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Herzlich Willkommen zur Christvesper an diesem Heiligen Abend.

Dieser Abend ist für viele Menschen besonders. Familie, Christbaum, Geschenke, der Duft von Weihnachtsplätzchen und vielleicht der Abendgottesdienst gehören ganz selbstverständlich dazu. Aber für zahlreiche Menschen ist all das heute keine Realität. Menschen, die einsam sind, in Kriegsgebieten leben oder aus ihrer Heimat flüchten mussten. Und für all diejenigen, denen heute, aus welchem Grund auch immer, vor lauter Angst und Sorge nicht nach feiern zumute ist.

Kann diese Nacht heilig sein, in dieser Zeit? JA, das glauben wir! Denn die Geburt Jesu vor über 2000 Jahren hat etwas verändert. Gott ist Mensch geworden – und zeigt uns damit: Das Leben soll anders werden! Gemeinsam mit Ihnen machen wir uns in der nächsten halben Stunde auf den Weg. Mit Musik und Texten wollen wir von der Kraft erzählen, die in der Krippe ihren Anfang genommen hat.

Die Nacht ist vorgedrungen (Ensemble Encore)

Wir hören nun das Weihnachtsevangelium, gelesen von Peter Binder.

In dieser Zeit befahl der Kaiser Augustus, dass alle Bewohner des römischen Reiches namentlich in Listen erfasst werden sollten. Eine solche Volkszählung hatte es noch nie gegeben. Sie wurde durchgeführt, als Quirinius Statthalter in Syrien war. Jeder musste in die Stadt gehen, aus der er stammte, um sich dort eintragen zu lassen.

Weil Josef ein Nachkomme Davids war, der in Bethlehem geboren wurde, ging er von Nazareth in Galiläa nach Bethlehem in Judäa. Josef musste sich dort einschreiben lassen, zusammen mit seiner Verlobten Maria, die ein Kind erwartete.

Als sie in Bethlehem waren, brachte Maria ihr erstes Kind, einen Sohn, zur Welt. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Futterkrippe im Stall, weil es im Gasthaus keinen Platz mehr gab.

In dieser Nacht bewachten draußen auf dem Feld einige Hirten ihre Herden. Plötzlich trat ein Engel Gottes zu ihnen, und Gottes Licht umstrahlte sie. Die Hirten erschraken sehr, aber der Engel sagte: „Fürchtet euch nicht! Ich bringe euch und allen Menschen eine große Freudenbotschaft: Heute ist für euch in der Stadt, in der schon David geboren wurde, der lang ersehnte Retter zur Welt gekommen. Es ist Christus, der Herr. Geht und überzeugt euch selbst: Das Kind liegt, in Windeln gewickelt, in einer Futterkrippe!“

Auf einmal waren sie von unzähligen Engeln umgeben, die Gott lobten: „Gott im Himmel gehört alle Ehre! Denn er wendet sich den Menschen in Liebe zu und bringt der Welt den Frieden.“ Nachdem die Engel in den Himmel zurückgekehrt waren, beschlossen die Hirten: „Kommt, wir gehen nach Bethlehem! Wir wollen sehen, was dort geschehen ist und was der Herr uns verkünden ließ.“ Sie machten sich sofort auf den Weg und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Futterkrippe lag. Als sie es sahen, erzählten die Hirten, was ihnen der Engel über das Kind gesagt hatte. Und alle, die ihren Bericht hörten, waren darüber sehr erstaunt. Maria aber merkte sich jedes Wort und dachte immer wieder darüber nach.

Schließlich kehrten die Hirten zu ihren Herden zurück. Sie lobten und dankten Gott für das, was sie in dieser Nacht erlebt hatten. Alles war genauso gewesen, wie es der Engel angekündigt hatte. (Lk 2,1-20)

Zu Betlehem geboren (Harmonic Brass)

„Als sie in Bethlehem waren, brachte Maria ihr erstes Kind, einen Sohn, zur Welt.“

Das ist Weihnachten. Das ist es, was wir heute feiern. Am Heiligen Abend. Ich habe allerdings das Gefühl, dass viele Menschen nur diesen Satz in der Weihnachtsgeschichte hören. Vielleicht noch das mit den Engeln und den frohen Hirten. Weil am Heiligen Abend immer alles irgendwie schön sein soll. Friedvoll und nett.

Aber, wenn man diese alte Geschichte genau anschaut, dann hat die Geburt so gar nichts zu tun mit Friede, Freude und heiler Welt: Angefangen mit Maria, die einfach so schwanger wird. Durch, Gottes Wirken, wie es heißt. Und Josef, der wahrscheinlich andere Pläne für sein Leben hatte und tatsächlich überlegt hat, ob er Maria verlassen soll. Dann diese beschwerliche Reise von Nazareth nach Betlehem und dort dann weit und breit kein keine Unterkunft.

Wie Maria und Josef sich wohl gefühlt haben müssen? Nicht willkommen zu sein, so abgewiesen zu werden und so auf die Hilfe von anderen angewiesen zu sein. Und dann zwischen den Tieren dort ein Kind auf die Welt zu bringen. Diese heilige Nacht muss wirklich ziemlich erbärmlich gewesen sein.

Dass es Nacht war, wissen wir übrigens nur, weil erzählt wird, dass die Hirten nachts gewacht haben. Die Nacht ist hier auch ein Symbol.  Eines für die Nacht der Welt, für alles, was schwer ist, ungemütlich und schlimm.

Als Gegenstück dazu, wird in vielen Darstellungen die Krippe in Licht getaucht, ja mit einem Licht, dass aus der Krippe selbst kommt. Und dieses Licht steht für die Hoffnung, die es trotz aller Dunkelheit gibt. Die man nicht so einfach erklären kann.

Aber an den Hirten merkt man es. Sie kommen, sehen das Kind und gehen beschwingt und froh zurück. Dabei hat sich für sie nichts verändert. Sie haben ein einfaches Kind gesehen. In einem Stall. In einer Krippe, die eigentlich für das Futter der Tiere bestimmt war. Aber dieses Kind ist für sie das Zeichen, dass sie nicht alleine sind. Das Zeichen, dass Gott sie nicht alleine lässt. Weder in dieser Nacht noch sonst. Dass es jemanden gibt, der an sie denkt und für sie da ist, wenn das Leben schwer wird, in den einsamen Stunden. Und das ist für mich Weihnachten! Die Erinnerung daran, dass ich, egal, ob ich abgewiesen werde, mich alleine fühle oder nicht weiß wohin, egal, was auch kommen mag – eben nicht alleine bin.

Zündet die Lichter der Freude an (Jugendchor St. Kolumban, Wendlingen)

Eine heilige Nacht

Meine Kinder und ich, wir waren gerade umgezogen. Die Kisten noch nicht ausgepackt. Nur die Betten sind aufgebaut und ein bisschen Geschirr steht in der Küche. Und heute ist Heiligabend. Mit Mini-Tannenbaum im Topf, ohne Lichterkette, ohne Kugeln, die haben wir im Umzugstrubel nicht gefunden. Dafür stehen drei große Holzengel auf dem Boden im Wohnzimmer. Sie sind erst ein paar Tage alt, ich habe sie beim Weihnachtsbasteln im Kindergarten gemacht. Ich finde, die sind richtig schön geworden. Ein dicker Holzscheit und oben drauf als Kopf eine weiße Gipskugel und hinten, quasi auf dem Rücken, große weiße Gips-Flügel; die sehen aus wie bei einem Schmetterling.

Es ist das erste Weihnachten nach der Trennung von meinem Mann. Die Kinder sind bei mir. Zusammen gehen wir ins Krippenspiel, in unsere alte Kirchengemeinde, da, wo wir alle kennen. Anschließend fahren wir zurück, in ein fremdes Haus, an einen fremden Ort. Immerhin, wir haben ein Dach über dem Kopf.

Wir brutzeln rote Wurst auf dem Tischgrill, Kartoffelsalat haben wir vom Metzger geholt. Der Papa kommt zum Essen vorbei, die Kinder freuen sich. Und das ist mir wichtig. Singen und die Weihnachtsgeschichte lesen, darauf hat in diesem Jahr niemand richtig Lust. Die Stimmung ist trotzdem nicht so schlecht. Wir reden. Über das, was kommt, wie wir die Zimmer einrichten wollen, dass man von hier zur Schule nur 5min braucht, und dass es sogar einen Fußballverein für Mädchen gibt.

Irgendwann wird mir kalt, ich friere. Vielleicht bin ich einfach übermüdet. Also setze ich eine Kanne Früchtetee auf; der hilft wenigstens gegen die Kälte. Und bin in diesem Moment sehr froh über die große Dose mit Plätzchen und Lebkuchen von der Oma; die ist jetzt genau richtig. Irgendwann fragt der Jüngste: Kannst Du was vorlesen? Was aus „Engel, Hase, Bommelmütze“? Klar kann ich das. Ich hole das Buch mit den 24 Adventsgeschichten, das habe ich griffbereit in der Handtasche. Wir sind in diesem Jahr nur bis Tag 14 gekommen, dann mussten wir Kisten packen.

