SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

22DEZ2020
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Meine Tochter streicht langsam mit dem Bogen über die Geige. Es klingt fürchterlich schief und krumm. Das liegt aber nicht (nur) an meiner Tochter denn das Instrument ist völlig verstimmt. Sie hat gerade angefangen Geige zu lernen. Doch die kleine Übungsgeige die sie ausgeliehen hat, mussten wir erst einmal richtig stimmen. Dafür lag im Geigenkasten eine Stimmgabel.

Stimmgabeln geben den Ton vor. Wenn ich sie anschlage, dann bringen sie immer den gleichen Ton.

Die Ordensschwester Kyrilla Spieker vergleicht die Stimmgabel mit Heiligen. Sie sagt:

„Heilige sind die Stimmgabeln in unserer verstimmten Welt.“

Sie meint das so: In der Welt und in unserer Gesellschaft ist momentan so viel Disharmonie. Menschen konkurrieren miteinander, hören sich nicht zu, streiten oder führen sogar Kriege. Wie gut wäre es da, wenn es jemanden geben würde, der einen klaren und guten Ton angeben würde.

Den Heiligen hat die frohe Botschaft vom Reich Gottes im Ohr geklungen. Sie haben dabei nicht nur fromme Worte gesprochen und anderen vorgeschrieben wie sie leben sollten. Sie haben das gelebt, was sie gespürt haben. Sie alle waren also wie Stimmgabeln, die diese gute Musik zum Klingen gebracht haben. Und diese „Schwingung“ haben sie weitergegeben.

Franz von Assisi war so jemand: Er hat aus einer tiefen Beziehung zu Gott gelebt und sich dabei auf ganz intensive Weise mit der Natur verbunden gefühlt.

Und Jesus ist für mich eine ganz besondere Stimmgabel Gottes. Er hat den Ton Gottes ganz klar und deutlich weitergegeben. Aus Allem, was er gesagt und getan hat kann man diesen guten Grundton heraushören. Er hat Menschen geheilt, Ausgestoßene wieder in die Gemeinschaft zurückgeführt und Sünden vergeben. Gesetze hat er dazu gemacht, wozu sie gedacht waren: Hilfen, um gut zusammen leben zu können. Und seine Auferweckung macht Hoffnung über den Tod hinaus.

Mich motiviert das dazu, mich immer wieder an diesem Jesus auszurichten. Über ihn und sein Leben in der Bibel zu lesen, mich im Gebet mit ihm und Gott zu verbinden, Gottesdienst zu feiern und nicht zuletzt meine Mitmenschen zu unterstützen.

Ich erlebe, dass es funktioniert. Wenn es mir gelingt mich mitten in meinem Alltag an Jesus zu halten, spüre ich, dass ich ruhiger werde und gelassener.  

Und dafür muss ich nicht einmal besonders musikalisch sein.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=32255
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