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05DEZ2023
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Dieser Tage wollte ich eigentlich nur über den Weihnachtsmarkt laufen. Aber dann haben mich die Leckereien so angelacht, dass ich nicht widerstehen konnte. Was darf’s denn sein, junger Mann, hat der Verkäufer gefragt. Junger Mann, habe ich geantwortet, machen Sie keine Witze. Darauf er: Sie sind doch mindestens zwanzig Jahre jünger als ich, und ich bin gerade siebzig geworden. Das konnte ich nun gut und einfach ausrechnen, er siebzig, ich neunundfünfzig - Dann sind das nur elf Jahre Altersunterschied, habe ich gesagt.

Jetzt legte der Verkäufer erst richtig los: Nur? Allmächtiger! Was kann man in elf Jahren nicht alles anstellen!

Während meine Bestellung vor sich hin brutzelte, konnte ich in Ruhe über elf Lebensjahre nachdenken. Was habe ich eigentlich vor elf Jahren gemacht? Und vom Leben erwartet? Und, von allen Fragen vielleicht die wichtigste: Was habe ich aus diesen elf Jahren gemacht? In den Worten des Verkäufers: Was habe ich in der Zeit alles angestellt? Das klingt nicht von ungefähr nach Lausbubenstreich. Es geht ja nicht immer um schwerwiegende Entscheidungen, sondern auch um Dinge wie: Das wollte ich schon immer einmal ausprobieren. Oder: Da habe ich aber völlig danebengelegen. Und: Wirklich weiter gebracht hat es mich nicht, aber es war schön. Vielleicht auch: Das war schlimm, aber ich habe es überstanden.

Lebenszeit ist etwas Wunderbares: zerbrechlich, immer wieder einzigartig, voller Fehler. Aber doch meine einmalige, unverwechselbare Lebenszeit. Kein Wunder also, dass der Verkäufer den Allmächtigen angerufen hat. Denn da geht es ganz offensichtlich um mehr als nur eine kleine Rechenaufgabe zu einem Altersunterschied. Für das Leben, für seinen Anfang und sein Ende, ist Gott zuständig. Das steht in seiner Hand. Immer wieder betont die Bibel, wie kostbar und wichtig ihm jeder Augenblick ist. Deshalb: was nehme ich mir vor, für die kommenden elf Jahre, wenn ich sie erlebe. Was will ich mit ihnen anstellen?

Auch, wenn die Sachen vom Weihnachtsmarkt ja oft etwas teurer sind - sei’s drum: So viel Weisheit und Grund zum Nachdenken kriegt man beim Einkaufen selten.

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04DEZ2023
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Eigentlich ist es merkwürdig: Advent heißt Ankunft. Gemeint ist die Ankunft Jesu auf der Erde, bei uns Menschen. Dabei ist doch noch gar nicht Weihnachten. Es geht offensichtlich darum, sich erst einmal auf den Weg zu machen, um dann in einem zweiten Schritt an einem Ort anzukommen. Da ist es kein Zufall, dass es ein zweites Wort gibt, das die gleiche Bedeutung wie Advent hat: nämlich Abenteuer. Das glauben Sie nicht? Lassen Sie einfach beim Advent das „d“ weg, das spricht sich sowieso leichter, und machen Sie aus dem „w“ ein „b“, die beiden Laute sind eh verwandt, und schon hat sich der Advent in ein Abent-euer verwandelt.

Das Internet erklärt mir: „Als Abenteuer wird eine risikohaltige Unternehmung wie eine gefahrenträchtige Reise oder die Erforschung eines unbekannten Gebiets bezeichnet, die aus dem geschützten Alltagsbereich entfernen.“ (wikipedia)

Aha. Dann geht es also beim Advent darum, meinen Alltag hinter mir zu lassen und mich auf eine Reise zu begeben, bei der ich gar nicht weiß, wohin sie führt. Jedenfalls nicht dahin, wo ich schon immer in meinem Alltagstrott unterwegs bin. Am Ende lande ich sogar – nur um einmal ein Beispiel zu nennen – nachts bei Schafhirten in Bethlehem und mir erscheinen Engel.

