SWR3 Gedanken

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03MAI2020
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Heute sollte meine Nichte konfirmiert werden. Genauso wie viele andere Jugendliche im ganzen Land. Festlicher Gottesdienst, stolze Eltern, schicke Klamotten. Feiern und im Mittelpunkt ihrer Familie stehen. Viele haben sich sehr darauf gefreut. Aber alle Konfirmationen sind abgesagt. Pina sagt: Das ist doch absoluter Bullshit!

Ich hab mir extra ein Kleid genäht. Und ich hab mich so gefreut, meine Familie zu sehen! Cousins, Cousinen, Tanten, Onkel. Alte Leute und Kinder zusammen. Manche von allen Enden der Republik zusammengewürfelt. Das ist in diesen Zeiten einfach undenkbar.

Für Lenja statt Fest nur ein einsames Paket von der alten Großtante aus Norddeutschland, der die Reise sowieso zu weit gewesen wäre.

Meine Nichte ist sonst immer viel unterwegs. Pfadfinder, Fußball spielen, ein Haufen Leute, mit denen man was unternehmen kann. Auch der Konfi-Unterricht, ja und auch die Gottesdienste gehörten dazu.

Ich habe Pina gefragt, was ihr jetzt am wichtigsten wäre. Sie sagt: „Ich will wenigstens meine Freunde mal sehen, die aus dem Konfi-Unterricht.“ Und ich denke: Die großen Kirchen – vielleicht sind sie doch der Raum, in dem die Konfis ihre Wut, ihre Traurigkeit und die Sehnsucht nach dem Fest, der Familie und den Freundinnen mal ausbreiten könnten. Sich mal wieder sehen, natürlich geschützt und unter allen Hygiene-Auflagen. Sei es mit Maske über den Zahnspangen und dem frechen Grinsen. Aber doch von Angesicht zu Angesicht.

Was diesen Jugendlichen jetzt gut täte, wäre wohl, wenn viele an sie denken. Und ihnen das auch sagen. Anrufen. Briefe schreiben. Und vielleicht doch auch ein kleines Paket schicken, wie die alte Tante ein Care-Paket für Konfirmand*innen.

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