Während ich lese, wird es immer kälter. Und irgendwann ist klar: Die Heizung tut nicht mehr. Ich habe keine Ahnung, wen ich anrufen könnte. Es würde eh keiner kommen an Heiligabend. Die Kinder wissen sich zu helfen und suchen und finden tatsächlich ihre Schlafsäcke. Und dann fangen sie an, mitten im Wohnzimmer ein Lager zu bauen. Zwischen den Umzugskisten, mit Decken und ihren Kuscheltieren. Ich hole mir noch eine Jacke und lese dann, eine Geschichte nach der anderen. Irgendwann bin ich bei Nummer 24 angekommen, beim Finale. Der kleine Engel weiß endlich, was er dem Christkind schenken kann; die ganze Adventszeit hat er sich Gedanken gemacht. Und auf einmal ist ihm klar: Er hat doch schon das schönste Geschenk: Es sind all die Geschichten, die er in den letzten Wochen auf der Erde erlebt und gehört hat. Von Menschen, die gehofft oder geheult haben, die einsam oder glücklich waren, ungeduldig oder neugierig. Oder voller Sehnsucht.

Und dann lese ich die letzten Sätze vor und erzähle den Kindern, wie der Engel all diese Geschichten mit in den Himmel nimmt – und ich sehe, dass die Kinder eingeschlafen sind. In ihrem Lager zwischen den Umzugskisten. Die Schlafsäcke hochgezogen bis an die Nasenspitze, ihre Kuscheltiere fest im Arm.

Diese heilige Nacht war eine friedliche Nacht, wirklich ganz unerwartet friedlich. So können heilige Nächte sein.

Hark the herald angels sing (Berdien Stenberg)

Gott, Du bist zu uns gekommen, als Kind in einer Futterkrippe, in einem abgelegenen Stall. Und Du hast es geschafft, dass von diesem Ort neue Hoffnung ausgeht.

Wir bitten Dich heute für alle, die an unwirtlichen Orten leben – in Blechhütten vor den Städten, in Zelten und Turnhallen, auf der Straße oder im Park.

Wir bitten Dich für alle, die Angst haben – vor Gewalt, vor dem nächsten Bombenangriff, vor aller Ungewissheit, weil sie auf der Flucht sind.

Wir bitten Dich für alle, denen es gerade heute nicht gut geht – weil sie traurig oder einsam sind, weil es Streit in der Familie gibt oder der Kontakt zu den Liebsten abgerissen ist.

Wir bitten Dich für uns selbst:
Lass uns diesen Anfang im Stall wachhalten. Damit die Hoffnung bleibt: auf Friede, Freude und Gerechtigkeit.

Alle Bitten, die jetzt ausgesprochenen wurden und alle, die in unseren Gedanken und Herzen sind, wollen wir im „Vater unser“ zusammennehmen. Lassen Sie uns gemeinsam beten:

VATER UNSER IM HIMMEL

GEHEILIGT WERDE DEIN NAME.

DEIN REICH KOMME.

DEIN WILLE GESCHEHE

WIE IM HIMMEL SO AUF ERDEN.

UNSER TÄGLICHES BROT GIB UNS HEUTE.

UND VERGIB UNS UNSERE SCHULD,

WIE AUCH WIR VERGEBEN UNSERN SCHULDIGERN.

UND FÜHRE UNS NICHT IN VERSUCHUNG,

SONDERN ERLÖSE UNS VON DEM BÖSEN.

DENN DEIN IST DAS REICH UND DIE KRAFT UND DIE HERRLICHKEIT

IN EWIGKEIT.

AMEN.

Nun freut euch ihr Christen (Matthias Degott, Jürgen Ochs, Rastatter Hofkapelle)

Gott,
an vielen Orten auf der Welt herrscht Krieg,
auch heute Nacht
Viele Menschen sind einsam
auch heute Nacht.

Und trotzdem:
viele Menschen hoffen,
gerade heute Nacht.

Segne diese Nacht, Herr.
Und segne uns und all unsere Begegnungen.

Du, der Vater, der Sohn und der Heilige Geist.
Amen.

 

Mit dem Lied „Stille Nacht, heilige Nacht“ geht die Christvesper nun zu Ende. Am Mikrofon waren Manuela Pfann und Pfarrer Wolfgang Metz von der katholischen Kirche. Wir wünschen Ihnen gesegnete Weihnachten und eine friedvolle heilige Nacht.

Stille Nacht, heilige Nacht (SWR Vokalensemble Stuttgart)

https://www.kirche-im-swr.de/?m=39022
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Ein erstauntes „O!“ ist mir über die Lippen gekommen, als ich dieses Jahr eine kleine Entdeckung gemacht habe: in meinem evangelischen Gesangbuch beginnen 35 Lieder mit genau diesem Wort, das nur aus einem einzigen Buchstaben besteht. Mit dem kleinen Wörtchen „O“. Und wenn ich die einzelnen Strophen der Weihnachtslieder durchgehe, dann kommen noch eine ganze Menge mehr dazu. O! Das ist ein Ausruf, der weihnachtlicher nicht sein könnte: Bewunderung steckt darin und auch ganz viel Staunen.

Ja, Weihnachten lässt mich staunen, mit offenem Mund und weit geöffneten Augen. Wer staunt, öffnet aber nicht nur seinen Mund, sondern macht auch den Kopf und das Herz weit. Und eine offene Körperhaltung und ein offener Geist nehmen viel mehr vom Leben wahr und von seinen Geheimissen. Und hier kommt auch schon ein erstes Lied zum Staunen:

O Tannenbaum, o Tannenbaum,
wie grün sind deine Blätter!
Du grünst nicht nur zur Sommerszeit,
nein, auch im Winter, wenn es schneit.
O Tannenbaum, o Tannenbaum,
wie grün sind deine Blätter!
O Tannenbaum, o Tannenbaum,
du kannst mir sehr gefallen.
Wie oft hat nicht zur Weihnachtszeit
ein Baum von dir mich hoch erfreut!
O Tannenbaum, o Tannenbaum,
du kannst mir sehr gefallen!

In meinem Leben habe ich schon einige Tannenbäume bestaunt. Zum Beispiel bei meinen Eltern zuhause. Meine Mutter wird auch in diesem Jahr wieder die Strohsterne, Papierengel und Goldpapiergirlanden aufhängen, die wir als Kinder gebastelt haben. Und auch das inzwischen ziemlich zerknitterte Lametta, das sie sorgfältig verwahrt in einer alten Zeitung aus den 60er Jahren. Oder der Baum einer Freundin: Sie hat ein Händchen dafür, ihren Baum jedes Jahr in einer anderen Grundfarbe zu schmücken. In diesem Jahr glänzt er lila und gefällt mir deshalb besonders gut. Und mein eigener Christbaum erzählt die Geschichte unserer großen Patchworkfamilie. Seit zwei Jahren sind mein Mann und ich und nun verheiratet, und an den Ästen unseres Baumes treffen sich die unterschiedlichen Familiengeschichten und verschiedene Traditionen aus unserer Vergangenheit. So viel Grund zu staunen: O Tannenbaum, wie bunt sind deine Blätter!
So ein Tannenbaum will aber nicht nur bestaunt werden, er will uns mit seinem grünen Winterkleid auch einen sachten Wink geben:

O Tannenbaum, o Tannenbaum,
dein Kleid will mich was lehren:
Die Hoffnung und Beständigkeit
gibt Trost und Kraft zu jeder Zeit.
O Tannenbaum, o Tannenbaum,
dein Kleid will mich was lehren.

Hoffnung und Beständigkeit. Trost und Kraft. Wenn ich Ihnen zu Weihnachten etwas schenken könnte, dann würde ich Ihnen diese vier Sachen unter den Tannenbaum legen. In Goldpapier gewickelt. Denn ich schenke gerne etwas, was mir auch selbst guttut, und diese vier Gaben sind mir in diesem Jahr besonders kostbar geworden: Beständigkeit, weil vieles, was ich immer als selbstverständlich hingenommen haben, plötzlich in die Brüche gegangen ist. Wie der Frieden in Europa. Hoffnung, weil ich mit angesehen habe, was junge Leute im Alter meiner Kinder alles tun aus Verzweiflung über den fahrlässigen Umgang mit unserer Umwelt. Sie kleben sie sich auf Straßen fest oder beschmieren Kunstwerke in Museen. Ich möchte ihnen so gern wieder Lust und Hoffnung auf die Zukunft machen, wie es jungen Leuten ansteht. Auch ein großes Kraftpaket möchte ich Ihnen geben, weil ich weiß, wie anstrengend das Leben manchmal ist. Und ganz viel Trost. Weil es nichts Schöneres gibt als getröstet und getrost zu sein.  

