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SWR Kultur Lied zum Sonntag
Musik 1: Martin Stadtfeld (Klavier) improvisiert über „Geh aus, mein Herz“
Noch hören wir es nicht, das Lied, um das es heute geht. Gleich ändert sich das, und vielleicht kommt ihnen die Melodie bekannt vor?
Musik 2: Fortsetzung von Musik 1 mit Martin Stadtfeld
Haben Sie es erkannt? Das Lied zum Sonntag heißt heute „Geh aus, mein Herz, und suche Freud!“ Der Barockdichter Paul Gerhardt hat es verfasst und ihm die Überschrift „Sommerlied“ gegeben. Dieses Lied lädt uns zu einem Spaziergang ein – hinaus, in die Schöpfung. Es wird bestimmt nicht langweilig, wenn wir gleichsam das „Buch der Natur“ aufblättern. Wer mitgeht, hört und singt vom Gackern der Hühner und dem Summen der Bienen. Ja, man schmeckt fast den Honig und den süßen Fruchtsaft wenn davon gesungen wird. Aber erst mal müssen wir uns auf den Weg machen! Die erste Strophe gibt uns den musikalischen Rückenwind:
Musik 3: Strophe 1 mit Christiane Oelze (Gesang) und Eric Schneider (Klavier)
Geh aus, mein Herz, und suche Freud
in dieser lieben (schönen) Sommerzeit
an deines Gottes Gaben;
schau an der schönen Gärten Zier
und siehe, wie sie mir und dir
sich ausgeschmücket haben.
Paul Gerhardts „Sommerlied“ erinnert uns daran, wie bunt und wie lebendig die Schöpfung ist. Die Narzissen und die Tulpen, so heißt es in einer Strophe, würden in einem Schönheitswettbewerb sogar den biblischen König Salomo übertreffen, obwohl der ja so reich war, dass er sich in kostbare Seide kleiden konnte.
Musik 4: Strophe 2 mit „Die LingoBarden”
Die Bäume stehen voller Laub,
das Erdreich decket seinen Staub
mit einem grünen Kleide.
Narzissus und die Tulipan,
die ziehen sich viel schöner an
als Salomonis Seide.
Narzissen und Tulpen waren damals, als dieses Lied nach dem Dreißigjährigen Krieg entstand, ein ganz aktuelles Thema, vor allem in den Niederlanden. Ein Pfund solcher Zwiebeln konnte etwa so viel kosten wie ein kleines Häuschen. Es grassierte der „Tulpenwahn“ mit Tulpenzwiebeln als Spekulationsobjekten. Die Spekulanten staunten nicht mehr über die Schönheit der Natur, sondern über ihren Profit. Doch auf den „Boom“ der Tulpen folgte – wie wohl immer – der „Crash“. Nun waren die Tulpenzwiebeln nichts mehr wert, jedenfalls finanziell.
Musik 5: Fortsetzung von Musik 4
Paul Gerhardt spekuliert nicht, weder mit Geld, noch mit seinen Gedanken. Er liebt die Erde, und er hofft auf den Himmel. Das gefällt mir! Was ich in der Natur erlebe, das bringt mich zum Staunen und führt so auf Spuren zum Himmlischen. Der Gedanke an das Himmlische wiederum verliert sich nicht in spekulativen Höhenflügen, sondern bleibt auf dem Boden der Schöpfung. Ich glaube, darüber denke ich heute noch ein wenig nach: über das Irdische und das Himmlische, und über Paul Gerhardt, der die Erde liebt und auf den Himmel hofft. Am besten mache ich einen sommerlichen Spaziergang unter blauem Himmel, mit dem Lied von Paul Gerhardt im Ohr, oder vielleicht sogar auf den Lippen.
Musik 6: Strophe 8 mit Jay Alexander
Ich selber kann und mag nicht ruhn,
des großen Gottes großes Tun
erweckt mir alle Sinnen.
Ich singe mit, wenn alles singt
und lasse, was dem Höchsten klingt,
aus meinem Herzen rinnen.
Musikquellen (SWR-Archiv):
- Musik 1 und 2: Deutsche Volkslieder mit Martin Stadtfeld (Klavier) – M0696932(AMS)
- Musik 3: Exklusive Volkslieder (Vol. 3) mit Christiane Oelze (Gesang) und Eric Schneider (Klavier) – M0278450(AMS)
- Musik 4 und 5: Deutsche. Lieder. Welten mit Die LingoBarden - M0609151(AMS)
- Musik 6: Jay Alexander - M9174151(ADM)
SWR Kultur Lied zum Sonntag
Musik 1:
Angelus-Glocke der Pfarrkirche St. Jakobus, Stegen-Eschbach
Diese Glocke hat mich heute früh geweckt, um 6 Uhr. Jeden Tag läutet sie drei Mal im Glockenstuhl der Dorfkirche im Schwarzwald, wo ich wohne. Dieses Läuten, das dem Tag einen Rhythmus gibt, heißt auch Ave-Läuten oder „Angelus Domini“, der Engel des Herrn. Dahinter verbirgt sich eine biblische Geschichte aus dem Lukasevangelium, die wir oft auch auf Bildern sehen: Das jüdische Mädchen Miriam liest in ihrem Gebetbuch, und plötzlich überrascht sie ein Engel mit der himmlischen Botschaft: „Ave Maria, gratia plena“ – Sei gegrüßt, Maria, du bist voll der Gnade, der Herr ist mit dir.
