SWR1 Anstöße sonn- und feiertags

SWR1 Anstöße sonn- und feiertags

28FEB2021
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„Wir sind vielleicht hilflos, aber niemals ohne Hoffnung“, das sagen Christen aus dem Irak über sich selbst. In dem Land am Euphrat und Tigris, in dem seit Jahrzehnten Gewalt und Terror herrschen, kämpfen sie ums Überleben.

In den Medien hört man wenig über das Schicksal, das Christinnen und Christen in vielen Teilen der Welt, erleiden. Deshalb finde ich es gut, dass die evangelische Kirche den heutigen Sonntag zum jährlichen Gedenktag für bedrängte und verfolgte Christen erklärt hat.

Ich erinnere mich an eine Begegnung mit Christen aus dem Irak, die viele Jahre zurückliegt. In Stuttgart habe ich eine irakische Familie besucht, die nach Deutschland geflohen war. Damals hatten die USA gerade den irakischen Diktator Saddam Hussein abgesetzt. Anders als ich erwartet habe, war die irakische Familie nicht froh darüber. Sie haben sich Sorgen um ihre Angehörigen im Irak gemacht. Denn so sehr auch die Christen unter Saddams Gewaltherrschaft gelitten hatten: Immerhin wurden Minderheiten nicht schlechter als andere behandelt, und sie genossen einen gewissen Schutz.

Die Sorge dieser irakischen Familie in Stuttgart war begründet. In den Jahren nach Saddam Hussein wurden rund 12.000 Christen im Irak Opfer von islamistischer Gewalt. Ganz schlimm kam es dann, als 2014 der sogenannte Islamische Staat die Stadt Mosul und die Niniveh-Ebene besetzt hat. Dort leben Christen seit fast 2000 Jahren – lange bevor es christliche Gemeinden in Deutschland gegeben hat. 120.000 Christen haben ihre Heimat auf der Flucht vor dem IS verlassen. Die Terroristen haben Häuser und Kirchen zerstört und Bibeln verbrannt. Von den Christen, die geblieben sind, wurden viele getötet oder zu Sklaven gemacht. Genauso ist es auch anderen Minderheiten wie den Jesiden gegangen.

Auch nachdem der Islamische Staat besiegt worden ist, ist die Lage für Christen im Irak schwierig. Sie werden oft diskriminiert, bedroht und aus der Verwaltung oder aus Führungspositionen entfernt. Viele verlassen deshalb das Land.

„Wir sind niemals ohne Hoffnung“ – sagen die Christen im Irak trotzdem. Das beeindruckt mich. In einer Broschüre zum heutigen Gedenktag bitten sie die Menschen in Deutschland um drei Dinge: Für sie zu beten, sie nicht zu vergessen und sie zu unterstützen – auch dabei, anderen zu helfen. Denn die Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen der Christen im Irak kommen auch anderen Bevölkerungsgruppen zu Gute und helfen Brücken zu bauen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32669
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