Manchmal hilft mir der kleine Buchstabe o dabei auszusprechen und loszulassen, was mir Angst und Sorgen macht. Mit dem O kann ich seufzen und klagen. Und spüren, wie heilsam das ist: O weh, es ist Krieg! O weh, die Erde leidet! O weh, unter so viel Katastrophen! O je, wie lange werden wir noch Gas und Geld zum Heizen haben? O je, was kommt da alles auf uns zu? O je!

Haben Sie gewusst, dass dieser Stoßseufzer sogar ein kurzes Gebet ist? Denn das Je in O Je ist die Abkürzung für Jesus. Und jedes Mal, wenn ein Mensch sein Ojeoje anstimmt, fühlt Jesus sich angesprochen, merkt auf und hört genau hin. Auch damals, als Jesus geboren wurde, war die Welt nämlich nicht in Ordnung.
Hören wir einmal hinein in die Weihnachtsgeschichte. Mein Mann Volker Steinbrecher liest sie aus dem Lukasevangelium in der Übersetzung von Martin Luther:

Lukas 2, 1-5
Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt. Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das judäische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war, auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger. 

Die große Weltpolitik hat Auswirkungen auf das Leben der kleinen Leute. Das war vor 2000 Jahren nicht anders als heute. Da hat der Kaiser Augustus eine Volkszählung angeordnet, um seine Steuereinnahmen zu verbessern, und jede einzelne Familie musste zusehen, wie sie das für sich organisiert kriegt. Heute will ein Präsident Krieg führen und das Nachbarland überfallen, und junge Männer müssen an die Front. Söhne, Brüder, Väter, Ehemänner. Und alle Menschen in den Kriegsgebieten müssen hinnehmen, dass in ihrem Leben nichts mehr so ist, wie es eigentlich sein soll. So ist es heute und so war es damals schon, zur Zeit, als Jesus geboren wurde. Was der Herrscher sich in den Kopf gesetzt hat, das betrifft die Menschen in den fernsten Provinzen seines Reiches. Da wird nicht gefragt, wer mitmachen will. Wer überhaupt in der Lage ist, weite Wege oder harte Kämpfe auf sich zu nehmen. Lange Fußmärsche sind nun wirklich nichts für eine hoch schwangere Frau. Ich stelle mir vor, wie froh Maria und Josef gewesen sind, als nach vielen Tagereisen endlich das Städtchen Bethlehem in der Ferne am Horizont aufgetaucht ist. Und ich höre ihre Seufzer der Erleichterung.

O Bethlehem, du kleine Stadt, wie stille liegst du hier,
du schläfst, und goldne Sternelein ziehn leise über dir.
Doch in den dunklen Gassen das ewge Licht heut scheint
für alle, die da traurig sind und die zuvor geweint.

Die Freude über die Ankunft in Bethlehem hält allerdings nicht lange an. Denn die Stadt ist völlig überfüllt; nirgends findet sich ein Quartier. Und die Zeit drängt. Denn bei Maria setzen allmählich die ersten Wehen ein.  

Lukas 2, 6+7
Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Und 
sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.

O Jesulein zart, dein Kripplein ist hart,
o Jesulein zart, wie liegst du so hart.
Ach schlaf, ach tu die Äuglein zu,
schlaf und gib uns die ewige Ruh'!
O Jesulein zart, dein Kripplein ist hart.

Seid stille, ihr Wind’, lasst schlafen das Kind!
All’ Brausen sei fern, es ruhen will gern.
Schlaf, Kind, schlaf, tu die Äuglein zu,
schlaf und gib uns die ewige Ruh’!
Seid stille, ihr Wind’, lasst schlafen das Kind!

Auf der Flucht geboren. Weit weg von zuhaus. Damals, im Februar 1945. Ein eiskalter Winter war das. Trotzdem haben Unzählige sich auf den Weg gemacht. Aus Furcht vor dem Vormarsch und den drohenden Vergeltungstaten einer fremden Armee. Haben nur das Notwendigste mitgenommen. Noch ein paar Schätze im Garten vergraben, wo der gefrorene Boden das zugelassen hat. Mehrere Schichten Kleider übereinander angezogen. Auch schwangere Frauen sind auf den Trecks dabei. Manche sind am Wegesrand niedergekommen. Mit ein bisschen Glück in einer Scheune. Ohne Hilfe, ohne Heizung, ohne Versorgung. Haben ihr Neugeborenes in Windeln gewickelt, in Tücher, in Decken, es in Leiterwagen gelegt, sich um den Leib gebunden. Nicht alle haben diese Strapazen überlebt.

Nichts mehr sich bewegt, kein Mäuschen sich regt,
zu schlafen beginnt das herzliche Kind.
Schlaf denn und tu dein' Äuglein zu,
schlaf und gib uns die ewige Ruh'!
Schlaf, Jesulein zart, von göttlicher Art!

Wer Schmerzen hat, schreit sie mit einem langen A hinaus. Das A ist der Schmerzenslaut. Und Geburten sind weiß Gott eine schmerzhafte Angelegenheit. Wer einen Geburtsvorbereitungskurs besucht, lernt deshalb Atemübungen für den Moment, wenn es so weit ist. Trainiert, den Schmerz der einsetzenden Wehen zu veratmen, tief hinein in den Unterleib. A E I O U. Die fünf Vokale sind im menschlichen Körper nämlich unterschiedlich verortet. Das U reicht am weitesten hinab. Sitzt ganz tief. Das O sitzt dagegen in der Mitte des Körpers, im Fokus rund um den Solarpelxus, dort, wo deine Kraft herkommt. Dein Potential. Das O kommt nach dem Schmerz, nach den Wehen. Mit dem O kommt das Staunen. Mit dem O kommt das überwältigende Gefühl für das Wunder eines neuen Lebens, egal unter welchen Umständen es geboren wurde, egal in welche Welt hinein.

O Kindelein, von Herzen will ich dich lieben sehr,
in Freuden und in Schmerzen, je länger mehr und mehr.
Eia, eia, je länger mehr und mehr.

Dazu dein Gnad mir gebe, bitt ich aus Herzensgrund,
dass dir allein ich lebe jetzt und zu aller Stund,
eia, eia, jetzt und zu aller Stund.

Noch einen weiteren O-Ton finde ich in der Weihnachtsgeschichte. Wir haben schon den Ruf der Erleichterung gehört, die Laute des Staunens über das Wunder des Lebens nach einer schweren Geburt und ein zärtliches Wiegenlied. Und jetzt kommt noch das lautstarke „Boah!“ der Hirten dazu, denen mitten in der Nacht der Himmel aufreißt und ein Engel Ungeheuerliches zu sagen hat:

Lukas 2, 8-14
Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und des Herrn Engel trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.

O Heiland, reiß die Himmel auf,
Herab, herab, vom Himmel lauf!
Reiß ab vom Himmel Tor und Tür,
Reiß ab, wo Schloss und Riegel für!

O Gott, ein' Tau vom Himmel gieß;
Im Tau herab, o Heiland, fließ.
Ihr Wolken, brecht und regnet aus
Den König über Jakobs Haus.

O Erd', schlag aus, schlag aus, o Erd',
Dass Berg und Tal grün alles werd'
O Erd', herfür dies Blümlein bring,
O Heiland, aus der Erden spring.

Die Hirten, die damals auf den Feldern von Bethlehem ihre Schafe gehütet haben, waren vom Leben nicht gerade verwöhnt. Es gab komfortablere Arten, sein Geld zu verdienen als Tag und Nacht bei Wind und Wetter da draußen. Aber was sollten sie machen? Realistische berufliche Aufstiegschancen hatte keiner von ihnen. Und dass sich politisch grundsätzlich etwas ändern würde, daran haben sie schon längst nicht mehr geglaubt. Sie sind halt ihrer Arbeit nachgegangen. Vierundzwanzig Stunden sieben Tage die Woche. Auch an diesem Tag. Irgendwann war Feierabend. Und dann reißt plötzlich der Himmel auf. Auch für dich. Und die Worte eines Engels treffen dich mitten ins Herz und rühren etwas an, was darin schon lange begraben liegt. Und dann kommt alles heraus. Die ganze große Sehnsucht nach einem Leben, das auch ganz anders sein könnte.   

O klare Sonn', du schöner Stern,
Dich wollten wir anschauen gern.
O Sonn', geh auf, ohn' deinen Schein
In Finsternis wir alle sein.

Lukas 2, 15-16
Und da die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: Lasst uns nun gehen gen Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat. Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen. 

O seht in der Krippe  im nächtlichen Stall,
seht hier bei des Lichtleins hell glänzendem Strahl,
in reinlichen Windeln das himmlische Kind,
viel schöner und holder als Engel es sind.