Der Advent als Abenteuer. Die Reise in ein unbekanntes Gebiet. Und für wen ist die Begegnung mit Gott und mit den Geschichten über ihn nicht immer wieder Neuland?

Der Advent möchte sozusagen den Indiana Jones in uns wecken. Den mutigen Forscher, der sich vom Unbekannten faszinieren lässt. Und unglaublich neugierig ist, wo er dann ankommen wird. - Und wo bleibt das Risiko? Wenn man es ernst nimmt mit dem Advent, dann kann man nicht sicher sein, dass man nach dem Abenteuer noch derselbe ist. Man riskiert beim Adventsabenteuer sich selbst.

Nur eines ist im Advent bei allen möglichen Veränderungen klar: Gott ist es, der uns auf dem Weg schickt. Und er ist es, der auf die Abenteurer wartet.

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02DEZ2023
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Der erste Samstag im Advent ist heute, und die Läden werden voll sein: Das Weihnachtsgeschäft geht in die heiße Phase. Manche, die kaufen, und viele, die verkaufen, werden sich womöglich ein bisschen wie Sklaven fühlen, getrieben und gestresst. Aber unsere Weihnachtseinkäufe haben noch auf ganz andere Weise mit Sklaverei zu tun. Und daran möchte ich heute erinnern: Heute ist nämlich nicht nur erster Adventssamstag, sondern auch: Internationaler Tag zur Abschaffung der Sklaverei.

Sklaverei gibt es leider auch in unserem 21. Jahrhundert noch. Menschen müssen auf unwürdige Weise schuften. Arbeitsrechte und Menschenrechte gelten für sie nicht. In Bergwerken, wo Rohstoffe für unsere Handys aus der Erde geholt werden. Auf Plantagen, auf denen Kakao für Schokolade angebaut wird. Selbst bei der Herstellung von Kinderspielzeug gibt es sklaverei-artige Arbeitsbedingungen. Und ganz schlimm: Auch viele Kinder leiden darunter. Terre des Hommes, das Hilfswerk für Kinder, meldet: Zehn Millionen von ihnen müssen heute wie Sklavenarbeiten.                                                                                         

Was also kann ich tun? Ich habe mir vorgenommen: Ich will gerade bei meinen Weihnachtseinkäufen darauf achten, wo und wie sie hergestellt werden. Bei Schokolade ist das noch relativ einfach: Da gibt es mittlerweile sogar im Supermarkt viele Tafeln mit dem Fair-trade-Siegel. Bei anderen Sachen ist das schon schwieriger. Bei Kleidung zum Beispiel wird es komplizierter. Aber es existieren immerhin doch einige Labels, die klar sagen: Wir produzieren so fair wie möglich. Und beim Kinderspielzeug: Da bin ich auf die Aktion „Fair spielt“ gestoßen: Die setzt sich dafür ein, dass in der Spielzeugindustrie die Menschenrechte beachtet werden.

Ich weiß: Fair produzierte Sachen sind oft ein bisschen teurer. Und mancher wird sagen: Das kann ich mir nicht leisten. Andererseits will ich an Weihnachten keine Freude machen mit Dingen, für die andere Menschen wie Sklaven ausgebeutet wurden. Und ich kann es ja meinen Freundinnen und Freunden und meiner Familie an Weihnachten so erklären: Das ist jetzt vielleicht ein kleines, aber sehr feines Geschenk: Für dieses Geschenk musste kein Mensch wie ein Sklave arbeiten.

