SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

16OKT2020
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Ein Werbegrafiker hat mal zu mir gesagt: „Die Christen haben ein beneidenswert gutes Logo.“ Ich hab ihn fragend angeguckt. Und er hat geantwortet: „Ja klar, das Kreuz. Kann man super wiedererkennen, ist schnell und einfach mit zwei Strichen gezeichnet, und es steckt dazu noch voller Inhalt. Außerdem ein Symbol, mit dem man Zustimmung signalisiert. Jeder, der sich mit etwas einverstanden erklärt, muss ein Kreuzchen machen.“ 

Stimmt, so habe ich das noch nie gesehen. Das Kreuz als ein „ja“, einfach gemalt, schnell erkennbar und voller Inhalt, der dahinter steckt. Ich habe mit dem Kreuz bisher eher die leidigen Debatten in Verbindung gebracht, wo nun in öffentlichen Räumen eins aufgehängt werden darf und wo nicht. 

Es ist schon erstaunlich, dass es das Kreuzzeichen zum Hauptsymbol des Christentums gebracht hat, denn eigentlich hat es ja einen grausamen Ursprung. Die Römer haben mit dem Kreuz viele ihrer Gefangenen gefoltert und hingerichtet. Einer davon war Jesus. Aber ganz eng mit dem Tod Jesu ist eben auch seine Auferstehung verbunden - ohne sterben kein auferstehen. Deshalb hat das Kreuzzeichen für mich weniger einen grausamen, sondern eher einen hoffnungsvollen Charakter. 

Der Werbegrafiker hatte schon recht: zwei Striche, und ein Kreuz ist gemalt. Und genau diese beiden Striche, der eine von oben nach unten, der andere von rechts nach links, die zeigen so schön die beiden Dimensionen, die dahinter stecken. Der Längsstrich könnte bedeuten, dass es eine Verbindung zwischen Gott und den Menschen und auch andersrum gibt: Ich bete zu ihm, er begleitet mich. Ich verehre ihn, er hat sich klein gemacht und ist in Jesus als Mensch auf die Erde gekommen. Das ist die spirituelle Dimension des Christentums – der Längsstrich. 

Und dann die Querrichtung. Sie weist darauf hin, dass wir Menschen untereinander gut in Kontakt bleiben und einander unterstützen sollen. Dass wir zusammen feiern, uns gemeinsam freuen können, uns helfen, miteinander reden, etwas auf die Beine stellen können. Für mich die fürsorgliche und gemeinschaftliche Dimension meiner Religion.

Die beiden berühmtesten Striche der Welt - Längsbalken und Querbalken – sie könnten also auf die beiden Grundpfeiler des Christentums hinweisen: Mit Gott und mit den Menschen in Kontakt bleiben. Vielleicht denken Sie daran, wenn Sie das nächste Mal ein Kreuzchen machen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31873
weiterlesen...