SWR1 Begegnungen

SWR1 Begegnungen

… und mit Barbara Pachl-Eberhart. Die Wienerin hat Ostern 2008 bei einem Autounfall ihre ganze Familie verloren. Ihr Mann Heli war sofort
tot, die beiden Kinder Thimo und Fini hat sie im Krankenhaus beim Sterben begleitet. Sie selbst war nicht im Auto.
Barbara Pachl-Eberhart hat ein Buch geschrieben: „Vier minus drei“.
Sie erzählt darin, was sie erlebt hat und wie sie mit der Trauer umgegangen ist.

Ich habe die Autorin auf ihrer Leserreise in Deutschland getroffen
und will wissen, welcher ihr erster Gedanke war, als sie von dem Unfall erfahren hat. 

Das erste Wort, das gekommen ist, war „Lieber Gott.“ Mehr und mehr wurde dann der Satz draus: Bitte lass sie einen guten Weg gehen.  

Vor mir sitzt eine strahlende, kraftvolle Frau Anfang vierzig, die ihre beiden kleinen Kinder ganz bewusst in den Tod entlassen hat. Die Kraft dazu zieht sie aus mehreren Quellen. 

Eine Kraftquelle war meine Phantasie und damit zusammen hängt auch mein Glaube. Also ich erlaube mir einfach all das zu glauben, was sich meine Phantasie nur an schönen Bildern und an Tröstlichem einfallen lässt.

Und eine andere Kraftquelle war für mich meine Arbeit, die ich neun Jahre lang gemacht habe. In demselben Krankenhaus, auf derselben Intensivstation, auf der meine Kinder lagen, war ich als Clown berufstätig.
Und hab von diesen Kindern so unglaublich viel über das Sterben gelernt. Also mit welchem Mut und mit welcher Geradlinigkeit und mit welchem Vertrauen Kinder in den Tod gehen.

Letztendlich ist das für mich die größte Kraftquelle heute. Dieses Wissen: es ist genug. Wie ich es mache, ist genug!  

Die Clowns waren es auch, die sie bei Thimos Tod begleitet haben. Sie waren alle da in ihren Kostümen. Das war für die Mutter so wichtig. 

Weil die durch ihre Musikinstrumente, durch ihr Singen, durch ihr spontanes Texte erfinden, einfach mir erlaubt haben, alle Gefühle gleichzeitig zu haben und zu durchleben. Die haben `when the saints go marchin in´ gesungen und meine Tränen sind nur so gespritzt.

Dann habe ich meinem Sohn ein Mutlied gedichtet und die haben alle mitgesungen. Und wir haben ihm Mut gemacht auf diesem Weg.

Durch die Clowns ist für mich so eine Komponente des Lebendigen reingekommen. Es darf leben, es darf laut sein, es dürfen Tränen spritzen. Man darf sogar dazwischen lachen. Es klingt ganz arg, aber ja, sie haben Ostereier verteilt, weil es war ja schließlich Ostersonntag, Ostermontag. Sie haben meinem Vater ein Osterei am Kopf zerschlagen und er hat gelacht. Gelacht nicht weil es so lustig war, sondern gelacht aus Dankbarkeit, dass da das Leben an den Kopf klopft und sagt: ich bin auch da und ich lass dich auch nicht im Stich.  

Barbara Pachl-Eberhart hat nach dem tragischen Tod ihrer Familie wieder ins Leben gefunden. Auch, weil sie gnadenlos offen war und alle Freunde gebeten hat, mit ihr zu sprechen und keinen Bogen um sie zu machen. Natürlich hatte sie auch schwarze Tage, wollte nicht aufstehen und am besten sofort zu ihren Lieben.

Welche Rolle Gott in ihrem Leben spielt und wie ihre Familie heute noch im Alltag präsent ist, erzählt sie nach der Musik.