Mit den Hirten an der Krippe stehen. Das ist für mich der Augenblick, in dem das ganze Weihnachtsgewimmel endlich ans Ziel kommt. Und der Moment, in dem auch ich ankommen darf. Nichts mehr tun, nichts mehr vorbereiten, auf nichts und niemand mehr warten muss. Einfach nur da sein. Ich stelle mir die Szene im Stall von Bethlehem vor und suche mir meinen Platz darin. Vielleicht ganz vorne in der ersten Reihe, direkt an der Krippe. Oder doch eher am Rand. Lieber weiter weg und dafür den Überblick behalten. Und dann fange ich an zu staunen. Darüber, dass der Engel mich nicht betrogen hat wie andere, die mir auch schon das Blaue vom Himmel herunter versprochen haben. Darüber, dass in diesem Moment einfach Frieden ist und ich meine Unruhe für eine Weile beiseitelegen darf, genauso wie meine Sorgen um die Zukunft. Und dann nehme ich diesen kostbaren Moment als Einladung, einem Gott mein Vertrauen zu schenken, der solche Geschichten mit den Menschen schreibt. Vielleicht beuge ich meine Knie. Und bete. Und wenn es nur ein einzelnes O ist, das mir über die Lippen geht. Ein Seufzer der Erleichterung. Ein Ausruf des Staunens. Eine Sehnsucht, die endlich herauswill. Oder eine Träne, die fließen darf.

O beugt wie die Hirten anbetend die Knie,
erhebt eure Hände und danket wie sie.
Stimmt freudig, ihr Kinder, wer soll sich nicht freun,
stimmt freudig zum Jubel der Engel mit ein!

Lukas 2, 17-20

Da sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, welches zu ihnen von diesem Kinde gesagt war. Und alle, vor die es kam, wunderten sich über die Rede, die ihnen die Hirten gesagt hatten. Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen. Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.

Nun singet und seid froh,
jauchzt alle und sagt so:
Unser Herzens Wonne
liegt in der Krippe bloß
und leuchtet als die Sonne
In seiner Mutter Schoß.
|: Du bist A und O. :|

A und O. Alpha und Omega. Erster und letzter Buchstabe des griechischen Alphabets. In dieser Sprache hat Lukas seine Weihnachtsgeschichte zum ersten Mal aufgeschrieben. Inzwischen ist sie in alle Sprachen der Welt übersetzt worden. Auf Deutsch müssten wir also eigentlich A und Zett sagen. Aber ich bleibe lieber beim A und beim O. Und ich glaube, nach so vielen O-Tönen hören und verstehen Sie nun auch, warum. E liegt so viel in diesem O. Kind in der Krippe, du bist A und O. Bist der Anfang und das Ende. Hast die ganze Welt in deiner Hand. Und dich und mich.

Gottes Segen begleite Sie nun auf Ihrem Weg in die Heilige Nacht.
Gott segne dich mit Hoffnung und Beständigkeit, mit Trost und Kraft zu jeder Zeit.
Vergiss das Staunen nicht, die Sehnsucht und die Zärtlichkeit.
Gott segne deinen Ausgang und deinen Eingang, jeden Anfang und jedes Ende. Amen.

Und nun stimmt ein, singt alle mit, als Antwort, als Bekenntnis: O du fröhliche, o du selige, gnadenbringende Weihnachtszeit!

O du fröhliche, O du selige,
gnadenbringende Weihnachtszeit!
Welt ging verloren, Christ ward geboren:
Freue, freue dich, O Christenheit!

O du fröhliche, O du selige,
gnadenbringende Weihnachtszeit!
Christ ist erschienen, uns zu versühnen:
Freue, freue dich, O Christenheit!

O du fröhliche, O du selige,
gnadenbringende Weihnachtszeit!
Himmlische Heere jauchzen dir Ehre:
Freue, freue dich, O Christenheit!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=36772
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Ich freue mich mit Ihnen zusammen nun auf eine halbe Stunde Besinnung. Auf wunderbare Weihnachtsmusik von Ella Fitzgerald, dem SWR-Vokalensemble oder den Pentatonix. Auf die Weihnachtsbotschaft aus dem Lukasevangelium –stimmungsvoll vorgetragen von Elisabeth Verhoeven. Und wenn Sie möchten auch darauf mit Ihnen gemeinsam am Radio zu beten – an diesem zweiten  Heiligen Abend im Ausnahmezustand! Noch immer ist Pandemie und wir können Weihnachten nicht so feiern, wie wir es gewohnt sind. Aber Weihnachten fällt deswegen nicht aus. Denn auch Gott kam in einem Ausnahmezustand zur Welt. Und will gerade jetzt bei uns sein. Jesus Christus hat einmal gesagt: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ (Mt 18,20) Darauf dürfen wir vertrauen und uns mit Gott verbunden fühlen im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

Weihnachtsstimmung, so geht es mir, die stellt sich in diesem von Katastrophen geprägten Jahr nicht so einfach ein. Schon fast zwei Jahre Pandemie, die an den Nerven zehrt. Und im Sommer die verheerende Flutkatastrophe im Ahrtal. Mit einem Seelsorger, der seit Tag eins dort unterwegs ist, habe ich vor kurzem gesprochen. Er sagte einen auf den ersten Blick überraschenden Satz: „Es war im Ahrtal noch nie mehr Adventsstimmung als in diesem Jahr.“ Aber damit meinte er nicht Weihnachtsmärkte, Lichterglanz oder Glühweinlaune. Nein, er meinte die eigentliche Bedeutung des Advents. Er begründete es damit, dass das Sehnen  und Hoffen auf etwas noch nie so groß war wie in diesem Jahr. Und ich glaube das gilt nicht nur für die Menschen im Ahrtal, die alles verloren haben. Es gilt auch für die  Menschen, die den heutigen Abend einsam verbringen müssen. Für die Menschen, die sich für andere auf den Intensivstationen aufreiben. Sie alle  warten und hoffen auf eine bessere Zukunft und auf einen Gott, der jetzt mit ihnen diese Situation aushält. Auf einen „Immanuel“, was übersetzt bedeutet: „Gott mit uns“. Diesen Namen gibt Gott sich im Matthäusevangelium nicht zufällig (Mt 1,24). Das ist sein Programm! Und deshalb bitten wir jetzt mit der Sängerin Kelly Clarkson genau darum: Dass Gott nun mit allen ist, die einen Heiligen Abend im Ausnahmezustand verbringen: „O komm, o komm Immanuel“, komm in unsere von Krisen geschüttelte Welt. Sei ein „Gott mit uns“.                                                                              

Musik: Oh Come, Oh Come Emmanuel- Kelly Carkson                                                   

„Immanuel“ – ein „Gott mit uns“, das drückt sich aus in seinem Namen. Das drückt sich aber auch in der Art und Weise aus, wie Gott zur Welt kommt. In einem hilflosen und verletzlichen Kind. Ohne eigenes Dach über dem Kopf, in einem stinkenden Stall. Und durch das „Ja“ einer Frau, die sich auf Gottes Plan einlässt, obwohl sie überhaupt nicht versteht, was er da vorhat. Maria. Ihre Ängste und ihre Sorgen, die schmerzen wie Dornen. Die belasten. Und ich glaube, dieses Gefühl von Angst und Sorge nach zwei Jahren Pandemie und nachdem wir die Folgen des Klimawandels in diesem Jahr auch vor der eigenen Haustür erlebt haben – die können zu einem inneren Dornwald werden, der in uns wuchert, uns reizt und nervös macht. Dornen, die uns in den erschöpften Gliedern stecken. Und trotzdem oder gerade deshalb feiere ich heute Abend eine stille Hoffnung: Die Hoffnung, dass wir in diesem Dornwald  auf Gottes „Ja“ zu uns vertrauen dürfen. Darauf, dass er an unserer Seite mitgeht.  Und dann können wir uns vielleicht auch wie Maria wieder öffnen und neue Anfänge waren. Uns öffnen für Gottes Vision einer friedlicheren, nachhaltigeren und menschenfreundlicheren Welt, in der aus Dornen Rosen werden.                                                                                                                                                                                                               

Musik: Maria durch ein Dornwald ging

Zum Heiligen Abend gehört wie kein zweiter Text das Weihnachtsevangelium nach Lukas, das uns mitnimmt nach Bethlehem:

 

In jenen Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehl, alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen. Dies geschah zum erstenmal; damals war Quirinius Statthalter von Syrien. 

Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen.  So zog auch Josef von der Stadt Nazaret in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt; denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids.  Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete. Als sie dort waren, kam für Maria die Zeit ihrer Niederkunft,  und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war. In jener Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde.  Da trat der Engel des Herrn zu ihnen, und der Glanz des Herrn umstrahlte sie.

Sie fürchteten sich sehr,  der Engel aber sagte zu ihnen:

Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude,       

die dem ganzen Volk zuteil werden soll:  Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr.  Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt.                                          

 

The first Noël  - Lady A                                                           

Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach: 

Verherrlicht ist Gott in der Höhe, und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade.  