Musik 2:
Anton Bruckner: Ave Maria (siebenstimmig)
Ave Maria, gratia plena, Dominus tecum; benedicta tu in mulieribus, – Sei gegrüßt, Maria, du bist voll der Gnade, der Herr ist mit dir; du bist gebenedeit unter den Frauen,
Ganz himmlisch klingt der von Knaben gesungene Engelsgruß „Ave Maria“ beim österreichischen Komponisten Anton Bruckner. Sein „Ave Maria“ ist siebenstimmig. Bisher haben wir die drei hohen Knabenstimmen gehört. Jetzt kommen die vier tiefen Männerstimmen hinzu, mit den Worten: „und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes“.
Musik 3:
et benedictus fructus ventris tui, – und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes,
Anton Bruckner hat mit dem Gebet „Ave Maria“ tagtäglich gelebt, im Stift St. Florian ebenso wie in der Hauptstadt Wien. Wenn in Wien ein Ave-Glöcklein zu hören war, dann hat er einfach seinen Unterricht für ein, zwei Minuten zum Beten unterbrochen. Das mache ich selber zwar nicht so. Aber an Bruckners siebenstimmigem Ave Maria gefällt mir, wie er die Personen so eindrucksvoll musikalisch beschreibt. Zuerst der Engel Gabriel, dann die betenden Männerstimmen. Und der Höhepunkt ist dann gar nicht Maria, sondern Jesus. Seinen Namen komponiert Bruckner in A-Dur: drei Mal, in größtmöglicher Steigerung von pianissimo bis fortissimo.
Musik 4:
Jesus, Jesus, Jesus!
Diese Klänge gehen mir durch Mark und Bein. Sie zeigen, wie fasziniert Anton Bruckner von Jesus war. Am stärksten vielleicht immer dann, wenn er seine Musik selbst dirigiert hat – so wie an einem Februarsonntag im Jahr 1881. Was er zuvor frühmorgens gebetet hat, erfahren wir aus seinem Taschenkalender: nämlich Vaterunser, Rosenkranz und Ave Maria. In diesem Notizbüchlein steht aber auch noch die finanzielle Ausgabe von etwa umgerechnet 15 Euro für „drei Torten“, wie es heißt. Die hat er aber nicht selbst verspeist, sondern den Chorknaben spendiert, weil sie sein Ave Maria so schön gesungen haben – sozusagen unter dem Motto „Drei Torten für ein Ave Maria“. So verbindet Anton Bruckner die Gottesliebe mit kleinen Zeichen der Nächstenliebe. Unser heutiges Lied zum Sonntag aus seiner Feder schließt wie jedes Ave Maria mit den Worten „jetzt und in der Stunde unseres Todes“. Ja, Leben und Sterben gehören zusammen, bis zum letzten „Amen“. Daran erinnert mich Anton Bruckners Musik und auch die Glocke meiner Dorfkirche.
Musik 5 a/b:
Sancta Maria, Mater Dei, ora pro nobis peccatoribus nunc et in hora mortis nostrae. Amen. – Heilige Maria, bitte für uns Sünder, jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen. – Glockenläuten aus St. Jakobus, Stegen-Eschbach
https://www.kirche-im-swr.de/?m=39843SWR2 Lied zum Sonntag
Fanny Hensel: „Dezember“ aus „Das Jahr. 12 Charakterstücke für Klavier“ mit Els Biesemans (Ausschnitt)
Diese Musik sagt uns: Vorhang auf! Für das Lied „Vom Himmel hoch, da komm ich her“. Die Komponistin Fanny Hensel schreibt über die Noten auch noch „Allegro molto“: Sehr rasch soll gespielt werden bei dieser weihnachtlichen Hausmusik. Fanny Hensel ist die ältere Schwester von Felix Mendelssohn Bartholdy. Beim Komponieren hat sie sich hier vielleicht eine theatralische Szene vorgestellt: Ein himmlischer Engel nähert sich mit wehendem Gewand und mit rauschenden Flügelschlägen. In den Noten ist dieses weihnachtliche Bild sogar zu sehen. Denn Fanny Hensels Mann Wilhelm, der für seine Porträtzeichnungen berühmt war, hat einen solchen Engel ganz oben auf das Notenblatt gemalt, mit den Gesichtszügen seiner Frau. Und bald ist auch eine engelsgleiche Melodie zu hören: in sphärischen Höhen.
Fanny Hensel: „Dezember“ mit Liedzitat „Vom Himmel hoch, da komm ich her“
Diese ganz schlichten Klavierklänge passen gut zur Überschrift unseres Liedes. Sie heißt „Ein Kinderlied auf die heilige Weihnacht Christi von Martin Luther“. Luther hat nicht nur den Text verfasst, sondern auch die Melodie komponiert! Und vielleicht hat er dieses Lied ja sogar mit der ganzen Familie bei einem Krippenspiel gesungen. Mit etwas Phantasie stelle ich mir vor, wie die Kinder den Engel bestaunen, der in einem kostbaren Gewand auftritt und dann zu singen beginnt:
„Vom Himmel hoch, da komm ich her“ (Strophen 1 und 2) mit Axel Köhler (Gesang) und der Lautten Compagnei
Vom Himmel hoch, da komm ich her.
Ich bring’ euch gute neue Mär,
der guten Mär bring ich so viel,
davon ich singen und sagen will.
