Diese Tage und Wochen empfinde ich als Herausforderung. Weil ich eine solche Situation noch nie erlebt habe. Weil ich viel Neues lernen muss, um den Alltag zu bewältigen: Im Beruf und in der Familie, mit Freunden und auf der Straße. Das übliche Miteinander, die gewohnten Abläufe, sie funktionieren sind mehr.

Es ist eine Situation, in der es kaum Sicherheiten gibt. Nur die eine: Dass alles sich verändern kann, jeden Tag, jede Woche. Die Sicherheit, dass alles unsicher ist. Manche Entscheidungen von heute werden sich morgen als falsch herausstellen, Wissen wird durch neues Wissen überholt. Es ist ein Leben im Unsicheren. Und ich kann nur das: Versuchen, mit dieser Unsicherheit zu leben. Das ist für mich das zentrale Moment.

Mich unterstützen in dieser Situation die Psalmen. Ein biblisches Buch, in dem 150 lange und kurze Lieder versammelt sind. Darunter sind die sogenannten Klagepsalmen. Lieder, in denen sich der Psalmbeter an Gott wendet und sein Leid klagt. Aber das ist mehr als Jammern auf niedrigem oder hohen Niveau. In den Psalmen wird das Leben ernstgenommen und in einem Lied verdichtet. Da heißt es in einem Psalm: „Fremde Menschen stehen auf gegen mich, Gewalttätige trachten mir nach dem Leben“ (Ps 54,5) Sätze, die sich auch auf einen Virus übertragen lassen.

Aber der Psalm geht über die Situationsbeschreibung hinaus. Er setzt auf die Hoffnung. Die Hoffnung, dass Gott sich für den Menschen und das Leben engagiert.

Eine kindische Hoffnung, könnte man glauben. Gewalttätige oder ein Virus verschwinden ja nicht einfach. Ich lese das so: Da ist sich jemand ganz bewusst, dass seine Kraft, seine Fähigkeiten gering sind. Nicht ausreichen um eine schwierige Lage zu bewältigen. Aber indem er sich das klarmacht, fängt schon Veränderung an. Wer sich vor Augen führt, dass die eigene Macht begrenzt ist, der kann sich auf das konzentrieren, was möglich ist. Das nenne ich Hoffnung gewinnen in scheinbar ausweglosen Situationen.