Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

 

Eine Krise in der Mitte des Lebens. Das gibt es gar nicht so selten. Auf einmal merkt man: So kann es nicht weitergehen. Es gibt da Dinge in der Vergangenheit, die lassen mir keine Ruhe. Solange man mit dem Aufbau beschäftigt war, mit Familie und Karriere – solange hatte man keine Zeit, daran zu denken. Aber jetzt ist auf einmal alles wieder da.
So ein Mann in der Mitte des Lebens war Jakob. Er musste sich einem Kampf stellen, um weitergehen zu können. Das erzählt eine uralte Geschichte der Bibel.

Als junger Kerl hat Jakob seinem Bruder übel mitgespielt. Er ist vor dem Zorn des Bruders geflohen. Er hat alles hinter sich gelassen, hat neu angefangen, ist stolzer Familienvater geworden. Er hat es zu etwas gebracht. Auch beruflich. Aber da ist etwas, was ihn nicht in Ruhe lässt. Es zieht ihn dorthin zurück, wo er aufgewachsen ist. Zurück zu seinem Bruder, mit dem er jahrelang keinen Kontakt mehr gehabt hat. Wie wird der reagieren nach allem, was war?

Die Nacht, bevor die beiden aufeinandertreffen, ist die unruhigste Nacht in Jakobs Leben. Er ist an einem Fluss angekommen, an einem Übergang. Auf der anderen Seite wartet sein Bruder. Jakob kämpft in jener Nacht. Es ist nicht ganz klar, womit oder mit wem er da ringt. Mit Gott? Mit den Schatten der Vergangenheit? Vielleicht kann man das auch gar nicht so deutlich voneinander trennen.

Es ist für Jakob ungewohnt, sich diesem Kampf zu stellen. Bis dahin hat er sich immer irgendwie rauswinden können. Bisher hat er nur den lieben Gott gekannt. Der ist da, wenn ich nach ihm frage. Er hält zu mir, wenn es mir nicht gut geht.

In jener Nacht erlebt Jakob eine andere Seite Gottes: einen unbequemen Gott, der nicht einfach alles auf sich beruhen lässt. Dieser Gott ringt mit einem Menschen. Und er ringt um diesen Menschen.

Als der Morgen anbricht und der Kampf zu Ende scheint, da gehen die beiden nicht einfach auseinander. Jakob bittet: „Ich lass dich jetzt nicht gehen, wenn du mich nicht segnest. Ich brauch das! Wenn du dabei bist, kann ich mich dem stellen, was war. Wenn du dabei bist, kann ich auch nach vorne schauen und weitergehen. Also: segne mich!“

Ein Mann an einem Übergang. In der Mitte seines Lebens. Jakob hinkt nach dieser Nacht. Der Kampf, dem er sich da gestellt hat, der ist nicht spurlos an ihm vorüber gegangen. Aber er geht gesegnet weiter. Er wird sich mit seinem Bruder versöhnen. Dann kann das Leben gut weiter gehen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=23848
weiterlesen...