Euch ist ein Kindlein heut’ geborn
von einer Jungfrau auserkorn;
ein Kindelein, so zart und fein,
das soll euer Freud und Wonne sein.
Als Kind habe ich noch den Brauch kennengelernt, dass man um die Jahreswende zu Verwandten geht, um ihnen ein gutes Neues Jahr zu wünschen, was meistens mit einer Neujahrsbrezel belohnt wurde. Und genau so, nur ohne Brezel, schließt unser Lied, wenn Martin Luther in der letzten Strophe eine Brücke von Weihnachten zum neuen Jahr schlägt. „Lob und Ehr sei Gott im höchsten Thron, der uns schenkt seinen eingen, seinen einzigartigen Sohn“, so danken wir für Weihnachten. Aber dann wird aus dem einen Engel, den wir schon gehört haben, eine ganze vielstimmige Engelschar: „Des freuet sich der Engel Schar“, so heißt es. Und vor lauter Freude wünschen uns diese Himmelsboten singend ein gutes neues Jahr. Ich bin gespannt, wie es wird, das neue Jahr – mit seinen hellen und dunklen Tagen. Aber hoffentlich mit viel Musik und mit manchem Engel, in welcher Gestalt auch immer. Den Neujahrsgruß des Liedes „Vom Himmel hoch“ will ich noch möglichst lange im Ohr behalten und ihn heute schon auch an Sie weitergeben mit den Klängen des Barockkomponisten Michael Praetorius, dem dazu eine besonders festliche Musik eingefallen ist.
„Lob, Ehr sei Gott im höchsten Thron“ aus Michael Praetorius: „Christmette“ mit Gabrieli Consort und Gabrieli Players (Leitung: Paul Mc Creesh)
Lob, Ehr sei Gott im höchsten Thron,
der uns schenkt seinen eingen Sohn.
Des freuet sich der Engel Schar
und singet uns solch Neues Jahr!
T + M des Liedes: Martin Luther
Klavierstück „Dezember“ aus dem Klavierzyklus „Das Jahr“: Fanny Hensel
Choralbearbeitung für Chor und Orchester: Michael Praetorius
https://www.kirche-im-swr.de/?m=39013SWR2 Lied zum Sonntag
Musik 1 Johann Sebastian Bach: „Allein Gott in der Höh sei Ehr“ für Orgel (Beginn) aus dem Dritten Teil der Clavier-Übung“ (BWV 676). Johannes Lang, Orgel.
Diese Musik mag ich ganz besonders! Johann Sebastian Bachs quicklebendiges Orgelstück über das Lied „Allein Gott in der Höh sei Ehr“. Das Lied ist genau 500 Jahre alt! Es stammt von Nikolaus Decius, einem lutherischen Prediger und Kirchenmusiker, der zur Zeit der Reformation gelebt hat. Was will er mit seinen Strophen sagen? Bei allem, was wichtig ist und was dich Tag für Tag beschäftigt und manchmal auch bedrängt, bei all dem vergiss nicht, Gott die Ehre zu geben.
Musik 2 Hans Leo Haßler: „Allein Gott in er Höh sei Ehr“ (Strophe 1) mit dem Peñalosa-Ensemble.
Allein Gott in der Höh sei Ehr
und Dank für seine Gnade.
Darum, dass nun und nimmermehr
uns rühren kann kein Schade.
Ein Wohlgefallen Gott an uns hat,
nun ist groß Fried ohn Unterlass,
all Fehd hat nun ein Ende.
Johann Sebastian Bach hat sich den Titel dieses Liedes als persönliches Motto ausgewählt. Und zwar in lateinischer Sprache: „Soli Deo Gloria“ – Gott allein gebührt die Ehre! Bach schreibt diesen Spruch immer wieder unter seine Kompositionen. So, als wollte er das auf keinen Fall vergessen: Gott die Ehre zu geben! Die zweite Strophe unseres Liedes fragt danach, wie das geht. Und die Antwort fächert das Thema dreifach auf. Gott die Ehre geben, das heißt: ihn loben, ihn preisen und anbeten:
Musik 3 Hans Leo Haßler: „Allein Gott in er Höh sei Ehr“ (Strophe 2) mit dem Peñalosa-Ensemble.
Wir loben, preisen, anbeten dich,
für deine Ehr wir danken;
dass du, Gott Vater, ewiglich
regierst ohn‘ alles Wanken.
Ganz ungemessen ist deine Macht,
fort g‘schieht, was dein Will hat bedacht.
Wohl uns des feinen Herren!
„Allein Gott in der Höh sei Ehr.“ Aber was ist dann mit den Menschen, die nicht so auf der Höhe sind, denen es schlecht geht, die krank sind und leiden, oder die scheitern? Sind sie denn weniger wert? Ganz bestimmt nicht. Genau dazu hat Johann Sebastian Bach sogar ein kurzes Gedicht verfasst, in dem er Gott und die Menschen, denen er seine Musik schenken will, in den Blick nimmt. Es sind nur zwei Zeilen. Sie heißen: „Dem Höchsten, Gott allein, zu Ehren, / dem Nächsten, draus sich zu belehren.“
Bach spricht hier von der Ehre Gottes. Doch im selben Atemzug vergisst er auch die Menschen nicht, seine „Nächsten“. Heute gibt es weltweit ja viele, die Bach nahe sind, weil er sie nicht nur belehrt, sondern auch bewegt und erfreut. Mich erfreut Musik oft gerade dann, wenn es mir nicht so gut geht. Auch der alte Choral „Allein Gott in der Höh sei Ehr“ mit seinem festlichen Dreiertakt.
