SWR4 Sonntagsgedanken

SWR4 Sonntagsgedanken

„Können Sie nicht mal im Radio sagen, was an Pfingsten eigentlich passiert ist. Und zwar heiter kurz und knackig“. Das hat mir eine Hörerin von SWR4 bei einer Veranstaltung als Aufgabe mitgegeben. Und einen Grund hat sie auch noch gesagt, warum ihr das am Herzen liegt: „Das müssen Sie mal richtig stellen, weil im Fernsehen habe ich gesehen, wie einer gesagt hat, an Pfingsten da hätte Jesus geheiratet. Das stimmt doch nicht.“

In der Tat, da hat die Hörerin recht.
Also, ich versuche es. Vielleicht krieg ich es nicht ganz kurz hin, aber ich hoffe, heiter und knackig. Ich will jedenfalls, dass Sie Lust kriegen, Pfingsten als schönes Fest mit zu feiern. Bei dem Sie merken, da habe ich auch was davon. Es geht um mich. Ich habe Grund zu feiern: Wieso?

Eigentlich sagt man doch: ‚Pfingsten, da kommt der Heilige Geist über die Freunde und Freundinnen Jesu. Da hat die Kirche Geburtstag.‘ Das gehen Weihnachten und Ostern einem doch näher.

Aber dann hat mir der Apostel Paulus auf die Sprünge geholfen.
Der zeigt, was dieser Heilige Geist an Pfingsten mit mir macht. Und vielleicht auch mit Ihnen. Paulus schreibt an Christen in Korinth:

Es gibt verschiedene Gaben, -also Talente- aber es ist immer derselbe Geist. Das Wirken des Geistes Gottes zeigt sich bei jedem, aber auf eine andere Weise.
Aber es geht immer um den Nutzen für alle.

Also: Jeder und jede ist ein Talent. Von Gottes Gnaden. Jeder und jede hat etwas mitgekriegt, was anderen nützen kann. Pfingsten ist unser „Talentefest“, da können wir feiern, dass wir begabt sind. So verstehe ich das.

Und wenn ich das im Lauf des Lebens vergessen habe oder unter Alltagsstaub vergraben, an Pfingsten kann ich meine Begabungen wieder entdecken. Und stolz darauf sein. Auf die Talente an mir und bei den anderen.
Wie gesagt Paulus hat mir das klar gemacht. An Pfingsten geht es um unsere Talente und dass wir welche haben, mit denen wir einander das Leben gut und schön machen können.

Die Christen und Christinnen in Korinth, an die er geschrieben hat, die waren nicht immer ein Herz und eine Seele. Da gab es richtig gut Betuchte und ganz einfache Leute, die sich im Leben schwer nach der Decke strecken mussten. Wie heute auch. Da gab es die Vornehmen, Gebildeten und die, die sich eben ausdrücken wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Und diese Gegensätze kommen in der Gemeinde zusammen. Manchmal prallen sie auch aufeinander. Heute genauso wie damals.

Jeder für sich weiß ja vielleicht, dass er Talente hat. Aber dass sie sich gegenseitig brauchen und nützen können, daran hapert es. Man kann seine Gaben egoistisch einsetzen. Aber so nützen unsere Talente nicht und so wird das Leben kein Fest.

Pfingsten ist ein Talentefest. Da kann man sich freuen, an unseren Begabungen. Pfingsten zeigt: Es ist eine Freude, wenn Begabungen zusammenspielen. Und allen nützen.

Paulus macht in seinem Brief an die Korinther klar, Talente sind etwas Göttliches in uns. Dass Sie und ich begabt sind, das verbindet uns untereinander und mit Gott. Mit unseren Begabungen inspiriert er uns.

Paulus macht das am Beispiel deutlich: Er schreibt:
Der eine ist durch den Geist in der Lage, voller Weisheit zu reden. Die andere kann Einsicht vermitteln – durch denselben Geist! Also einer sagt Kluges fürs Leben, redet weise, die andere vermittelt Einsicht. Klingt theoretisch? Ist es glaube ich nicht.

Es braucht beide Begabungen, gut wird es, wenn sie zusammenspielen.

Im familiären Bereich zB: Die Eltern haben ihre Kinder in dem Geist erzogen: „Wir sind sehr verschieden, aber wir halten zusammen, wir sind eine Familie. Und vielleicht brauchen wir ja grade unsere verschiedenen Talente, wenn es mal dick kommt.“ Kluge Lebensweisheit.
Aber dann: Irgendwann kriegen es die Eltern nicht mehr hin. Sie trennen sich. Die Lebensweisheit, die sie gepredigt haben, sie haben sie nicht mehr leben können. Sie scheint gescheitert. Aber ist sie nicht. Weil jetzt eine andere ins Spiel kommt, die Einsicht praktisch vermittelt.
Die Tochter - inzwischen selbst groß – ergreift die Initiative und zeigt, die alte Weisheit lebt: Sie lädt die geschiedenen Eltern und ihre Geschwister zur Konfirmation ihrer Tochter ein. Und bringt so alle zusammen. Anders als früher, aber dennoch zu einem Fest für alle.

Oder in einer christlichen Gemeinde. „Wir Menschen sind alle Gottes Geschöpfe. Geschwister.“ Diese christliche Weisheit wird verkündet.
Und dann kommen Syrer und Iraner in die Kirche. Christliche und muslimische. Und ihre Kinder in den Kindergarten.
Jetzt muss diese Weisheit zeigen, ob sie auch lebt.

Darum kann man froh sein: Wenn es jetzt Erzieherinnen gibt, die die Gabe haben, Kinder über Grenzen zusammenzubringen. Die die Einsicht praktisch umsetzen, wie man Weisheiten auch lebt. Oder wenn Eltern die Initiative ergreifen, und das Außengelände im der Kita gemeinsam herrichten.
Der Geist Gottes wirkt auch, wo einer handwerklich begabt ist. Pfingsten ist ein Talentefest für sehr verschiedene Talente. Hauptsache sie schaffen zusammen in einem Geist. Wie Paulus gesagt hat: Der eine kann weise reden, die andere kann Einsicht vermitteln. Es braucht beide. Und noch viel mehr. Ich wünsche Ihnen, dass Sie spüren, was für ein Pfingsttalent Sie sind. Und freuen Sie sich dran. In diesem Sinn, einen schönen Pfingstmontag und eine schöne Woche.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=22007
weiterlesen...