener üblicherweise bei der Kreuzverehrung dann die Skulptur Jesu küssen. Und damit hab ich ehrlich gesagt ein bisschen gehadert. Das ist für mich als Deutscher, der die Kreuzverehrung kennt, mit den Rosen die man darauf legt, etwas sehr Fremdes gewesen. Und ich war mir unsicher, bis zum letzten Moment, ob ich das ausprobieren möchte. Für mich ist das einfach eine heilige Figur, was Besonderes, wo ich mich gar nicht so nah ran trau und dann hab ich mir gedacht, wenn ich jetzt schon in Italien bin und es hier so üblich ist, dann möchte ich es ausprobieren. Und muss sagen, das war eine ganz einmalige Erfahrung; dem Jesus der da am Kreuz hängt, so nah zu sein. Ich muss sagen, ich würde das gerne auch wieder tun, nur trau ich mich das jetzt in Deutschland am Karfreitag vielleicht nicht unbedingt.

 

Jetzt sind wieder ein paar Jahre vergangen, seit 2018. Was bedeutet dir der Karfreitag heute und wie wird dein Tag heute aussehen?

Dieses Jahr ist sowieso alles anders. Ich werde den Karfreitag mit meiner Familie verbringen, ich werde nach Hause fahren. Wir werden uns ja auch eine Zeit nehmen, wir werden eine kleine Andacht feiern können und auch ins Gespräch gehen können. Das ist auch mir sehr wichtig, weil ich doch denke, dass Gespräche über das Sterben, über den Tod, über die Auferstehung, den Glauben, auch in der Familie nicht auf der Tagesordnung unbedingt stehen. Und das möchte ich so dieses Jahr wieder mit rein bringen, auch sich über solche Themen auszusprechen.

Das Leid und der Tod spielt ja in der Corona-Zeit ohnehin ein Rolle, das ist ein sehr präsentes Thema und ich denke wir dürfen auch nicht vergessen, dass das ganz normale Leben ja auch weitergeht, trotz Corona. Das Menschen jeden Tag eine Nachricht bekommen, dass jemand gestorben ist oder schwer erkrankt ist. Im Mittelpunkt des kirchlichen Feiertags heute und der Feiern, die es am Karfreitag gibt, steht natürlich das Leiden Christi. In den katholischen Gottesdiensten wird die Johannespassion gelesen, Jesu Leidensgeschichte in aller Ausführlichkeit. Und Maximilian da frag ich dich, ob du eine Stelle in dieser Passion hast, die dich besonders berührt?

Für mich ist es vor allem die Person vom Simon von Cyrene. Der so völlig unbeteiligt inmitten der Leute steht, die da bei der Kreuzigung Jesu dabei waren und er tritt aus den Reihen hervor und sieht, dass der Jesus das schwere Kreuz zu tragen hat, dass er da am Boden liegt und ihm hilft er. Das birgt die Hoffnung für mich, dass auch ich in schweren Zeiten nicht alleine bin, wenn ich ein schweres Kreuz zu tragen hab.

Dass es jemand gibt, der hilft.

Und mein Wunsch wäre auch, dass ich selber öfter, Simon von Cyrene bin und anderen Menschen helfen kann.

Als Gemeindereferent unterrichtest du ja in der Schule. Du gibst Religionsunterricht. Kommt ihr da auch auf den Tod und die Auferstehung von Jesus zu sprechen?

Ich habe eine 4. Klasse und bei denen spielt Religion jetzt nicht unbedingt eine allzu große Rolle. Aber die großen Fragen des Lebens, die stellen sie sich trotzdem alle. Als große Fragen werden Fragen betitelt, auf die es eigentlich keine abschließende Antwort gibt. Und da kommen dann Fragen wie: Wieso musste denn Jesus sterben? Was passiert nach dem Tod? Und wieso hängen wir die Kreuze überall auf? Da fällt es mir auch schwer zu antworten und in diesem Jahr hab ich mir gedacht, ich kann das im Online-Unterricht nicht bringen. Und da hab ich mir dann gedacht, möchte ich eher wegen Corona den Schülerinnen und Schülern zeigen, dass der Glaube an Gott Kraft geben kann. Auch in solch einer Zeit, dass wir die Erfahrung machen können, wir sind nicht alleine. Und dass wir eine Hoffnung haben können, auf eine Auferstehung. Auch für uns selbst, dass wir bald alle wieder zusammen sein können. Da hab ich für dieses Jahr, ganz passend, ein Lied gefunden, was mich in dieser Zeit begleitet. Dort heißt es in der 1. Strophe: „Durch das Dunkel hindurch, scheint der Himmel hell. So hell soll auch die Erde sein, steht auf, steht auf, steht auf, so hell soll auch die Erde sein. Steht auf.“ Und ich möchte dazu ermutigen, dass wir diese Botschaft der Auferstehung auch für uns selbst mitnehmen. Dass wir uns von der Auferstehung Jesu anstecken lassen und dann selbst aufstehen, damit auch unsere Welt ein bisschen heller wird.

Ich hoffe, dass deine Schüler das gut annehmen können, als eine Lebenshilfe, die du ihnen anbietest. Prima, dass du dich dieser Herausforderung stellst.

Vielen Dank für die manchmal doch sehr persönlichen Einblicke, die du den Hörerinnen und Hörern und mir gegeben hast, lieber Maximilian. Gemeinsam wünschen wir Ihnen einen guten Tag.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32929
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