Solche Klänge bringen dann auch in Bewegung, ja sie lösen etwas, wenn ich ganz erstarrt bin. Die paar Minuten, in denen ich dieses Lied im Gottesdienst singe oder in denen ich Bachs Musik höre, schenke ich demjenigen, dem die Ehre gebührt: „Dem Höchsten, Gott allein, zu Ehren“. Mir selber tut es auch gut. Vor allem gibt es mir Kraft für alles andere, was jeden Tag für meine „Nächsten“ wichtig ist.
Musik 4 Johann Sebastian Bach: „Allein Gott in der Höh sei Ehr“ für Orgel (Schluss) aus
dem Dritten Teil der Clavier-Übung“ (BWV 676). Johannes Lang, Orgel.
Text und Melodie: Nicolaus Decius (1517) nach dem lateinischen Gloria der gregorianischen Messe „Lux et origo“ (vgl. GL 114); Chorsatz von Hans Leo Haßler; Orgelchoral von Johann Sebastian Bach aus dem Dritten Teil der „Clavier-Übung“ (BWV 676)
https://www.kirche-im-swr.de/?m=38050SWR2 Lied zum Sonntag
Musik 1
W. A. Mozart: „Halleluja“ aus „Exsultate, jubilate“ KV 165 mit Albrecht Mayer (Oboe d’amore) und Deutsche Kammerphilharmonie Bremen
Das Lied zum Sonntag kommt heute aus Italien. In Mailand ist diese Musik erstmals erklungen, vor genau 250 Jahren. Der Komponist aber stammt aus Österreich. Womöglich ahnen sie es schon: Wolfgang Amadeus Mozart hat das komponiert, im jugendlichen Alter von 16 Jahren! Alles dreht sich schwungvoll um ein einziges Wort: um den christlichen Jubelruf „Halleluja“. Kein zweites Wort könnte besser sagen, was die Osterzeit bedeutet, in der wir gerade sind.
Musik 2
Mozarts „Halleluja“ mit Carolyn Sampson (Sopran) und The King’s Consort, Leitung: Robert King
Mozarts virtuose Musik lässt mich aufatmen und stimmt mich österlich. Mozart konnte vieles, was ihm begegnet ist, einfach leicht nehmen. Er will die Gegensätze spielerisch versöhnen: hoch und tief, ernst und heiter, Leid und Freude. Mir gelingt das nicht immer so gut. Wenn ich wegen eines Problems in der Stimmung des Karfreitags bin, dann stecke ich oft darin fest und alles dreht sich nur noch darum. Mozart strahlt pure Lebensfreude aus. Und Glaubensfreude. Er traut den Musizierenden viel zu. Und er vertraut darauf, dass sie in den schwindelerregenden Höhen, die er ihnen zumutet, nicht abstürzen.
Musik 3 vokale Fassung (Carolyn Sampson)
Mozarts „Halleluja“ ist der Schluss eines längeren Stückes, das mit den lateinischen Worten „Exsultate, jubilate“ beginnt. Diese Aufforderung heißt übersetzt „Jauchzt und jubelt“. Viele sind von Mozarts Musik und besonders von seinem Bravourstück „Exsultate, jubilate“ fasziniert. Zum Beispiel die österreichische Dichterin Ingeborg Bachmann. Wenn sie etwas ganz Großartiges beschreiben wollte und ihr dazu keine Worte mehr einfielen, dann borgte sie sich einfach Mozarts Klänge aus. Ingeborg Bachmann schreibt dann, dass alles so sein soll wie „Exsultate, jubilate“. (Musik)
Dabei erzählt sie auch von einem „geheimnisvollen Buch“, wie von einer Verheißung, die wirklich alles in pure Freude verwandelt. Sie schreibt: „Ein Brausen von Worten fängt an in meinem Kopf und dann ein Leuchten, einige Silben flimmern schon auf, und aus allen Satzschachteln fliegen bunte Kommas, und die Punkte, die einmal schwarz waren, schweben aufgeblasen zu Luftballons an meine Hirndecke, denn in dem Buch, das herrlich ist und das ich also zu finden anfange, wird alles sein wie EXSULTATE JUBILATE.“
Musik 4
instrumentale Fassung (Albrecht Mayer)
Ingeborg Bachmann ist begeistert von dem geheimnisvollen Buch. Vor ihrem geistigen Auge erlebt sie, wie alle, die nur eine einzige Seite daraus gelesen haben, vor Freude einen Luftsprung machen und dazu beglückt ausrufen: „Hört nur, hört! schaut nur, schaut! Ich habe etwas Wunderbares gelesen, darf ich es euch vorlesen?“ (Musik)
Für mich klingt das wie eine Vision von Ingeborg Bachmann. Und diese Vision hat für mich viel mit Ostern zu tun. Denn auch von Ostern wird in einem wunderbaren Buch erzählt – in der Bibel. Sehr spannungsvoll, so wie Mozarts Musik! Jesu Auferstehung streicht den Karfreitag ja nicht einfach durch und übertönt ihn nicht lautstark. Aber Ostern lässt alles, was dunkel ist, in neuem Licht erscheinen. Im Licht des biblischen „Halleluja“, das Mozart so unnachahmlich für uns vertont hat.
