SWR2 Wort zum Tag

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19FEB2021
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„Wer nicht liest, wird mit 70 Jahren nur ein einziges Leben gelebt haben: Sein eigenes. Wer liest, wird 5000 Jahre gelebt haben. […] Denn Lesen ist eine Unsterblichkeit nach hinten.“

Das Zitat stammt von Umberto Eco. Und es hat heute, auf den Tag genau fünf Jahre nach seinem Tod, nichts an Bedeutung verloren. Mindestens für alle, die lesen.

Umberto Eco, der Name ist für viele mit dem Roman Der Name der Rose verbunden. Ein Mittelalterkrimi in einem Kloster voller literarischer Anspielungen und Rätsel. Hier lässt Eco erkennen, was er meint, wenn er von der "Unsterblichkeit nach hinten" spricht. Das fängt schon damit an, dass in seinem Bestseller ein verschollenes Buch im Mittelpunkt steht. Ein Buch des griechischen Philosophen Aristoteles über die Komödie. Doch Eco bleibt nicht bei antiken Philosophen und mittelalterlichen Mönchen stehen. In seinem Buch versteckt der Wissenschaftler Eco unzählige Anspielungen auf andere Bücher, andere Geschichten, auf Gegenwart und Vergangenheit. Er schreibt über seinen Roman: "Alle Bücher sprechen immer von anderen Büchern, und jede Geschichte erzählt eine längst schon erzählte Geschichte."

Der Schriftsteller und Philosoph Eco macht darauf aufmerksam, was Bücher auszeichnet. Wer in sie eintaucht, der kann unzählige Leben und Welten entdecken. Mir geht das mit der Bibel so. Wenn ich sie lese, tauche ich in uralte Hoffnungsgeschichten ein. Wenn ich sie lese, erfahre ich, wie Freiheit in immer neuen Geschichten ausbuchstabiert wird. Wenn ich sie lese, bin ich dabei, wenn Menschen um ihren Glauben ringen und Antworten auf ihre Lebensfragen suchen.

Nicht umsonst gelten Judentum und Christentum wie der Islam als Buchreligionen. Es sind Religionen, die Geschichten erzählen, die Leben lesen helfen - und so eine Unsterblichkeit nach hinten ermöglichen. Biblische Geschichten machen es möglich, dass mein Horizont geweitet wird. Dass ich mehr von der Welt erlebe, als ich das alleine könnte. Die mir ein Leben schenken, das Jahrtausende zurückreicht. Die mich reicher machen. Wie jedes Buch.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32570
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