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01DEZ2023
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Jetzt geht er endlich los: der Advent! Ich hab mich tatsächlich dieses Jahr besonders auf ihn gefreut. Es ist gerade so viel Dunkelheit und Angst in der Welt, so viele Krisen, Kriege und so viel Trauer. Der Advent ist für mich die Zeit, die dem etwas entgegenzusetzen versucht: Licht und Hoffnung. Ich freu mich drauf, die Kerzen an meinem Adventskranz anzuzünden. Und immer mal wieder in Ruhe sein warmes Licht zu genießen. Ich freu mich drauf, jeden Tag die Türchen an meinen beiden Adventskalendern aufzumachen. Der mit Schokolade. Und der mit den wunderschönen Bildern und Texten. Ich freu mich drauf, auf meinem Sofa diese Texte zu lesen. Und auch die Geschichten aus der Bibel, die jetzt im Advent dran sind. Sie sagen mir immer wieder: Hab keine Angst! Fürchte dich nicht! Gott kommt auf diese Welt. Diese Welt ist nicht verloren.

 Ich freu mich darauf, die alten Adventslieder zu hören und zu singen. Auch die erzählen davon: Dass die Welt eben nicht verloren ist. Dass Gott kommt, um uns zu retten. In „Macht hoch die Tür, die Tor macht weit“, heißt es zum Beispiel: „All unsre Not zum End er bringt, derhalben jauchzt, mit Freuden singt.“ Auch das Lied ist übrigens – auch, wenn man das bei dem Freudenaufruf gar nicht glauben mag - in großer Krisenzeit entstanden. Der Text ist mitten im Dreißigjährigen Krieg geschrieben worden. Denn natürlich sind wir nicht die ersten und einzigen Menschen, die im Advent ganz besonders viel Hoffnung und Trost gebrauchen können.

Ich will mich in den kommenden Adventswochen wirklich von diesem Trost und Licht beschenken lassen. Will mir reichlich Kerzenschein und Musik gönnen. Das heißt nicht, dass ich den Dunkelheiten und schlechten Nachrichten dieser Tage ausweiche. Aber ich weiß auch: Ich kann mit ihnen besser umgehen, wenn ich immer wieder Positives tanke. Ich kann auch selbst wieder Licht sein und anderen Licht schenken, wenn ich mich vom Licht und von der Hoffnung bescheinen lasse.

In dem Sinne wünsche ich mir und Ihnen eine leuchtende und gesegnete Adventszeit!

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30NOV2023
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Heute startet sie in Dubai: die 28. Weltklimakonferenz. Zum ersten Mal sollte diesmal sogar ein Papst dabei sein. Aber leider musste Papst Franziskus kurzfristig absagen, aus gesundheitlichen Gründen. Ich denke, er wird trotzdem Wege finden, sich zu Wort zu melden! Denn das Thema ist ihm enorm wichtig. Immer wieder hat er in den letzten Jahren eindringlich zum Kampf gegen den Klimawandel aufgerufen.

2015 schon hat er als erster Papst ein Schreiben nur zum Thema Umwelt und Schöpfung veröffentlicht. Vor ein paar Wochen hat er dann nachgelegt, „Laudate Deum“ heißt sein aktuelles Schreiben. Es geht um das Lob auf die wunderbare Erde, die Gott uns geschenkt hat – und um die Verantwortung, die wir als Menschen für diese Erde haben.

Der Papst spricht Klartext, wenn er sagt: „Wie sehr man auch versuchen mag, sie zu leugnen, zu verstecken, zu verhehlen oder zu relativieren, die Anzeichen des Klimawandels sind da und treten immer deutlicher hervor … Tatsache ist, dass Millionen von Menschen aufgrund der verschiedenen Folgen des Klimawandels ihren Arbeitsplatz verlieren. Der Anstieg des Meeresspiegels, Dürreperioden und viele andere Phänomene, die den Planeten heimsuchen, haben etliche Menschen in Bedrängnis gebracht.“ (LD 5 / 10)

Natürlich kommt es vor allem auf die Politik an. Aber Papst Franziskus spricht auch jeden und jede einzelne von uns an. „Ich lade einen jeden ein, diesen Weg der Versöhnung mit der Welt, die uns beherbergt, zu begleiten und ihn mit einem eigenen Beitrag zu bereichern“ (LD 69), schreibt er. Ja, das will auch ich tun. Ich will in diesen Tagen, in denen in Dubai über das Weltklima beraten wird, auch wieder selbst überlegen: Was kann mein Beitrag sein, um unsere Erde zu bewahren? Kleine Dinge sind das: die Heizung etwas runterdrehen. Wege zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen. Mal wieder in den Unverpackt-Laden einkaufen gehen. Ich träume davon und ich glaube fest daran: Wenn viele Länder und wenn viele Menschen mitmachen, dann ist diese Erde, Gottes Schöpfung doch noch zu retten.