Musik 4
Schluss des Stückes (vokale Fassung)
Autoren
Text: Bibel/Liturgie, Musik: Wolfgang Amadeus Mozart (1773)
https://www.kirche-im-swr.de/?m=37531SWR2 Lied zum Sonntag
Musik 1 festliches Bläser-Vorspiel (Gloria Brass)
Das Lied zum Sonntag führt uns heute zu einem Geburtstagsfest. Wir sind im sächsischen Städtchen Herrnhut, das in der Nähe von Zittau liegt. Gefeiert wurde dort, vor etwa 250 Jahren, der 36. Geburtstag einer Lehrerin. Sie heißt Christine Petersen. Und sie ahnt nicht, dass eines der Geschenke, die sie erhält, die Zeiten überdauern wird. Ihre Freundin Henriette Louise von Heyn hat nämlich eigens für diesen Tag ein Lied verfasst. Es heißt „Weil ich Jesu Schäflein bin“. Bestimmt haben sie es auch gleich gesungen, als das Geschenk überreicht wurde.
Musik 2 Strophe 1 und 2 – Schola Cantorum Neustadt und Johannes Götz (Orgel)
Weil ich Jesu Schäflein bin,
freu ich mich nur immerhin
über meinen guten Hirten,
der mich wohl weiß zu bewirten,
der mich liebet, der mich kennt
und bei meinem Namen nennt.
Unter seinem sanften Stab
geh ich ein und aus und hab
unaussprechlich süße Weide,
dass ich keinen Mangel leide;
und so oft ich durstig bin,
führt er mich zum Brunnquell hin.
Diese Musik spricht mich emotional sehr an und sie weckt Erinnerungen in mir. Ich meine mich zu erinnern, dass im Schlafzimmer meiner Tante ein großes, in Gold gerahmtes Bild vom Guten Hirten hing. Auf dem Gemälde trägt er ein Schaf, das sich verirrt hat, auf den Schultern wieder nach Hause. Aber ich ringe und hadere auch mit diesem Hirten-Bild. Ein willenloses Schaf will ich eigentlich nicht sein. Deshalb brauche ich auch andere, jazzige Klänge zu diesem idyllischen Lied von „Jesu Schäflein“, zum Beispiel mit Saxophon.
Musik 3 Improvisation zum Lied mit Götz Ertle (Saxophon) und Johannes Götz (Orgel)
Das biblische Bild vom Hirten mit seinen Schäflein kommt mir vor wie ein Thema in zwei „Tonarten“. Die eine Tonart ist idyllisch und pastoral, mit der „süßen Weide“ und der frischen Quelle. Die andere „Tonart“ aber ist schrill und dissonant, weil es leider nicht nur gute Hirten gibt. Schon der biblische Prophet Ezechiel kritisiert scharf die Hirten, die nur noch sich selber weiden. Er kündigt ihnen das Vertrauen auf, wenn er im Namen Gottes ausruft: „Nun gehe ich gegen die Hirten vor und fordere meine Schafe von ihnen zurück. Ich setze sie ab, sie sollen nicht mehr die Hirten meiner Herde sein.“ Das kommt mir in den Sinn, wenn ich höre, wie manche „Hirten“ zu Straftätern an ihren Schutzbefohlenen geworden sind. Auch mich macht das fassungslos und ohnmächtig.
Aber all das Finstere bringt mich nicht von diesem alten Lied weg, sondern eigentlich noch viel näher zu ihm hin! Mit seinen überschwänglichen, ganz harmonischen Bildern sagt das Lied, worauf es ankommt: Auf Jesus, den Guten Hirten. Bei der letzten Strophe hat die Dichterin Henriette Louise von Heyn vielleicht daran gedacht, wie sie Schulkinder im Lesen und Schreiben unterrichtet. Deshalb wählt sie ganz einfache Worte. Auch ich habe diese Strophe vor einiger Zeit mit Kindern bei der Erstkommunion gesungen. Da heißt es: „Denn nach diesen schönen Tagen werd ich endlich heimgetragen in des Hirten Arm und Schoß“ – ein starkes Bild für die Hoffnung, die mich trägt und die ich mir nicht nehmen lassen will, auch nicht von schlechten menschlichen Hirten.
Musik 4 Strophe 3 – Schola Cantorum Neustadt und Johannes Götz (Orgel)
Sollt ich denn nicht fröhlich sein,
ich beglücktes Schäfelein?
Denn nach diesen schönen Tagen
werd ich endlich heimgetragen
in des Hirten Arm und Schoß.
Amen, ja, mein Glück ist groß!