Als die Engel sie verlassen hatten und in den Himmel zurückgekehrt waren, sagten die Hirten zueinander: Kommt, wir gehen nach Betlehem, um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr verkünden ließ.  So eilten sie hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag. 

Als sie es sahen, erzählten sie, was ihnen über dieses Kind gesagt worden war. 

Und alle, die es hörten, staunten über die Worte der Hirten.  

Maria aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach.  

Die Hirten kehrten zurück, rühmten Gott und priesen ihn für das, was sie gehört und gesehen hatten;

denn alles war so gewesen, wie es ihnen gesagt worden war. 

(Lk 2,1-20)                                                                                                      

O Holy Night –Ella Fitzgerald   

In dieser Heiligen Nacht wollen wir gemeinsam beten zu jenem Gott, der in unsere Welt gekommen ist, auf der es so viele Krisen gibt. Und der uns auch in diesen Krisen nahe sein will:

Für alle, die an Corona erkrankt sind oder mit anderen Krankheiten kämpfen. Für alle, die in Isolation sitzen, die einsam sind und sich nach lieben Menschen sehnen. Für alle Pflegerinnen und Ärzte, die ausgelaugt und ausgebrannt um jedes Menschenleben kämpfen.

Für alle, die im Ahrtal ein Weihnachtsfest erleben, dass so anders ist als in den Jahren zuvor. Die einen geliebten Menschen vermissen. Die ihr Zuhause verloren haben und auf eine bessere Zukunft hoffen.

Für alle Menschen auf der Flucht. Die an den Grenzen Europas frieren, die aus Kriegen und Not ins gefährliche Mittelmeer aufbrechen. Die in menschenunwürdigen Lagern auf Lesbos und anderswo festsitzen. Für die Menschen in Afghanistan, die um ihr Leben und ihre Freiheit fürchten. Für die vielen Menschen in Ostafrika, die unter einer schrecklichen Hungerkatastrophe leiden.

Für uns alle, um Mut und Hoffnung in dieser anstrengenden Zeit der Pandemie. Um Geduld, Ausdauer und Zuversicht.

Diese und  alle unsere ganz privaten Anliegen und Bitten, das was uns im Herzen bewegt, das legen wir vor die Krippe, in der Gott selbst zur Welt kommt in dieser stillen und Heiligen Nacht.         

Stille Nacht-Vocalensemble Rastatt     

Zu Gott, unserem Retter, dürfen wir voll Vertrauen und Zuversicht beten mit den Worten, die er selbst uns geschenkt hat:

Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.        

Joy To The World-Charlotte Church     

„Let every heart, prepare him room“ , so hat es die Sopranistin Charlotte Church gerade gesungen  – macht in euren Herzen für Jesus und seine Botschaft der Liebe Platz. Und dann wird sich die Freude auf dieser Welt mehr und mehr ausbreiten. Wenn wir es Jesus nachmachen und uns für eine bessere Welt einsetzen. Das ist die Antwort auf das große Geschenk der Liebe Gottes an jede und jeden von uns.

Das nun folgende Weihnachtslied „Little drummer boy“ erzählt  die Geschichte eines Kindes, das Jesus an der Krippe sein Trommelsolo schenken möchte. In der Version der Pentatonix, da hört sich dieses Trommeln an wie das Pochen eines Herzschlags. Ein Herz, das für mehr Gerechtigkeit und Frieden auf dieser Welt schlägt. Ich glaube immer dann ist Weihnachten: Wenn wir bedingungslos dem Rhythmus des Herzens folgen. Der Nächstenliebe, deren Trommelschlag die Kraft hat diese Welt zu verändern. Immer dann, wenn wir Gott suchen und ihn finden – im Gesicht unseres Nächsten.

Little Drummer Boy  - Pentatonix

Segen                                                                                                                        

Gott spricht auch zu mir: „Fürchte dich nicht!“ Er schenkt mir das Vertrauen in seine Liebe. Bei ihm darf ich Herberge finden. Durch ihn kann ich für andere zur Herberge werden. Ich bitte Gott: Segne uns und alle, die uns heute Abend am Herzen liegen.

Mit dem Lied „O du fröhliche“ geht die Christvesper am Heiligen Abend nun zu Ende. Am Mikrofon war Christopher Hoffmann von der katholischen Kirche. Ich wünsche Ihnen frohe und gesegnete Weihnachten! 

O du fröhliche                                                                                                           

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„We wish you a merry  Christmas“

Steinmann:
Vielleicht wären Sie – wie ich auch - in einem normalen Jahr jetzt um diese Zeit in der vollen Kirche. Immer hat man sich gewundert, wo die vielen Leute alle herkommen. Und gefreut. Wie schön es sein kann, wenn so viele miteinander feiern. Man rückt noch ein bisschen enger zusammen. Und hat Christvesper gefeiert.
In einem normalen Jahr wäre das jetzt auch so. Dieses Jahr sind Sie lieber am Radio. Aber wir haben uns gedacht: Wenn man nicht in die Kirche kann, dann bringen wir Weihnachten und Kirche zu Ihnen. Wir hören miteinander die Weihnachtsgeschichte aus der Bibel, ganz schön gelesen von Rufus Beck. Und Weihnachtslieder spielen wir. Grade spielt das Rheinische Kammerorchester Köln und später hören wir dann verschiedene Kinderchöre. Vielleicht mögen Sie ja ein wenig mitsingen.

Panzer:
Wir feiern heute, wie jedes Jahr, die Geburt von Jesus Christus. Als der erwachsen geworden war, hat er zu seinen Gefährten gesagt: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ Deshalb fühlen wir uns mit Ihnen verbunden, wenn Sie uns jetzt zuhören und vielleicht nachher mit uns beten. Wir fühlen uns verbunden mit Ihnen und mit Gott, wenn wir jetzt von ihm reden. Wir tun das im Namen Gottes des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Weihnachten fällt ja nicht aus, auch wenn wir Abstand halten müssen.
Weihnachten: Wir feiern, dass Gott zur Welt kommt. Er kommt auch heute in die Kirchen, auf die Plätze und Straßenkreuzungen, wo Gottesdienst gefeiert wird. Und er kommt auch zu Ihnen, wenn Sie ihn einlassen..   

Musik: adeste fideles

Panzer:
Mit fester Freude,
lauf ich durch die Gegend.
Mal durch die Stadt,
mal meinen Fluss entlang. Jesus kommt.
Der Freund der Kinder und der Tiere.
Ich gehe völlig anders.
Ich grüße freundlich,
möchte alle Welt berühren.

Mach dich fein. Jesus kommt,
schmück dein Gesicht.
Schmücke dein Haus und deinen Garten.
Mein Herz schlägt ungemein,
macht Sprünge.

Mein Auge lacht und färbt sich voll
mit Glück. Jesus kommt.
Alles wird gut         

Hanns Dieter Hüsch, Dezemberpsalm

Steinmann:
Alles wird gut. Wenn man das sagen kann, dann hat man noch Hoffnung. Oder man schöpft grade neue. Alles wird gut. Da schwingt aber oft mit: Wie lange dauert es noch? Wie lange noch warten, bis alles gut wird? Hoffentlich reicht die Kraft zum Warten. Ich glaube, dieses Jahr verstehen wir, was das bedeutet: Warten bis es gut wird. Es braucht Kraft, zu hoffen. Nicht die Flinte ins Korn zu werfen. Nicht aufzugeben. Oder wütig zu werden.
Wenn ich in die Bibel schaue: Da gibt es viele Menschen, die im Schlammassel gesteckt haben. Und sie haben die Kraft gefunden, neu zu hoffen. In der Bibel hat das immer was mit Gott zu tun. „Es kann doch nicht sein, dass Gott uns im Schlammassel sitzen lässt und uns vergisst.“ In der Bibel ist das der harte Kern, wenn Menschen Hoffnung schöpfen. ‚Großer Gott, es muss doch einen Ausweg aus dem Schlammassel geben. Es muss doch gut werden können.‘
Oft sind es in der Bibel Propheten und Prophetinnen gewesen, die diese Hoffnungen dann ausgesprochen haben. Nicht bloß im stillen Kämmerlein gedacht: „Es muss mal Schluss sein mit Unrecht, Gewalt und Krieg.“ Die Propheten und Prophetinnen haben große Hoffnungen auch laut gesagt. ZB. die auf Frieden in der Welt. Für alle Menschen, gerade auch für die einfachen Leute. Dass jeder die Früchte seiner Arbeit genießen kann und nicht Angst haben muss vor gierigen Nachbarstaaten. Einer dieser Propheten war Jesaja:
Er hat geschrieben und das gehört zu Weihnachten
„Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht… 2Du weckst lauten Jubel, du machst groß die Freude. Denn du hast ihr drückendes Joch zerbrochen. Denn jeder Stiefel, der mit Gedröhn dahergeht, wird verbrannt.“
Gott, macht es gut. Das hat Jesaja gehofft.                         

