Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Im Supermarkt kramte ich meine EC-Karte aus, um zu bezahlen. Mein Geldbeutel lag neben der Kasse, mein SWR-Mitarbeiter-Ausweis war zu sehen. Ein Mann, der eben noch seine Einkäufe in den großen Korb packte, warf kurz einen Blick darauf. Und dann sein Kommentar: „Lügenpresse!“ – Und weg war er!

Mich hat das verletzt.  Ich versuche, meine Arbeit in Hörfunk und im Fernsehen  ehrlich und redlich abzuliefern. Natürlich mache ich auch Fehler, aber eine generelle Verurteilung meiner Arbeit trifft mich als Mensch.

Der Ton in unserer Gesellschaft wird schärfer. Das spüre ich nicht nur bei meiner Arbeit tagtäglich. Ich höre das im Radio, höre und sehe das im Fernsehen, lese das in unterschiedlichen Zeitungen: Kraftausdrücke, Beleidigungen und Hetze.

Vor allem Medienleute unterliegen mehr und mehr einem Generalverdacht. „Lügenpresse!“ wird zum Vorwurf gegen alle, die in diesem Metier unterwegs sind. Alle Journalisten lügen,  unterschlagen Nachrichten, berichten einseitig und  stellen sich gegen die angebliche Mehrheit in der Bevölkerung. Meine Sorge darüber ist groß.

Freie Medien sind ein Garant für eine freie, demokratische Gesellschaft. So habe ich das mal gelernt. Und glaube auch, dass das zutreffend ist. Wenn die Medien und die dort arbeitenden Journalisten einem Generalverdacht unterliegen, ist unsere Demokratie bedroht. Dann sägen wir den Ast ab, auf dem wir alle sitzen.

Die meisten Journalisten arbeiten korrekt und engagiert. Dass es Ausnahmen gibt, sei problemlos zugestanden. Doch eine generelle Verurteilung von Medienleuten ist einfach nicht sachgerecht.

Meinungsäußerungen und Debatten sind ein wichtiger Bestandteil unserer Demokratie. Doch bei aller Härte gilt der erste Satz unseres Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“ Das gilt auch für die Sprache. Das gilt auch für die Art und Weise, wie wir über Menschen sprechen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=21527
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