Quellen:
Autoren
Text: Henriette Louise von Heyn (1778), Melodie: Christian Gregor (1755)
Musikquellen
Musik 1: ARD-Archiv [BR]MR043770109; „Weil ich Jesu Schäflein bin“ (Arrangement von Walther Haffner) mit „Gloria Brass“ (Leitung: Dieter Wendel);
Musik 2–4: „Weil ich Jesu Schäflein bin“ mit Johannes Götz (Orgel und Leitung), Götz Ertle (Saxophon) und Schola Cantorum Neustadt/Schwarzwald, aus der CD „Der Herr ist mein Hirte. Der 23. Psalm in Wort und Ton“, Label Edition Benziger, Zürich und Düsseldorf 1999, LC 01393
https://www.kirche-im-swr.de/?m=37340SWR2 Lied zum Sonntag
Musik 1 – instrumental: Improvisation über “Solang es Menschen gibt auf Erden” (Ausschnitt),
Jörg Josef Schwab, Klavier
Ein junger Mann, 25 Jahre alt, ist unterwegs auf dem Fahrrad, in Holland, an einem Sonntagnachmittag im Spätherbst. Der Radler heißt Huub Oosterhuis. Er leitet in Groningen ein Internat und schreibt an seiner Doktorarbeit im Fach Niederländische Literatur. Während er von Winsum nach Groningen radelt, im Jahr 1958, denkt er nach. Und er dichtet ein Lied, sein allererstes. Es heißt „Solang es Menschen gibt auf Erden“. Gleich am selben Abend singen die Studierenden es im Gottesdienst, und heute ist es unser „Lied zum Sonntag“.
Musik 2 – Chor: Strophen 1 und 2 mit CoroPiccolo – Strophe 1 davor Rezitation
Solang es Menschen gibt auf Erden,
solang die Erde Früchte trägt,
solang bist du uns allen Vater,
wir danken dir für das, was lebt.
Solang die Menschen Worte sprechen,
solang dein Wort zum Frieden ruft,
solang hast du uns nicht verlassen.
In Jesu Namen danken wir.
Auf dem Fahrrad kommt Huub Oosterhuis ein Vers aus der Bibel in den Sinn. In der berühmten Bergpredigt fordert Jesus seine Jüngerinnen und Jünger zum Vertrauen auf: „Seht die Vögel unter dem Himmel an: Sie säen nicht, sie ernten nicht, und euer himmlischer Vater ernährt sie doch.“ Diese Zusage passt zu dem, was Oosterhuis an jenem Sonntagnachmittag in der Natur erlebt. Bibel und Natur inspirieren ihn zur dritten Liedstrophe:
Musik 3 – instrumental: Improvisation Jörg Josef Schwab und Wort (Strophe 3)
Du nährst die Vögel in den Bäumen.
Du schmückst die Blumen auf dem Feld.
Du machst ein Ende meinen Sorgen,
hast alle Tage schon bedacht.
Mit etwas Phantasie stelle ich mir vor, dass Huub Oosterhuis, dem wir inzwischen ja viele Lieder verdanken, damals auch an einem Friedhof vorbeigeradelt ist. Um Tod und Leben, um Vergänglichkeit und Hoffnung geht es nämlich in der vierten Strophe:
Musik 4 – instrumental: Improvisation Jörg Josef Schwab und Wort (Strophe 4)
Du bist das Licht, schenkst uns das Leben,
du holst die Welt aus ihrem Tod,
gibst deinen Sohn in unsre Hände,
er ist das Brot, das uns vereint.
Der niederländische Theologe Huub Oosterhuis hat später erzählt, dass er auf seiner Radtour von Winsum nach Groningen mit heftigem Gegenwind zu kämpfen hatte. Dafür ist Holland ja bekannt. Es gibt dort sogar Meisterschaften im „Gegenwindradfahren“. Da würde ich mich kaum anmelden, weil mich der Gegenwind immer ordentlich Kraft kostet, etwa auf den 13 Kilometern von zu Hause bis zum Büro.
Manchmal wird mir der Gegenwind aber auch zum Ansporn, und ich denke trotzig: Jetzt erst recht! Beides gehört zu meinem Leben und zum Glauben: Rückenwind und Gegenwind. Die Hauptsache ist, dass mich der Rückenwind nicht zu leichtfertig werden lässt, und dass der Gegenwind mich nicht entmutigt. Die letzte Liedstrophe nennt denjenigen, der mich liebevoll begleitet und mir Mut macht, wie ein Vater: „Du, Vater, bist in unsrer Mitte, machst deinem Wesen uns verwandt“. Das schöne Bild, dass Gott und die Menschen miteinander „verwandt“ sind, das stärkt mein Vertrauen und gibt meinem Leben Rückenwind.
Musik 5 – Chor: Strophe 5 mit CoroPiccolo
Darum muss jeder zu dir rufen,
den deine Liebe leben lässt.
Du, Vater, bist in unsrer Mitte,
machst deinem Wesen uns verwandt.
Quellen:
∙ Musik 1,3,4 – Improvisationen von Jörg Josef Schwab, Klavier, über das Lied „Solang es Menschen gibt auf Erden“; Begleit-CD (Track 7 und 8) zum Buch von Meinrad Walter: „Geh aus, mein Herz. Lieder der Schöpfung“. Verlag am Eschbach 2021. ISBN 978-3-86917-842-4 (der Verlag hat keinen Label-Code).
∙ Musik 2,5 – Chorsatz zum Lied: SWR-Archiv M0472059. Eigenproduktion des SWR mit dem CoroPiccolo.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=36335SWR2 Lied zum Sonntag
Musik
Give thanks with a grateful heart,
give thanks to the Holy One;
give thanks because He's given Jesus Christ, His Son.
