SWR2 Wort zum Tag

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10APR2021
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Wie anstößig können Kreuze sein. Der Osterjubel über Jesu Auferstehung geht doch in eine andere Richtung – zum Licht, zum Leben. Dem Bild des Gekreuzigten Jesus ausgesetzt sein – ist allemal schwer erträglich.

So erfuhr ich von einer Mutter, ihr kleiner Sohn kann schwer einschlafen – weil er von seinem Fenster aus die Darstellung des Gekreuzigten in der Kirche sehen kann. Ihre Bitte: Man möge so ein Schreckensbild doch entfernen!

Ich habe mich auch selber lange Zeit mit Kreuzigungsdarstellungen schwer getan. Jemanden zu quälen und zu kreuzigen – die römische Art der Todesstrafe – das ist in jedem Fall erst einmal ein Bild des Grauens.

Um so mehr überrascht dieses: Der Apostel Paulus – für den alle Hoffnung im christlichen Glauben von Ostern her kommt – betont in seinen Briefen x-mal:
Vergesst nicht das Kreuz Jesu! Es ist eine Kraftquelle unseres Glaubens.

Wieso eigentlich? Und  warum – wie er auch schreibt – soll gerade darin das Geheimnis Gottes verborgen sein?

Paulus will die Erfahrung von Schwäche und Krankheit, von Leiden und Sterben nicht mit Ostern wegwischen. Er hält daran fest: Gott ist bei dem leidenden Jesus – bis ans Kreuz – und lässt ihn nicht im Stich. So fällt von Ostern her Licht auf jedes Leid.

Die Hoffnung auf Auferstehung, dass die Macht des Todes überwunden ist und für alle überwunden sein wird – gilt so allen, die leiden müssen. Die an ihren Schwächen schier verzweifeln. Die Angst haben vor dem nächsten Tag. Die nicht mehr weiter wissen. Die um ihr Ende wissen.

Ich habe erlebt und begriffen – am eigenen Leid und an dem Anderer: Leiden muss nicht trostlos sein.

Von Ostern her, im Licht der Auferstehung wird der leidende Jesus zum Grundstein einer Hoffnungsgemeinschaft. In einem Osterjubel, der die Erfahrung des leidenden Gekreuzigten ausblendet, würde dieser Trost verblassen.

Auf Friedhöfen sehe ich immer häufiger sogenannte »Keltenkreuze«.

Das sind Kreuze, bei denen im Schnittpunkt ein Ring die Balken verbindet - wie eine Sonne. Da kommt für mich beides zusammen: das Kreuz als ein Ort des Leidens – und der Sonnenkreis als Symbol für das neue Leben – für die Auferstehung.

Ich habe gelernt, Kreuze in einem österlichen Licht zu sehen – nicht als Schreckensbild – nicht als ein vorösterliches Kleben am Leiden – sondern als Trostzeichen für das eigene Leben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32853
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