Musik: Oh Heiland reiß die Himmel auf   

Panzer:
Große Erwartungen und Hoffnungen haben die Menschen gehabt., damals in biblischer Zeit. Und heute ja eigentlich auch. Dass die Erderwärmung und der Klimawandel sich noch aufhalten lassen, dass Corona endlich besiegt ist und wir alle wieder „normal“ leben können, dass die Kriege in der Welt weniger werden und Armut und Hunger auch. Das hoffe ich jedenfalls und Sie ja wahrscheinlich auch.
Und „die da oben“ sollen es für uns richten: die Chefs und Vorstände, die Politikerinnen und Politiker. Die die Macht haben . Die sollen es anders und besser machen für uns. Oder „der da oben“ soll endlich die Welt in Ordnung bringen und Unrecht und Gewalt und Leid nicht länger zulassen. Das wäre großartig. Aber weil wir schon so lange darauf warten, meinen manche auch: Von unten muss es gehen, mit beeindruckenden Demos, notfalls auch mit Aufstand und Gewalt und Revolution.
Aber so hat es eigentlich noch nie geklappt, weder von oben noch von unten. Immer hatten welche Angst, dabei etwas zu verlieren, wenn sich was ändert. Und haben sich gewehrt. Das hat die Welt nicht besser gemacht.
Ich glaube, deshalb hat Gott anders angefangen, die Welt zu verändern. Ganz unten, irgendwo am Rande der Welt, bei einer einzelnen Frau. Maria hieß sie. Ihr wurde angekündigt, dass sie den Retter der Welt zur Welt bringen könnte. Maria ist verwirrt, weiß nicht, wie das zugehen soll. Aber sie begreift: Das ist die Chance, die Gott unserer Welt gibt. Da fasst sie Mut, lässt sich ein auf diese Chance. Sie engagiert sich. Maria sagt Ja zu Gottes Plänen. So fängt die Veränderung der Welt an.
Die Bibel erzählt, wie das weitergegangen ist. Hören sie die Weihnachtsgeschichte:          

Lesung:        Lk 2, 1-7      
CD: Weihnachten. Die schönsten Texte aus der Bibel; gelesen von Rufus Beck

Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. 2Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. 3Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt.
Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das judäische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war, 5auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger. 6Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. 7Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.

Musik: J.S. Bach, Uns ist ein Kindlein heut geborn      

Steinmann:
So sind wir alle mal auf die Welt gekommen. Wie der kleine Jesus. Unsere Mutter hat dabei heftige Schmerzen gehabt. Genau wie Maria. So haben schon Milliarden Menschen ihren ersten Atemzug gemacht. Grade jetzt auch wieder. Das ist doch eigentlich nichts Besonderes. Obwohl, stimmt doch nicht. Eine Geburt ist was Besonderes. Weil jeder Mensch was Besonderes ist. Und weil mit jedem Kind die Welt wieder ein bisschen neu wird.
Milliarden mal. Und warum um Himmels Willen ist die Geburt von Jesus dann noch mal so ganz besonders. Und woher wissen wir das? Ich könnte mir vorstellen, wenn ich damals seine Geburt miterlebt hätte. Vielleicht hätte ich es nicht gemerkt, dass da was passiert, was die Welt verändert. Aber Jesus hat die Welt verändert. Weil er später als Erwachsener so ein ganz besonderer Mensch gewesen. Das Gesicht Gottes. Der Mensch, der Gott verkörpert hat.
Lukas erzählt in der Weihnachtsgeschichte: Ein paar Leute hätten das schon bei der Geburt des kleinen Jesus begriffen. Dass dieser Kleine da in der Krippe uns Gott nah bringt. Die Hirten haben es verstanden: Gott kommt: In einer Futterkrippe, aus der sonst unsere Tiere fressen. So nah. Wäre Jesus in einem prächtigen Himmelbett geboren, hätte das die Hirten kalt gelassen. So haben sie glauben können, was Lukas die Engel singen lässt: „Fürchtet Euch nicht. Keine Angst mehr. Gott im Himmel ist da für Euch. Grade für normale Menschen hat Gott ein Herz.“
Es stimmt, dass ein Kind auf die Welt kommt, ist schon so oft passiert. Und trotzdem ist es jedes Mal etwas total Besonderes. Wir sind alle was Besonderes, von Gott angesehen. Die Hirten haben sich das gefallen lassen, was die Engel erzählen.

Lesung         Lk 2, 8-14 (Rufus Beck)
8 Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die
hüteten des Nachts ihre Herde. 9Und des Herrn Engel trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. 10Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; 11denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. 12Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. 13Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen:
14Ehre sei Gott in der Höhe undFriede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.

Musik: Hört der Engel helle Lieder

Lesung:        Lk 2, 15-20 (Rufus Beck)  
1Und da die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten unterei nander: Lasst uns nun gehen gen Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat. 16Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen. 17Da sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, welches zu ihnen von diesem Kinde gesagt war. 18Und alle, vor die es kam, wunderten sich über die Rede, die ihnen die Hirten gesagt hatten. 19Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen. 20Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.

Panzer:        
Frieden auf Erden und gutes Leben für alle. Gott selbst kommt zur Welt und zeigt: das kann möglich werden. Dieses Kind geboren in schwierigen Verhältnissen, soll den Weg zeigen. Da, wo Menschen barmherzig sind und sich einander zuwenden – auch wenn sie zuerst meinen, sie hätten keinen Platz und keine Möglichkeiten für Hilfsbedürftige – da wird die Welt anders. Da fängt das bessere Leben an. Wo Menschen darauf verzichten, sich alles zu nehmen, was ihnen angeblich zusteht, damit es für alle reicht: da fängt das bessere Leben an. Denn wenn man sein Wohlstandleben nicht hinter Mauern verstecken und sichern will – dann wird es gutes Leben für alle geben. Sonst hört der Kampf um Ressourcen und Lebensmöglichkeiten nicht auf. Wo Menschen Rücksicht nehmen auf Schwache, auf Kinder, auf Alte, und nicht meckern: sollen die sich doch selber schützen, was geht mich das an. Da fängt das bessere Leben an. Ich finde, das zeigt ich in dieser Geschichte vom göttlichen Kind im Stall.
Und die Menschen? Wie reagieren sie auf diesen unerwarteten Weg Gottes für eine bessere Welt?

Die einen macht es fröhlich, wie die Hirten.- die sind richtig euphorisch. Wie wird das, wenn sie wieder in ihrem Alltag ankommen? Hat es sie inspiriert, was sie gesehen und gehört haben? Können sie etwas davon umsetzen für sich und die Menschen um sie herum?

Manche reagieren wie Maria: Verwundert, vielleicht auch skeptisch. Sie weiß wohl noch nicht, was sie von dem allen halten soll. Ein Gotteskind in so armen Verhältnissen? Kann man sich darauf wirklich verlassen? Aber immerhin. Sie sagt nicht gleich: Vergiss es! Sie wird das Erlebte mitnehmen und weitere Erfahrungen machen mit diesem besonderen Sohn. Und irgendwann wird sie seinem Weg vertrauen. Wie schön wäre es, wenn es allen so geht, die diese Geschichte hören.

Aber: Es gab auch damals den König, der schon nach kurzer Zeit sagen würde: Alles Fake News. Das hat es ja noch nie gegeben. Besser, wir machen es wie immer.

Ich wünsche mir, dass viele sich in diesem Jahr, wo Weihnachten ein stilleres Fest ist als sonst, von dieser Geschichte anrühren lassen. Und fröhlich und mit neuem Mut weitergehen in das neue Jahr

Musik: Fröhlich soll mein Herze springen

Panzer und Steinmann:
In Maria und den Hirten hat das gearbeitet, was sie erlebt haben bei Jesu Geburt. Das muss man im Kopf verarbeiten und zu Herzen gehen lassen.
Und dann haben Maria und die Hirten ihre Gefühle und Hoffnungen ausgedrückt. Auch Gott gegenüber. Und das versuchen wir jetzt auch:

Panzer:    
Gott im Himmel, zur Welt gekommen in elenden Verhältnissen,
ich warte darauf, dass diese beschränkte Zeit aufhört.
Schenk mir Geduld, wenn ich allein bin beim Warten und Vertrauen.

Ich denke an alle, die ich jetzt vermisse,
an alle, um die ich mir Sorgen mache und für die ich sorgen muss.
Steh allen bei, die mir am Herzen liegen. Lass sie nicht allein.,

Ich möchte gut schlafen, heute und alle Nächte die kommen.
Bring mein Herz zur Ruhe,
schenk mir Besonnenheit und Lebensfreude und deinen guten Geist.

Gott im Himmel, zur Welt gekommen bei armen Leuten,
ich wünsche mir, dass die Gewalt aufhört und die Ungerechtigkeit.
Gib den Verantwortlichen Einsicht und die Stärke, die man für den Frieden braucht.