„Give thanks“, so heißt unser heutiges Lied zum Sonntag. Es will ein Dank aus ganzem Herzen sein und heißt deshalb: „Give thanks with a grateful heart“. Der Komponist Henry Smith lebt in den USA. Dort, in Williamsburg in Virginia, hat er im Jahr 1978 eine Predigt gehört, die ihn zu diesem Lied inspiriert hat. Es ging dabei um das Thema „arm und reich“ anhand einer Bibelstelle aus dem Neuen Testament. Der Apostel Paulus schreibt der Gemeinde in Korinth, dass Gott in Gestalt seines Sohnes Jesus arm geworden ist, um uns, die Menschen, reich zu machen. Der Größte macht sich klein und schwach, um die Schwachen stark zu machen. Henry Smith bezog das ganz direkt auf sich. Er wollte nicht immer auf das schauen, wodurch ihn andere klein machen, zum Beispiel darauf, dass er schon früh erblindet ist. Sondern er wollte seinen inneren Reichtum erkennen und das allen weitersagen. Im Lied heißt es: „Jetzt lass den Schwachen sagen: Ich bin stark! Und der Arme soll sagen: Ich bin reich!“ Warum ist das so? Weil Jesus so viel für uns getan hat.
Musik
And now let the weak say: „I am strong“
Let the poor say: „I am rich“,
because of what the Lord has done for us.
Give thanks …
Wenn ich im Lied „Give thanks“ von arm und reich höre, muss ich spontan an den Schriftsteller Erich Kästner denken. Er hat nicht nur Kinderbücher wie „Emil und die Detektive“ oder „Das doppelte Lottchen“ geschrieben, sondern auch nachdenkliche Gedichte. Die Überschrift eines Büchleins heißt „Doktor Erich Kästners lyrische Hausapotheke“. Und ein poetisches Rezept darin handelt vom inneren Reichtum.
Musik
Eurobrass instrumental: Give thanks …
Kästner schreibt:
„Niemand weiß, wie reich du bist …
Freilich mein ich keine Wertpapiere,
keine Villen, Autos und Klaviere
und was sonst sehr teuer ist,
wenn ich hier von Reichtum referiere.
Nicht den Reichtum, den man sieht
und versteuert, will ich jetzt empfehlen.
Es gibt Werte, die kann keiner zählen,
selbst wenn er die Wurzel zieht.
Und kein Dieb kann diesen Reichtum stehlen.“
„Keiner weiß, wie reich du bist … (und du weißt es manchmal selber nicht.)“ So endet Erich Kästners Gedicht. Genau das will ich mir heute sagen lassen vom Lied und vom Gedicht. Manchmal habe ich die „Armutsbrille“ auf und meine Gedanken kreisen um das, was mir fehlt. Dann komme ich zum Beispiel ins Grübeln, ob ich nicht doch mehr Musik hätte machen sollen, vielleicht sogar ein Instrument studieren. Wenn ich aber die „Reichtumsbrille“ aufsetze, erlebe ich, wie Musik mein Leben bereichert, auch wenn ich eben mehr höre, als dass ich selber spiele. Musik beruhigt mich oft, aber sie inspiriert mich auch und sie kann mich im Alltag aufmuntern. Und das Lied „Give thanks“ von Henry Smith gehört schon lange zu meiner persönlichen „musikalischen Hausapotheke“.
Musik
Eurobrass instrumental
Musikquellen:
Musik 1 und 2: CD „Let nothing trouble you. Music of Arundel & Brighton in Lourdes“, Give thanks (Track 8), Michael Carver (Orgel), Anne Ward (Leitung), LC 62966
Musik 3 und 4: SWR-Archiv M0686648.012 = CD Eurobrass: „Treu ist der Herr / Faithful is the Lord“, Track 12: „Hab Dank“, Gerth Medien, Asslar
https://www.kirche-im-swr.de/?m=35861SWR2 Lied zum Sonntag
Musik 1: Klavier Intro
Am 10. April 1944, heute vor 78 Jahren, ist diese Musik entstanden, mitsamt dem Text aus drei Strophen. Ein Amateur-Komponist – Max Josef Metzger heißt er – hat dieses Lied unter schrecklichen Umständen verfasst. Er ist damals in einem Gefängnis bei Berlin inhaftiert. Weil ein Nazi-Gericht ihn wegen Hochverrats zum Tod verurteilt hat, sucht er Trost bei Jesus Christus. Für ihn ist dieser nämlich der eigentliche Herr über Leben und Tod. Vieles ist Max Josef Metzger schon genommen worden, vor allem seine Freiheit, jedenfalls die äußere. Seinen Osterglauben aber will er sich nicht rauben lassen. Deshalb betet und singt er: „Christ, der HERR, ist auferstanden, leibverklärt in Herrlichkeit“.
Musik 2:
- Christ der HERR ist auferstanden!
Leibverklärt in Herrlichkeit.
Kündet laut in allen Landen
Freiheit! Friede! Freudenzeit!
Singt Triumph! Denn überwunden
Ist der Feind! Der HERR gebeut!
Heiland aller Sünden Wunden,
bracht‘ Er die Erlösung heut‘.
Eine Woche nachdem er dieses freudige und lebensbejahende Lied geschaffen hat, wird der 57jährige Max Josef Metzger vom NS-Regime hingerichtet. Wer war dieser Widerstandskämpfer aus religiöser Überzeugung, der auch gedichtet und komponiert hat? Metzger war eine im musikalischen Sinn geradezu „polyphone“ Existenz: Priester und Pazifist; ein Visionär, der sich mit der Spaltung der christlichen Konfessionen ebenso wenig abfinden konnte wie mit dem Krieg zwischen Völkern. Er ist fest davon überzeugt, dass politische Machthaber niemals schrankenlos herrschen dürfen, als ob sie Gott wären. Auch sie müssen sich vor einer höheren Macht verantworten. Max Joseph Metzgers König ist Christus, der auf einem Esel in die Stadt Jerusalem reitet, der dem Leiden nicht aus dem Weg geht, und der von Gott an Ostern gerettet wird. Von ihm hat er gelernt, aufrichtig zu leben.
