SWR1 Anstöße sonn- und feiertags

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09AUG2020
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Ukrainische Kliniken konnten mehrere Dutzend neugeborene Kinder nicht an die Eltern abgeben. Die Eltern, das sind Paare und Einzelpersonen auch aus Deutschland, die von einer ukrainischen Leihmutter ihr Kind austragen ließen und nun wegen Corona nicht über die Grenze durften.

Die Not von ungewollt kinderlosen Menschen nehme ich ernst. Zugleich lassen mich die Babys in der Ukraine zweifeln, ob alle Wege zum Kind gut sind.

Leihmutterschaft ist in Deutschland verboten und hoch umstritten. Die einen fordern ihre Freigabe. Jeder habe ein Recht auf ein Kind, das dürfe nicht an biologischen oder medizinischen Voraussetzungen scheitern. Andere halten dagegen: Leihmutterschaft mache das Kind zur Ware, und Zeugung und Schwangerschaft werde zum Geschäft.

Ich glaube, das Problem liegt tiefer und betrifft nicht nur die Leihmutterschaft. In der Fortpflanzungsmedizin haben wir große Fortschritte gemacht, und vielen Menschen konnte geholfen werden. Dabei ist das Bewusstsein gewachsen, es gebe nicht nur einen Anspruch auf medizinische Hilfe, sondern auf medizinischen Erfolg. Und der Erfolg ist das eigene Kind. Am Ende steht das Recht auf ein eigenes Kind.

Und da melden sich bei mir erhebliche Zweifel - übrigens unabhängig davon, ob das Kind auf natürlichem Weg, durch Fortpflanzungsmedizin oder eine Leihmutter auf die Welt kommt. Niemand hat ein Recht auf einen anderen Menschen. Und niemand hat ein einklagbares Recht auf ein Kind. Kinder werden nicht geboren und existieren nicht, damit andere glücklich werden. Sie existieren allein um ihrer selbst willen. „Deine Kinder sind nicht Deine Kinder“ sagt ein Dichter. Sie gehören sich selbst. Und aus meiner Sicht sind sie ein Geschenk, ein Geschenk Gottes. Auf ein Geschenk kann es keinen Rechtsanspruch geben, das wäre ein Widerspruch in sich.

Ich verstehe Menschen, für die Kinder zu einem gelingenden Leben dazu gehören. Offen ist, ob es eigene Kinder sein müssen oder ob sie auch auf andere Weise mit Kindern leben können, z.B. mit Neffen und Nichten. Keinen Ausweg sehe ich darin, ein eigenes Kind für das eigene Lebensglück zu beanspruchen. Denn deine Kinder sind nicht deine Kinder, sie sind ein unverfügbares Geschenk.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31321
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