Ich möchte, dass kein Mensch mehr hungern muss und alle haben, was sie zum Leben brauchen.
Gib den Politikern und den Wirtschaftsbossen den Mut, für Gerechtigkeit zu sorgen und mach mich bereit, abzugeben von dem, was ich habe.

Ich hoffe, dass auch unsere Kinder und Enkel gesunde Luft haben werden, gesundes Wasser und Lebensmittel. Schenk den Bemühungen der Staaten Erfolg und zeig uns, wie wir verantwortlich leben können.

Steinmann:
Eines der besten Dinge, neben Weihnachten, die wir Jesus verdanken, ist das Vater Unser. Man kann seine Worte nehmen, vielleicht wenn einem selbst nichts zu beten einfällt. Kann sie mitsprechen, mitdenken. Und vielleicht Zuversicht daraus ziehen.
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme. Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Musik: Joy to the world aus John Rutter Christmas Album

Panzer:
Gott, der Herr segne und behüte euch. Er lasse sein Angesicht leuchten über euch und sei euch gnädig. Gott. der Herr erhebe sein Angesicht über Euch. Er lasse sein Angesicht über euch leuchten und gebe euch Frieden.

Musik: O du fröhliche

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Musik 01: O come, o come Emmanuel 

Herzlich Willkommen zur Christvesper am Heiligabend. „Rejoice, rejoice“, singt der Bariton Michel George. Das ist ein englischer Freudenruf und heißt übersetzt „Freut euch, freut euch“, und weiter geht´s: „Der Immanuel ist geboren.“ Im neuen Testament wird klar, wer mit „Immanuel“ gemeint ist: Jesus, Gottes Sohn. Und heute Abend ist es soweit. 

In dieser Christvesper soll Gelegenheit sein sich zu freuen, aber auch nachzudenken. Ich nehme Sie gerne mit auf eine Reise dorthin, wo alles geschehen ist, ein paar Kilometer südlich von Jerusalem. Und während wir die Geschichte von der Geburt Jesu hören, so wie sie im Lukasevangelium aufgeschrieben ist, machen wir ein kleines Experiment und versetzen uns in die Köpfe derer, die in der Geschichte auftauchen. Was mögen sie wohl gedacht, vermutet und gefühlt haben? 

Das ist natürlich alles rein spekulativ, aber ich finde, so wird die Weihnachtsgeschichte noch ein bisschen lebendiger für uns. Wir sind ja zeitlich und örtlich ganz schön weit weg davon: Gute 2000 Jahre und 4000 Kilometer. 

Hören und schauen wir also ganz nah hin, was in der Bibel steht, und was in den Köpfen der Hauptdarsteller vielleicht vorgegangen ist. 

Lukasevangelium: Es geschah aber in jenen Tagen, dass Kaiser Augustus den Befehl erließ, den ganzen Erdkreis in Steuerlisten einzutragen. Diese Aufzeichnung war die erste; damals war Quirinius Statthalter von Syrien. Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen. So zog auch Josef von der Stadt Nazaret in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt; denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids.         

Josef könnte durch den Kopf gehen: Muss das jetzt wirklich sein - diese beschwerliche Reise? Ungünstiger hätte es nicht kommen können. Jede Menge unerledigter Aufträge in der Werkstatt und dann noch meine hochschwangere Maria. Das verstehe ich sowieso alles nicht. Ich mache mir Sorgen um sie. In ihrem Zustand sollte man eigentlich nicht mehr reisen. Aber sie strahlt so eine Gewissheit aus, als ob sie sich ihrer Sache ganz sicher ist. Sie hat etwas Ruhiges an sich, das auch mich ansteckt. Ach, ich bin froh, dass wir uns gegenseitig stärken. 

Musik 02: Josef, lieber Josef mein 

Lukasevangelium: Josef wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete. Es geschah, als sie dort waren, da erfüllten sich die Tage, dass sie gebären sollte, und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.  

Maria könnte durch den Kopf gehen: Wow, welch ein Wunder eine Geburt ist. Wie mich das Kleine angeschaut habe. Ich bin so froh, dass es gesund ist. Unter diesen Umständen ist das ja gar nicht so klar. Mit diesem Engel hat alles angefangen. Ich solle Gottes Sohn zur Welt bringen, hat er gesagt. Eine richtige Wahl hatte ich ja nicht. Wenn ich in Ruhe über alles nachgedacht hätte, wer weiß, wie ich mich entschieden hätte. Was sage ich nur Josef und allen anderen aus dem Dorf? Was heißt das überhaupt – Gottes Sohn. Das kann ich mir gar nicht vorstellen. Aber Gott scheint einen Plan mit mir zu haben, er traut mir etwas zu. Und hat der Engel nicht gesagt „Fürchte dich nicht“? Stimmt, Angst hatte und habe ich keine, ich bin nur etwas unsicher. Aber ich vertraue auf Gott. 

Musik 03: Maria durch ein Dornwald ging  

Lukasevangelium: In dieser Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde. Da trat ein Engel des Herrn zu ihnen und die Herrlichkeit des Herrn umstrahlte sie und sie fürchteten sich sehr. Der Engel sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn siehe, ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Christus, der Herr. Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt. Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens.  

Die Engel könnten sagen: Wir stehen für Leichtigkeit, das merkt man allein schon durch unsere Flügel. Aber auch sonst: unser Gesang zum Beispiel und unsere lichte Gestalt. Etwas flatterhaft sind wir vielleicht – tauchen hier auf, tauchen dort auf - aber wir sind durch und durch erleuchtet und positiv. Wir wollen den Menschen Mut machen, ihnen die Angst nehmen, sie führen, ihnen von unserer Leichtigkeit zeigen. Und das haben die Hirten hier ja auch bitternötig: sie frieren, sind hungrig, und werden öfters mal krumm angeschaut oder ausgelacht. Schön, dass wir gerade sie beglücken dürfen. 

Musik 04: Engel auf den Feldern singen  

Lukasevangelium: Und es geschah, als die Engel von ihnen in den Himmel zurückgekehrt waren, sagten die Hirten zueinander: Lasst uns nach Betlehem gehen, um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr kundgetan hat! So eilten sie hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag. Als sie es sahen, erzählten sie von dem Wort, das ihnen über dieses Kind gesagt worden war. Und alle, die es hörten, staunten über das, was ihnen von den Hirten erzählt wurde.  

Das war ein hartes Stück Arbeit, könnten die Hirten denken. Manche haben uns ja gar nicht geglaubt, was wir gesehen hatten. Aber klar, wir werden ja oft als Spinner und Außenseiter abgetan. Und von außen betrachtet ist das ja auch ein bisschen hirnrissig – zumindest auf den ersten Blick. Eine Engelschar, ein Stall, Gottes Sohn in einer Futterkrippe. Kein Wunder, dass da manche nur den Kopf schütteln können. Aber was für eine Nacht! Wahnsinn, dass die Engel gerade zu uns kommen, und dass wir als erste gratulieren durften, und dass gerade wir den kleinen Jesus zuerst gesehen haben. Hoffentlich macht er so weiter, Gottes Sohn, und vergisst nicht, dass es die kleinen Leute waren, die zuerst von ihm erzählt haben. 

Musik 05: Als ich bei meinen Schafen wacht  

Hören wir das Weihnachtsevangelium noch einmal am Stück. Und vielleicht geht es Ihnen wie mir. Jetzt scheinen die Gestalten des Evangeliums vertrauter als vorher, und ich kann mich noch an den ein oder anderen Gedanken erinnern, den Josef, Maria, die Engel oder die Hirten gerade hatten. 

Lukasevangelium: Es geschah aber in jenen Tagen, dass Kaiser Augustus den Befehl erließ, den ganzen Erdkreis in Steuerlisten einzutragen. Diese Aufzeichnung war die erste; damals war Quirinius Statthalter von Syrien. Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen. So zog auch Josef von der Stadt Nazaret in Galiläa hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt; denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids. 

Josef wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten, die ein Kind erwartete. Es geschah, als sie dort waren, da erfüllten sich die Tage, dass sie gebären sollte, und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen. Sie wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe, weil in der Herberge kein Platz für sie war.  

In dieser Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde. Da trat ein Engel des Herrn zu ihnen und die Herrlichkeit des Herrn umstrahlte sie und sie fürchteten sich sehr. Der Engel sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn siehe, ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteilwerden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Christus, der Herr. Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt. Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer, das Gott lobte und sprach: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens. 

Und es geschah, als die Engel von ihnen in den Himmel zurückgekehrt waren, sagten die Hirten zueinander: Lasst uns nach Betlehem gehen, um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr kundgetan hat! So eilten sie hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag. Als sie es sahen, erzählten sie von dem Wort, das ihnen über dieses Kind gesagt worden war. Und alle, die es hörten, staunten über das, was ihnen von den Hirten erzählt wurde. Maria aber bewahrte alle diese Worte und erwog sie in ihrem Herzen. Die Hirten kehrten zurück, rühmten Gott und priesen ihn für alles, was sie gehört und gesehen hatten, so wie es ihnen gesagt worden war. 