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29NOV2023
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In den letzten Wochen ist es mir schon manchmal schwergefallen, morgens das Haus zu verlassen. Wenn es draußen regnet und stürmt. Wenn feuchte Kälte in jede Ritze kriecht. Bestimmt war ich damit nicht alleine. Aber ich merke dann auch besonders, wie gut jeder kleine Lichtblick in diesen Tagen meiner Seele tut. Wenn zumindest einen Moment lang ein Stückchen blauer Himmel zu sehen ist. Wenn die Wolken aufreißen zwischen zwei Regenfronten und ab und zu sogar ein paar Sonnenstrahlen durchlassen. Es sind Tage, an denen dann auch ein Regenbogen in den Wolken erscheint. Natürlich weiß ich, wie so ein Bogen physikalisch entsteht. Trotzdem, wenn ich ihn in diesen Tagen sehe, dann muss ich einfach an Gottes Bogen in den Wolken denken. So jedenfalls steht es in der Bibel. Am Ende jener Geschichte, die von der alles zerstörenden Sintflut erzählt. Als der Regen nämlich endlich aufhört, heißt es da, da stellt Gott seinen Bogen in die Wolken. Als Friedenszeichen. Gott, der den Regen zuerst aus Zorn geschickt hatte, wie es die Bibel erzählt, besinnt sich also. Er will keine völlige Zerstörung mehr, kein unendliches Leid. Nie wieder, heißt es da. Gott stellt seinen Friedensbogen in die Wolken. Ein wunderbares Bild.

Was das Bild leider nicht verheißt: Dass es ab sofort kein Leid mehr geben wird. Das werden wir weiter ertragen müssen. Vermutlich auch, solange diese Welt existiert. Was es deshalb unbedingt braucht, sind solche Regenbogentage. Ganz besonders, wenn es mal wieder dicke kommt, es trübe und dunkel wird im Leben. Weil mir eine Krankheit zu schaffen macht. Weil ich einsam bin. Weil ein anderer mich tief verletzt und verstört hat. Dann sehne ich mich nach einem Lichtblick, der das Grau der trüben Gedanken für einen Moment durchbricht. Vielleicht ja durch eine nette Begegnung, die mich wieder aufleben lässt. Ein liebevolles Wort, das meine Seele streichelt. Oder auch einfach durch einen leuchtenden Regenbogen vor meinem Fenster. Mitten im tristen Novembergrau.

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28NOV2023
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Bärbel Bas, die Präsidentin des Deutschen Bundestags hat Klartext geredet: „Euer Verhalten widert die Leute an“. Ihren Abgeordnetenkolleginnen und -kollegen hat sie das kürzlich ins Stammbuch geschrieben. Immer wieder bekomme sie Zuschriften von Bürgern. Und die beschwerten sich darüber, dass sich manche Mitglieder im sogenannten Hohen Haus aufführten wie Halbstarke auf dem Pausenhof. Bas möchte nun erreichen, dass die Geldbußen für Pöbeleien und persönliche Beleidigungen im Parlament drastisch erhöht werden.

Dabei spiegeln die Umgangsformen mancher Abgeordneter ja nur wider, was sich seit ein paar Jahren überall zeigt. Leider! Man muss nur in Internetforen schauen. Im Bus den Leuten zuhören. Sich manche Slogans anschauen, die auf Demoplakaten herumgetragen werden. Natürlich darf ich aussprechen, was mich ärgert. Und wenn ein anderer in meinen Augen etwas falsch gemacht oder gesagt hat, dann darf ich ihm das auch sagen. Die Frage ist bloß, wie ich das tue. Und da ist auch mein Eindruck – nicht nur im Parlament – dass der Ton immer öfter verroht. Dass es gar nicht um die beste Lösung zu gehen scheint, sondern darum, den anderen abzukanzeln. Als minderbemittelt, gestört oder gleich als kriminell. Das Wort „Volksverräter“ für Politiker, die anders denken als man selbst, ist ein trauriger Tiefpunkt.

