Vor wenigen Tagen bin ich früh am Morgen durch den frisch gefallenen Schnee zum Bäcker gelaufen. So viel, dass mein Schuh Abdrücke hinterlassen hat. Deswegen hat es Spaß gemacht, ganz vorsichtig Schritt vor Schritt zu setzen. Den Schnee mit den Schuhen zu stempeln.

Als ich dann vom Bäcker zurückkam, waren die Abdrücke nicht mehr zu sehen. Der Neuschnee hatte alles zugedeckt. Aber ich konnte ja wieder neue Schuhabdrücke hinterlassen.

Ein Bild für das Leben. So wie ich im Schnee hinterlassen die meisten Menschen nur Spuren, die dann wieder schnell verschwinden. Egal, was ich sage, was ich tue, am nächsten Tag, im nächsten Jahr, am Ende meines Lebens, ist das alles nicht mehr zu hören und zu sehen.

Und trotzdem enthält dieses Bild für mich eine hoffnungsvolle Perspektive. Denn tatsächlich bleiben ja die Spuren unter dem Schnee. Sie schneien nur zu. Und selbst wenn der Schnee taut, weiß ich doch: Ich habe da mal einen Abdruck hinterlassen. Ich weiß um den Abdruck, auch wenn er nicht mehr zu sehen ist. Es ist eine Art fernes Echo meiner Schritte.

Solche Echos gibt es viele. Denn all die Gespräche mit anderen, bei denen ich etwas sage und von anderen höre, auch die verschwinden ja nicht. Sie klingen immer weiter. Ich höre zum Beispiel immer wieder meinen Vater etwas sagen, obwohl der schon tot ist. Ich trage Bilder von Urlauben und Festen mit mir herum, Gespräche am Lagerfeuer und in Konferenzen. Ich sehe den Mann, der uns beim Wandern den richtigen Weg zeigt. Und das Kind, das an der Straße steht und das mich bremsen lässt.

Das alles sind Spuren, die niemand mehr sehen kann. Und die doch da sind und weiterwirken. Denn in jedem Wort, in jedem Tun gebe ich ja auch diese unsichtbaren Erinnerungen und Erfahrungen weiter. Erfahrungen, dass Menschen mir ihre Gastfreundschaft anbieten, Gutes tun, mir das Gefühl geben, dass ich gemocht und geliebt werde.

So bleiben Spuren, auch wenn sie gar nicht mehr zu sehen sind.