Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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03FEB2021
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Haben Sie Humor beim Wetter? Wir können ja mal die Probe machen. Stellen Sie sich vor, nachher hieße es im Wetterbericht: „Das Sauwetter geht weiter mit Regen und vor allem Schnee, wahrscheinlich bis Ostern.“ Und dann würde der Wetterbericht noch eins draufsetzen und sagen: „Und das ist gut so.“ Hätten Sie Humor, sich nicht zu ärgern, könnten Sie „Sauwetter“ sogar gut finden?

Die Grundwasserfachleute wünschen sich „Sauwetter“, stand in meiner Zeitung. Einer hat gesagt: „In den nächsten 2 Monaten entscheidet sich, ob im Hochsommer das Wasser wieder knapp wird. Das Grundwasser ist auf einem historischen Tiefstand. Wir brauchen viel Schnee. Weil Schnee, wenn der schmilzt, kann das Wasser tief in den Boden eindringen.“ Sauwetter bis Ostern, sein Wunsch.

Wenn er recht hat: Müssten wir das alle wünschen, denn kein Wasser im Hochsommer, das kann niemand wollen. Aber Sauwetter hält man nicht so gern aus. Dafür braucht man neben Humor auch gute Nerven und Weitblick. Anscheinend können Wünsche, die vielleicht gut wären fürs Ganze, sich mit meinen persönlichen Wünschen beißen. -

Mir ist klar geworden. Was für dieses Wetterbeispiel gilt, gilt ganz oft.
Vielleicht ist das was, was wir begreifen müssen. Nicht jeder Wunsch, den man hat, ist gut für alle und darum echt wünschenswert. Meine eigenen Wünsche und Interessen können kurzsichtig und egoistisch sein. Und der Allgemeinheit und der Erde im Ganzen schaden. Das hieße: Wenn individuelle Wünsche in Erfüllung gehen und so viele Einzelne glücklich sind, das macht noch lange kein gutes und glückliches Leben für alle. Und fürs Ganze.

Christenmenschen wissen das eigentlich. Man spürt das beim Beten. Jeder Mensch kann erst mal für das beten, was ihm persönlich am Herzen liegt. Für sich, seine Lieben.

Aber im Vaterunser gibt es dann auch diese Bitte, mit der man eigene Wünsche relativiert, zähmt. „Vater unser im Himmel“ beten Christenmenschen: „Dein Reich komme, Dein Wille geschehe.“ Also nicht: „lieber Gott, mach meinen Willen zu Deinem“, sondern andersrum. Wenn ich das Vaterunser bete, übe ich das Vertrauen, dass ein guter Vater im Himmel ein bisschen mehr Weitblick hat als ich. Und ich bete auch, weil ich hoffe, dass nicht bloß die Mächtigen auf der Erde ihren Willen durchsetzen können. Sondern dass Gottes Atem länger ist. Und Gott Gerechtigkeit und das Wohl aller im Blick hat. Auch das Wohl seiner Erde. Vielleicht „denkt“ Gott sich ja was, wenn es mal „Sauwetter“ gibt. Und ich, ich kann dann um gute Nerven und Weitsicht beten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32509
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