 TEIL 2

… und mit Barbara Pachl-Eberhart, die vor sieben Jahren ihre ganze Familie bei einem Unfall verloren hat. Die Wienerin konnte dieses Drama auch annehmen und durchstehen, weil sie fest an Gott glaubt. 

Ein Leben ohne Gott mag ich mir überhaupt nicht vorstellen.

Für mich ist es einfach dieses ewige und ständig präsente und immer ansprechbare DU. Und der gottloseste Zustand, den ich kenne, ist wenn man glaubt, man muss alles ganz alleine schaffen. Und wenn man vergisst und aufhört, sich an ein DU zu wenden. 

Einige Zeit nach dem Unfall hat Barbara Pachl-Eberhart ihren heutigen zweiten Ehemann kennengelernt, den Schauspieler Ulrich Reinthaller. Das war für sie zunächst unglaublich, aber auch da musste sie lernen, das Leben in allen Facetten anzunehmen. 

Wie buchstäblich kann man das sagen: Gott sei Dank!

Also für mich war es klar: ich habe Ja gesagt zu dem Tod meiner Familie, ich habe ihn angenommen und nicht gehadert und nicht gekämpft dagegen oder geschimpft. Und blöd wär ich, wenn ich nicht das Positive dann auch angenommen hätte.  

Ihr Mann hat ihre gestorbene Familie von Anfang an adoptiert. Er spricht von einer großen Patchworkfamilie mit einigen Unsichtbaren. Und so sind Heli, Thimo und Fini im Alltag des Paares auch jetzt noch präsent. 

Also Heli ist mein Partner in der lauten Zwiesprache und dann red i a bissel Steirisch und dann sag ich das, was er mir immer gesagt hat: „Hey Alte, scheiß Dir nix!“ hat er immer gesagt.

Mein Sohn Thimo, das ist ein bisschen anders. Der war so dieser ganz zarte und der große Philosoph in unserer Familie. Und den trage ich sehr zart und berührbar in mir.

Und die Fini, meine Tochter, die ist wieder ganz anders. Die ist ganz konkret präsent immer wenn wir was suchen in unserer Wohnung. Weil die hat immer gesucht und alle Dinge gerufen und die hat immer alles gefunden. Und ich brauch zum Suchen nicht den Heiligen Antonius, sondern ich hab meine Fini und mein Mann und ich wir laufen immer durch die Wohnung und rufen und suchen und finden einfach alles.  

Barbara Pachl-Eberhart ist noch bis Ende dieses Jahres auf Lesereise, danach will sie sich erstmal Ruhe gönnen, um sich dann anderen Dingen zu widmen. Sie will und kann die Trauerarbeit abschließen und gibt Kurse für kreatives und literarisches Schreiben. Sie will Menschen ermutigen, ihre inneren Kinder zum Sprechen zu bringen.

Zum Schluss unseres Gespräches will ich wissen, was sie sich wünschen würde, wenn sie drei Wünsche frei hätte. 

Also wenn die gute Fee da stünde, dann würde ich sofort sagen: her mit meinen Kindern und zwar sofort! Der zweite Wunsch ist eher, dass Heli sich aussuchen darf, ob er lieber im Himmel bleiben will oder auf die Erde zurück hüpfen will.

Ja, mein dritter Wunsch ist gleichzeitig mein großer Traum: ich möchte in meinem Leben noch Kinderbücher schreiben. 

Ich bin tief beeindruckt von Barbara Pachl-Eberhart und von dem, wie sie bisher durch ihr Leben gegangen ist. Sie ist für mich auch eine Frau, die gut zum Advent passt. Sie kennt den Weg vom Dunkel ins Licht. Sie hat ihn auf sich nehmen müssen und geschafft.

Und so wie ihre Augen beim Erzählen strahlen, wird ihr großer Wunsch, Kinderbücher zu schreiben, sicher in Erfüllung gehen. Ich wünsche es ihr von Herzen.

 

 

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20991
weiterlesen...