Klar, die Vorstellung, dass ICH auch falsch liegen könnte, nicht genug nachgedacht habe, ist schon schwer zu ertragen. Trotzdem soll es ja vorkommen, dass auch ein Anderer mal recht hat. Wer das dann auch zugeben kann, hat immerhin eine wichtige christliche Tugend gelernt. Sie heißt Demut. Der große Papst Johannes XXIII. hat das einmal wunderbar zum Ausdruck gebracht, als er zu sich sagte: „Johannes, nimm nicht dich nicht so wichtig.“ Ich darf mich ernst und auch wichtig nehmen. Bloß sollte ich dabei nie vergessen, dass ich nicht den Stein der Weisen habe, nicht schlauer oder besser bin als die meisten anderen. Ja, dass sogar das, was andere sagen, manchmal ernst und wichtig sein kann.                                                                           

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27NOV2023
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Eine Bekannte erzählt mir, dass sie bald Oma wird. Sie freut sich riesig auf das Enkelkind, fast so wie die werdenden Eltern. Aber dann erzählt sie mir, dass die jungen Eltern sich auch bohrende Fragen stellen. Ob das bei aller Vorfreude auf das Kind nicht irgendwie auch verantwortungslos ist. Ein Kind in eine Welt zu setzen, die scheinbar jede Woche mehr aus den Fugen gerät. Eine Welt, in der Krieg auch hier bei uns wieder vorstellbar wird. Eine Welt, bei der nicht mehr so ganz klar ist, ob sie klimatisch in fünfzig Jahren überhaupt noch bewohnbar sein wird. Was für eine Zukunft wird ein Kind erwarten, für das Eltern doch immer das Beste wollen.

Ich kann die jungen Leute verstehen. Ihre Fragen richten sich indirekt ja auch an mich und meine Generation: Was habt ihr damals eigentlich getan, um eine lebenswerte Welt zu hinterlassen? Und nun schaut euch an, was für eine Welt ihr uns stattdessen übergeben habt!

Ich bin mir sicher: Auch diese jungen Eltern werden Fehler machen, so wie wir auch. Auch sie werden am Ende nicht alles Menschenmögliche getan haben, um die Erde zu einem friedlichen, lebenswerten Ort zu machen. Aber ich bin mir auch sicher, dass sie kaum etwas Besseres tun können, als ein Kind in diese Welt zu setzen. Eine Welt die Hoffnung und Zuversicht so dringend braucht. Wir sind ja nicht nur Opfer der Verhältnisse. Wir können die Welt gestalten. Und in jedem Kind schlummert die Chance auf eine bessere Zukunft. Und deshalb wünsche ich diesen jungen Eltern auch, dass sie ihrem Kind genau das fürs Leben mitgeben können. Die felsenfeste Hoffnung, dass es immer möglich ist, etwas zum Besseren zu verändern, auch wenn es noch so unwichtig und unscheinbar erscheint. Im eigenen Umfeld, dem Ort, in dem ich lebe, in der Kirche. Verbunden mit der Zuversicht, dass das nicht nur theoretisch möglich ist, sondern dass es wirklich gelingen kann.

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25NOV2023
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Beziehungen enden nicht mit dem Tod. Wer sich liebhat, hört damit nie auf. Tod und Sterben, Abschied und Trauer sind bitter, aber sie können eine herzinnige Beziehung nicht zerstören. Wer in eine Trauer gefallen ist, weil ein Mensch nicht mehr lebt, dem haben die Leute meist einreden wollen, es käme jetzt darauf an, loszulassen, den Verstorbenen endgültig zu verabschieden. Wenn sie das endlich geschafft hätten, dann würden sie auch ihre Trauer los. Stattdessen hat sie das eher trostloser gemacht. Unendlich viel Leid und Schmerz haben Menschen zusätzlich zu dem schweren Verlust ertragen, weil sie sich vergeblich darum bemüht haben, genau dieses Lernziel zu erreichen.