Musik 3:
- Christ der HERR ist auferstanden,
jubelt, die ihr todgeweiht!
Der des Teufels Kampf bestanden,
uns aus Höllenfron befreit.
Nimmer in dem Leib, dem neuen,
Leben mehr im Grab verwest.
Heil’gen Lebens froh, ihr Freien,
hebt das Haupt: ihr seid erlöst!
Max Josef Metzger ging selbstbewusst, mit „erhobenem Haupt“ in den gewaltsamen Tod. Sein Lied, das er in der Osterzeit des finsteren Jahres 1944 geschrieben hat, es führt uns in das helle Zentrum des christlichen Glaubens: „Christ, der Herr ist auferstanden“. Die „Heilige Woche“, die heute beginnt, ist der Weg dorthin: von Palmsonntag bis Ostern. Max Josef Metzger hat die Glaubwürdigkeit, die der Kirche heute oft fehlt, ganz kompromisslos gelebt. Ein Grund mehr für seine Seligsprechung, hoffentlich bald! Weil er mit Jesus gelebt hat, konnte er sogar mit österlichen Gedanken sterben. Sein geradezu hymnisches Lied mag uns einstimmen in diese besondere Woche, deren „Ouvertüre“ heute der Palmsonntag ist.
Musik 4:
- Christ der HERR ist auferstanden!
Erstling Seiner Heil’gen Schar.
Heil und Leben alle fanden
An des Herren Kreuzaltar.
Die mit Ihm ihr war’t gestorben,
Auferstanden seid ihr heut‘.
Was im Tod Er euch erworben,
Euer ist’s: die Herrlichkeit!
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Christ, der Herr, ist auferstanden
Komponist: T + M: Max Josef Metzger, komponiert am 10.04.1944
Eigenproduktion SWR, Studio Freiburg, mit Eduard Wagner (Tenor) und Jörg Josef Schwab (Klavier) am 4. April 2022
SWR2 Lied zum Sonntag
Musik 1
Felix Mendelssohn Bartholdy: Ausschnitt aus der Ouvertüre zum Oratorium „Elias“
Eine turbulente Musik! Felix Mendelssohn Bartholdy lässt uns hören, wie innerlich aufgewühlt der biblische Prophet Elias ist. Elias geht es so, wie es vielen heute geht. Er ist oft „mütend“ – das ist eine Mischung aus müde und wütend. Er ist kraftlos und gleichzeitig will er das Gute durchsetzen und verzweifelt an seiner übergroßen Aufgabe. Wenn etwas schiefgeht, sucht er die Schuld gern bei den anderen. Und am liebsten wäre es ihm, wenn Gott aus dem Himmel herabkäme, um ihm zu helfen, möglichst laut und spektakulär:
Musik 2
Elias: „Ach, dass du den Himmel zerrissest und führest herab!“
Der Prophet Elias ist mir sympathisch, weil er kein Blatt vor den Mund nimmt und sich mutig mit den Mächtigen anlegt. Er stellt alle zur Rede, vor allem seinen Gott. Aber er ist auch verbittert und enttäuscht. Er isoliert sich und führt lange Monologe. Weil Gott sich nicht zeigt, verliert er alle Kraft und überhaupt die Lust am Leben. „O, dass meine Seele stürbe“, singt er verzweifelt. Doch dann hört er in Mendelssohns Elias-Oratorium – nach zwei beruhigenden tiefen Klängen der Streichinstrumente – eine sanfte Stimme von oben, wie ein Engel: „Sei stille dem Herrn.“
Musik 3
Elias: „O, dass meine Seele stürbe, dass meine Seele stürbe“; und Alt-Solo:
„Sei stille dem Herrn und warte auf ihn;
der wird dir geben, was dein Herz wünscht.“
„Sei stille dem Herrn“. Unser Lied zum heutigen Sonntag ist ja gar nicht so still, sondern ganz bewegt. Aber es atmet die innere Ruhe, die mir manchmal fehlt, wenn ich „mütend“ bin wie Elias, oder wenn es mir schwerfällt, meine widersprüchlichen Gedanken zu sortieren. Manchmal gelingt es mir dann, aus der Musik Kraft zu schöpfen, sodass sich irgendwie der Knoten löst und sich eine neue Perspektive eröffnet. Die Musik sagt dann mehr, als was mir selber gerade einfällt. Sie nimmt mich mit auf ihrem Weg, Takt für Takt, so wie das von Mendelssohn komponierte Gebet „Sei stille dem Herrn“. Am schönsten darin klingt für mich die Pause kurz vor dem Schluss. Da passiert nichts Spektakuläres. Eigentlich hören wir nichts. Und doch ist in diesem stillen Moment alles gesagt. Das wünsche ich mir und uns an diesem Sonntag: Keine Stille, die leer ist oder langweilig. Sondern diese Momente, wenn Musik uns tief anspricht, wenn sie vielleicht sogar zu einem Gebet wird und wenn eine Pause mehr sagt als viele Worte.
Musik 4:
„… der wird dir geben, was dein Herz wünscht. Sei stille dem Herrn“ (Schluss)
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