SWR1 Anstöße sonn- und feiertags

SWR1 Anstöße sonn- und feiertags

10APR2020
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Ihm ist nur ein einziger Satz in der Bibel gewidmet. Dem Simon aus Kyrene. Aber was da steht, ist schön und es hat eine Bedeutung, die weit über das hinausgeht, was damals geschehen ist. Als Jesus es nicht mehr schafft, sein Kreuz allein zu tragen, muss es ein anderer für ihn tun. Simon, ein Mann aus Kyrene, der gerade vom Feld kam[1]. Es ist kaum anzunehmen, dass er das freiwillig getan hat. Die Soldaten, die den Kreuzweg eskortiert haben, müssen ihn dazu genötigt haben. Trotzdem entsteht auf diese Weise eine Situation, die für mich zum Menschlichsten gehört, das es gibt. Einer trägt eines Anderen Last. Wo einer nicht mehr kann, steht ein anderer parat und hilft. Wenn ein Mensch es allein nicht mehr schafft, dann ist da hoffentlich einer, der mitträgt, der einspringt. Ein Simon oder eine Simone. Der Name ist belanglos. Die beiden müssen bloß zusammenkommen. Der eine muss helfen und der andere sich helfen lassen. Was keine Selbstverständlichkeit ist, sondern eine besondere Fügung.

Die Situation, in der Jesus Hilfe erfährt, ist allerdings eine ganz besondere. Es ist sein letzter Erdenweg. Er ist unterwegs, um zu sterben. Das ist wohl die letzte schwere Situation, in die jeder Mensch kommt. Da kommt viel zusammen. Die Kräfte lassen nach. Vielleicht gibt es einen Kampf zwischen Festhalten und Loslassen. Die Gedanken eilen hin und her; zurück, wie das Leben war; voraus, wie das wohl sein wird, wenn der Tod kommt. Jesus wird sich gefragt haben, ob das tatsächlich das Ende sein kann. Ob Gott es so will. 

Wenn es einen Tag im Jahr gibt, um an das Sterben, den eigenen Tod zu denken, dann ist es der Karfreitag. Die Christen richten ihren Blick auf das Kreuz Jesu. Aber es geht dabei nicht um eine historische Betrachtung oder eine abstrakte Erinnerung. Nein, es geht um das Kreuz der Menschen von heute. Es ist höchst real. Es ist bei jedem, dem eine schwere Last auf den Schultern liegt und der kurz davor steht zusammenzubrechen. Es ist bei den Frauen und Männern, die die Kranken auf den Isolierstationen pflegen; die dabei ihr eigenes Leben in Gefahr bringen und immer öfter am Ende des Tages zu Tode erschöpft sind. Sie verdienen - wie Simon von Kyrene - einen Ehrenplatz an der Seite Jesu. Das Kreuz ist bei denen, die jeden Tag zu Tausenden an einer Corona-Infektion sterben. Ihnen erbitte ich heute vor allem einen wie Simon an die Seite, der ihre Hand festhält in ihrer letzten Stunde.

 

[1]Lk 23,26 parr.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30701
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