Loslassen konnten sie aber nie. Wie auch? Beziehungen mögen nicht für immer sein, aber sie sind ewig, wenn sie aus Liebe sind. Darum ist es so wertvoll und wunderbar, dass Jesus selber auch genau das so gesagt hat. Als er sich nämlich hat verabschieden müssen aus diesem Leben, da hat er zu seinen Freundinnen und Freunden nicht gesagt: Ihr müsst mich jetzt halt loslassen. Schön war die Zeit… Sondern er hat ihnen erklärt, dass er jetzt schon einmal vorgeht, hinüber wechselt in die andere Welt, auf die andere Seite der Wirklichkeit Gottes, um alles für sie vorzubereiten. Es gäbe viele Wohnungen im Reich seines himmlischen Vaters, hat er gesagt. Da wäre Platz genug für alle, die nachkommen. Und er wolle dafür sorgen, dass das Himmelsbett schon gemacht ist, wenn wir kommen. „Damit ihr seid, wo ich bin!“ hat er gesagt. Es geht nicht ums Loslassen, sondern um das Überlassen, um das Anvertrauen. Trauer und Liebe lassen nicht los, sondern bleiben in Beziehung über den Tod hinaus. Wir räumen die Nähe derer, die wir lieben nicht aus, sondern ein, wir geben ihnen ihren Platz in unseren Herzen für immer und ewig. Wir bleiben in Beziehung und sind darum ziemlich himmelreich.

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24NOV2023
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Fernbeziehungen sind spannend. Mit Leuten in Kontakt zu bleiben, die man selten sieht, das lohnt sich. Da gibt es Freundschaften aus der Kindheit, aus der Schulzeit, der Ausbildung, dem Urlaub, dem Tanzkurs oder wo auch immer wir Menschen kennengelernt haben und dann unsere Wege gegangen sind. Freundschaften enden oft, weil man sich nicht mehr sieht. Unser Leben findet anders als das unserer Vorfahren nicht stabil nur an einem Ort statt. Wir sind Wandervögel, ziehen hier hin und da hin, je nachdem, wo es Arbeit und Wohnung gibt, und schon gehen uns Menschen verloren. Das passiert auch heute trotz digitalem Netz und modernster Kommunikation. Es passiert ganz ohne bösen Willen meist. Und doch gibt es ganz alte Methoden in Kontakt zu bleiben. Per Fernwärme sozusagen. Die hat schon in der Bibel funktioniert. Und ist doch aktuell und modern. Ich meine das Briefe schreiben. Die gute alte Methode mit einem Blatt Papier und einem Stift. Das erfüllt immer noch seinen Zweck. Wenn auch immer seltener.

Unverzichtbar ist es für die ersten Christen gewesen. Da hätte es ohne regelmäßigen Briefkontakt keine Gemeinden gegeben. Die Bibel berichtet ausführlich, wie der Apostel Paulus auf Missionsreisen christliche Gemeinden gegründet hat.  Aber er konnte ja nicht ewig an einem Ort bleiben, musste weiterziehen, heute hier, morgen dort sein.  So blieben die gerade getauften Leute bald sich selbst überlassen.  Und schnell kamen Fragen und Zweifel und allerlei Streit natürlich, wie man das macht, ein christliches Leben zu führen.

Da hat Paulus sich hingesetzt und angefangen jede Menge Briefe zu schreiben. Nach Rom, nach Korinth, nach Ephesus, nach Tessalonike. Hat so versucht zu ermutigen, zurecht zu weisen, aufzuklären, anzuleiten. Seine Brieffreundschaften haben die ersten Gemeinden stark gemacht. Wer schreibt, der bleibt…. Probieren Sie es ruhig mal wieder aus. Überraschen Sie ihre Freundinnen und Freunde mit einem Brief. Sie werden erfahren, wie das wirkt. Fernbeziehungen sind spannend - und warten auf Post.

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