SWR1 Begegnungen

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Wenn ich etwas mache, dann richtig! 

Konrad Hermann steht in seiner gerade fertig gebauten Kapelle und läutet die Glocke. Das passiert hier mit der Hand, klassisch: er zieht in der Kapelle an einem Seil und langsam setzt sich die Glocke oben auf dem Dach in Schwingung.

Konrad Hermann hat sich einen lang gehegten Traum erfüllt: er hat auf seinem Hof in Gütenbach im Hochschwarzwald eine Kapelle gebaut. Eine neue Kapelle im Jahr 2015. Kirchen und Kapellen werden doch gerade eher abgerissen bzw. geschlossen. Hier ist eine ganz neu entstanden. Ich will wissen, wie es dazu kam. 

Mit Holz bauen eine Sucht, oder halt eine Leidenschaft. Dann habe ich immer mal gesagt, das Letzte was ich mal baue, wenn ich alles gemacht habe, ist eine Kapelle. Dann bin ich so ein Kerl, der eigentlich, wenn er was sagt, macht er das irgendwann. Dann kam irgendwann auch die Zeit, dass ich gesagt habe, jetzt bau ich eigentlich keinen Stall mehr und kein Haus mehr. Jetzt wär´s an der Zeit für die Kapelle.  

Auf die Frage warum gerade eine Kapelle erzählt der durchtrainierte Landwirt, dass 1991 der Hof abgebrannt ist. Seine hochschwangere Frau, die beiden Kinder und seine Mutter konnten gerade noch aus dem Haus. Und die letzte Kuh war aus dem Stall getrieben, da brach alles zusammen. Die Kapelle ist also gebaut worden … 

In der Hoffnung, dass sowas halt oder auch sowas ähnliches an Schicksal, oder auch mit der Familie, dass sowas sich nicht wiederholt in dieser Stärke. Sollte jetzt das ganze Bauwerk auch noch einen kleinen Hintergrund haben, warum es eine Kapelle ist, sollte das für immer mein Geheimnis bleiben.  

Konrad Hermann lacht viel, wenn er erzählt, er strahlt richtig. Wie kann man nach so einer Tragödie weitermachen? 

Eigentlich machst Du erst mal weiter, weil Du weitermachen musst.Ich hab immer gesagt, wenn ich was umbau oder wenn ich was bau, mache ich das fürs Leben. Ich mach´s einmal aber richtig gut. Und diese ganze Strategie von mir war damit zunichte.  

Und trotzdem hat er weitergemacht, hat neu und wieder aufgebaut und endlich war es dann soweit, der Bau der Kapelle stand an. Was hat seine Familie dazu gesagt? 

Von der Familie her wars so, dass ich ja lang drüber geredet hab immer, dass ich mal noch eine Kapelle bau. Die kennen mich ja mittlerweile. Das, wenn ich von irgendwas rede, irgendwann mache ich es auch.

 

Ich vertraue auf Maria

Konrad Hermann hat Lust zu leben, das merkt man ihm an. Und diese Lust hat ihm auch der schwere Schicksalsschlag nicht genommen, das beeindruckt mich. Der Landwirt aus dem Schwarzwald hat auf seinem Hof gerade eine Kapelle gebaut. Und das komplett in Eigenleistung. Er hat das Holz im eigenen Wald selbst geschlagen, zugeschnitten und dann in besonderer Weise miteinander verzapft. Holzschindeln liegen auf dem Dach - ein richtiges Schwarzwälder Original und für den gelernten Zimmermann so etwas wie sein Meisterstück. Die Kapelle ist Maria geweiht.

 

Und für mich ist da gleich die Marienkapelle in Frage gekommen also der Maria zu weihen. Weil der Marienmonat ist der Mai. Der Mai ist bei uns immer der schönste Monat.Da freu ich mich richtig auf den Monat, weil bei uns auf 1000 Meter Meereshöhe da fängt alles an bei uns im Mai zu blühen und das Gras wächst. 

Über der Tür, die immer offen steht, ist ein Spruch eingeschnitzt: 

 „Begleite uns auf all unseren Wegen.“ Damit ist die Maria gemeint, die uns auf all unseren Wegen, auf welchen auch immer wir gehen, begleiten soll.  

Die Kapelle wird jetzt schon, wenige Wochen nach ihrer Einweihung richtig gut angenommen. 

Dreimal waren Leute vorbeigewandert und die sind da rein und auf einmal fangen sie an zu singen hier drin. Ja, das ist dann auch so ein wenig eine Bestätigung dass es ankommt, sowas. Oder halt dass es auch geschätzt wird und angenommen wird.  

Konrad Hermann hat ein klares Bild von Gott. Und ein sehr realistisches. Vielleicht auch durch den Brand weiß er, dass er Gott nicht zu irgendwas zwingen kann-auch nicht durch den Bau einer Kapelle. Für ihn steht fest: 

Und der Glaube an Gott ist immer wieder da. Wenn´s mir gut geht, dann dank ich auch dafür. Dann wenn´s schlecht geht, bitt ich auch um was Gutes. Aber eben mittlerweile mit dem Gedanken, dass ich es nicht unbedingt erwarten kann.

Der Landwirt und Zimmermann hat sein Leben lang hart gearbeitet. Und jetzt fragt sich der 58-jährige immer mal wieder, ob das eigentlich alles war. Er liebt seinen Beruf, das ist klar. Aber es muss doch noch mehr drin sein in so einem kurzen Leben. Er will was davon haben und Dinge tun, die bisher nicht möglich waren. Deshalb fliegt er jetzt drei Wochen mit einem Freund in das Land seiner Träume: nach Norwegen. Den Hof versorgt in der Zeit die Familie. Die ist ihm überhaupt sehr wichtig. 

Also das Allerwichtigste ist bei mir meine Familie. Dass es der Familie, Kinder, Frau, dass es denen gut geht. Das ist für mich das Wichtigste. Das andere läuft dann.  

Wenn er drei Wünsche frei hätte, würde er sich wünschen, dass es seiner Familie weiter gut geht, dass es mit dem Hof irgendwie so gut weiter geht, dass er sich leicht zurückziehen kann um seine Reisepläne zu verwirklichen. Und, dass er mindestens 70 Jahre alt wird und noch fit ist, seine Pläne umzusetzen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=20129
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