SWR2 Wort zum Tag

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23DEZ2020
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Der harzige Duft von Tannenzweigen. Das typische Aroma von Bienenwachs. Dazu der Geruch von Nelken. Diese und noch viel mehr Düfte verbinde ich mit dem Advent und der Weihnachtszeit. Das sind Gerüche die wohl die meisten Menschen als angenehm und besonders beschreiben würden.

Unsere Nase macht niemals Pause. Überall werde ich mit Gerüchen konfrontiert: Zuhause, in der Stadt oder im Wald. Und Forscher bestätigen, dass Aromastoffe, die wir über unsere Nase aufnehmen auf uns wirken. Im positiven Sinn können sie unsere Stimmungslage verbessern und sogar in Stresssituationen entspannend wirken. Aber wenn es irgendwo ganz penetrant stinkt, dann hält man sich am liebsten die Nase zu.

Es gibt auch Düfte, die man mit dem eigenen Glauben verbindet. Klar, Weihrauch ist typisch für feierliche katholische Gottesdienste. Ich mag diesen Duft schon seit meiner Kindheit ganz gerne. Aber es kann natürlich auch ganz andere Gerüche geben, die man mit dem eigenen Glauben verbindet.

Beim jüdischen Abschlussritual am Ende des Schabbat wird eine Dose mit aromatischen Kräutern herumgereicht. Dieser Duft soll den Feiertag positiv im Gedächtnis einprägen, die Trauer über die kommende Arbeitswoche mildern und Vorfreude auf den nächsten Schabbat machen.

Für mich ist die Gegenwart Gottes aus dieser Perspektive auch so etwas wie ein guter Geruch. Wenn ich einen feinen Duft in die Nase bekomme, dann entspanne ich mich. Dann werde ich innerlich ruhig und atme langsam und bewusst diesen Duft ein. Rieche ich bewusst und konzentriert, dann bin ich ganz präsent im hier und jetzt.

Wenn ich bete oder meditiere richte ich mich auf Gott aus. Da konzentriere ich mich auf Ihn und werde auch ganz präsent. Überflüssige Gedanken lasse ich los und fokussiere mich. Aber ähnlich wie einen guten Geruch kann ich auch Gott nicht fassen, festhalten und klar definieren. Gott* ist eben unsichtbar und flüchtig – wie ein guter Duft. Er kann mich völlig umgeben auch wenn ich ihn nicht immer und überall wahrnehme - selbst wenn er da ist.

Die vielen Gerüche im Advent und an Weihnachten machen es mir wieder deutlich: Gott ist da. Mal unscheinbar, und kaum zu wahrzunehmen und dann wieder aromatisch und intensiv.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32256
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