SWR2 Wort zum Tag

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04DEZ2020
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Heute ist Barbaratag. Im christlichen Adventskalender wird am 4. Dezember an diese junge Frau erinnert. Als christliche Märtyrerin soll sie gestorben sein. Ich muss gestehen, bis vor Kurzem habe ich wenig von ihrer Geschichte gekannt: den Brauch der Barbarazweige und dass ihr Name „die Fremde“ bedeutet.

„Fremd“ sind auch die Geschichten, die von ihr überliefert sind.
Aber das braucht es: „fremde“ Geschichten. Sie können meinen gewöhnlichen Blick auf die Welt verfremden und neu öffnen.

Von der historischen Barbara weiß man wenig. Umso aufregender sind die Legenden. Barbara war eine junge Frau aus sehr gutem Haus. Aus Nikomedia, heute Izmit, in der Türkei. Sie erhält Bildung auf der Höhe der Zeit. Kommt dabei auch mit christlicher Philosophie in Berührung und lässt sich – heimlich - taufen.

Damit schert sie aus aus dem Lebensplan, den die Welt um sie herum, Männer vor allem, für sie vorgesehen haben. Barbara gerät in einen tödlichen Strudel zwischen ihrer Selbstbestimmung als Frau und Christin und dem Leben, das mann von ihr verlangt.

Ihr Vater wollte sie verheiraten, so erzählt eine Variante ihrer Legende. Barbara hat sich verweigert. ‚Sie sei vergeben an Christus.‘

Ja, es ist mir fremd, dass sie ihr Leben so von ihrer Überzeugung bestimmen ließ. So radikal geglaubt hat.

Aber es wäre gut, ich hätte mehr von dieser Barbara. Christlicher Glaube, das bedeutet doch, dass man ganz tief geprägt ist von Menschenfreundlichkeit und Freundschaft zu Gott und seiner Schöpfung. Und wie viele Kompromisse mache ich in meinem Leben, durch die ich diese Freundschaft undeutlich mache ? Etwas von Barbaras Radikalität, ich glaube, das wäre gut in diesen Zeiten.

Wie gesagt, Barbara hat sich verweigert und sich nicht von ihrem Weg als Frau und Christin abbringen lassen. Aber das ließ die männliche Welt nicht zu. Die Legende erzählt, ihr eigener Vater habe sie getötet.

Mich beschämt das: wie Männergewalt Frauen zu Märtyrerinnen gemacht hat. Ich finde, dass das endlich aufhören muss, das sagt diese Geschichte auch.

Etwas finde ich aber auch einfach schön an der Barbarageschichte. Den Brauch mit den Zweigen. Der erinnert daran, dass sich auf der Flucht vor ihren Verfolgern ein Zweig in ihrem Kleid verfangen haben soll. Und zu ihrer Freude sei er aufgeblüht in ihrem Versteck.

Wer heute einen verdorrten Kirschzweig im Haus ins Wasser stellt, hat die Aussicht, dass er bis Weihnachten Blüten treibt. Barbarzweige zeigen: auch aus scheinbar gebrochenem Leben kann neues wachsen. Wie aus der Erinnerung an Barbara, der Frau und Christin.

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