Das war sie, unsere kleine Reise in die Geschichte und in die Köpfe des Weihnachtsevangeliums. Mit Maria, die so viel Ruhe und Gottvertrauen ausstrahlt. Mit Josef, der trotz Zweifel von Marias Gewissheit erfüllt ist. Mit den Engeln, die uns Leichtigkeit und Erleuchtung zeigen. Und mit den Hirten, den armen und rauen Burschen, die auch heute noch einen Stein im Brett haben bei Jesus. 

Musik 06: Zu Betlehem geboren 

Beten wir das Gebet, das uns Jesus gelehrt hat. Wir vertrauen darauf, dass Gott uns wie ein Vater annimmt und begleitet.

Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute, und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen. 

Bitten wir zum Ende dieser Christvesper um Gottes Segen in dieser Heiligen Nacht:

Herr Jesus Christus, segne uns mit der Kraft eines Neugeborenen.

Mit einem Strampeln, wenn wir unaufmerksam sind für unsere Mitmenschen,

mit einem Weinen, wenn wir ungerecht handeln,

mit einem Lächeln, wenn wir Außenseiter nach drinnen holen.

Segne uns und unsere Lieben,

segne alle die uns anvertraut sind, und diejenigen, die heute nicht dabei sein können.

Schenke uns weihnachtliche Tage mit dem Zauber einer Geburt.

Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen 

Mit dem Lied „Nun freut Euch, ihr Christen“ geht die Christvesper am Heiligen Abend zu Ende. Am Mikrophon war Dominik Frey von der katholischen Kirche. Ich wünsche Ihnen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest 2019. 

Musik 07: Nun freut euch, ihr Christen

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1. Als ich bei meinen Schafen wacht,
Ein Engel mir die Botschaft bracht.
Des bin ich froh, bin ich froh,
Froh, froh, froh, o, o, o!
Benedicamus Domino. Benedicamus Domino.

2. Er sagt’, es soll geboren sein
Zu Bethlehem ein Kindelein.
Des bin ich froh, bin ich froh,
Froh, froh, froh, o, o, o!
Benedicamus Domino. Benedicamus Domino.

3. Er sagt’, das Kind läg da im Stall
Und soll die Welt erlösen all.
Des bin ich froh, bin ich froh,
Froh, froh, froh, o, o, o!
Benedicamus Domino. Benedicamus Domino.

4. Als ich das Kind im Stall gesehn,
Nicht wohl konnt ich von dannen gehn.
Des bin ich froh, bin ich froh,
Froh, froh, froh, o, o, o!
Benedicamus Domino. Benedicamus Domino.

Weihnachten als Fest des Kindes

Haben Sie bei sich zu Hause eine Krippe? Mit Ochs und Esel, Maria und Josef, Hirten und Schafen und dem Jesuskind, das in der Krippe liegt? Ich habe meine heute am Vormittag aufgebaut. Es ist eine Kinderkrippe mit bunten Holzfiguren. Es gibt dort alle möglichen Tiere, die normalerweise gar nicht dazu gehören: einen Hahn, eine Schlange, einen Hund, sogar einen Pfau und eine Maus. Mir gefällt der Gedanke, dass die ganze Schöpfung vom Geheimnis der Weihnacht fasziniert ist. 

Eine Figur liegt mir besonders am Herzen: Ein Junge, der zu den Hirten gehört, die auf dem Feld bei ihrer Herde sind. Zusammen mit den Erwachsenen ist er den Worten der Engel gefolgt und hat das Jesuskind gefunden. Jetzt liegt er auf dem Bauch, hat die Ellbogen aufgestellt und seinen Kopf auf die Hände gestützt. So schaut er hin zur Krippe, sieht die Eltern und das Neugeborene, über das die Engel gesagt haben: Er ist der Messias, der Retter, der Heiland, der Herr. Er schaut und denkt nach, versucht zu begreifen, was das bedeutet. Und er staunt, der Hirtenjunge. So wie Kinder das eben tun, wenn Sie etwas Besonderes sehen, etwas Schönes und Großes, das ihnen gut tut - auch wenn sie gar nicht wissen, was genau das ist. Ich stelle mir vor, dass er irgendwann zu singen begonnen hat, eine schlichte Melodie, aber ganz warm und herzlich. So wie die, die wir eingangs gehört haben. Das könnte er gesungen haben der Hirtenjunge:

Beim Schafehüten höre ich, dass Gott mir etwas sagt.
In Betlehem soll ein Kind auf die Welt gekommen sein.
Es liegt in einem Stall - und in ihm liegt das Heil von uns allen.

In drei kurzen Gedanken ist das die ganze Weihnachtsbotschaft. Schlicht und ergreifend, so wie es Kinder können. 

In unserer Christvesper an Heiligabend nehme ich Sie in Gedanken zur Krippe mit. Zu dem Ort, an dem Jesus geboren ist, wie der Evangelist Lukas erzählt. Und immer wieder zu diesem Hirtenjungen. Aus seiner Warte, aus der Perspektive des Kindes erzähle ich von einigen Besonderheiten des Christfestes, Besonderheiten, die Kinder leicht entdecken und besser verstehen als Erwachsene. Ich lade Sie also ein, selbst Teil der Szene zu werden, die für uns Weihnachten bedeutet: Ein Kind, Jesus, geboren in Betlehem, in einem Stall, weil seine Eltern keine andere Unterkunft finden konnten. Gott wählt diesen speziellen Weg, um uns zu zeigen, wie es geht, was er vorhat, wie er ist. Nur wer dieses Kind anschaut, wird begreifen, was Weihnachten ist. Das will Lukas mit seinem Evangelium sagen, das zu diesem Heiligen Abend gehört wie kein zweiter Text. 

Weihnachtsevangelium 

In jenen Tagen erließ Kaiser Augustus den Befehl,

alle Bewohner des Reiches in Steuerlisten einzutragen. 

Dies geschah zum erstenmal;

damals war Quirinius Statthalter von Syrien. 

Da ging jeder in seine Stadt, um sich eintragen zu lassen.  

So zog auch Josef

von der Stadt Nazaret in Galiläa

hinauf nach Judäa in die Stadt Davids, die Betlehem heißt;

denn er war aus dem Haus und Geschlecht Davids. 

Er wollte sich eintragen lassen mit Maria, seiner Verlobten,

die ein Kind erwartete. 

Als sie dort waren,

kam für Maria die Zeit ihrer Niederkunft, 

und sie gebar ihren Sohn, den Erstgeborenen.

Sie wickelte ihn in Windeln

und legte ihn in eine Krippe,

weil in der Herberge kein Platz für sie war.  

In jener Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld

und hielten Nachtwache bei ihrer Herde. 

Da trat der Engel des Herrn zu ihnen,

und der Glanz des Herrn umstrahlte sie.

Sie fürchteten sich sehr, 

der Engel aber sagte zu ihnen:

Fürchtet euch nicht,

denn ich verkünde euch eine große Freude,       

die dem ganzen Volk zuteil werden soll: 

Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren;

er ist der Messias, der Herr. 

Und das soll euch als Zeichen dienen:

Ihr werdet ein Kind finden,

das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt. 

Und plötzlich war bei dem Engel ein großes himmlisches Heer,

das Gott lobte und sprach: 

Verherrlicht ist Gott in der Höhe,

und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade.  

Als die Engel sie verlassen hatten

und in den Himmel zurückgekehrt waren,

sagten die Hirten zueinander:

Kommt, wir gehen nach Betlehem,

um das Ereignis zu sehen, das uns der Herr verkünden ließ. 

So eilten sie hin

und fanden Maria und Josef

und das Kind, das in der Krippe lag. 

Als sie es sahen,

erzählten sie, was ihnen über dieses Kind gesagt worden war. 

Und alle, die es hörten, staunten über die Worte der Hirten.  

Maria aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen

und dachte darüber nach.  

Die Hirten kehrten zurück,

rühmten Gott und priesen ihn für das, was sie gehört und gesehen hatten;

denn alles war so gewesen, wie es ihnen gesagt worden war. 

Lk 2,1-20

 Das Licht über den Feldern von Betlehem 

Johann Sebastian Bach lässt in seinem Weihnachtsoratorium die menschliche Stimme verstummen, nachdem das Evangelium des Lukas verkündet ist. Wir haben sein sanftes Zwischenspiel eben gehört in einer Aufnahme mit dem Oboisten Albrecht Mayer. Ob der geniale Bach daran gedacht hat, was für eine Musik dem Kind gefallen könnte, eine Art Wiegenlied zum Einschlafen des Babys? Oder ob in den zarten Klängen das Neugeborene selbst sich ausdrückt, das ja noch nicht sprechen kann, aber trotzdem etwas zu sagen hat?

Ich finde jedenfalls: Jedes Wort wäre in diesem Moment unpassend. Kein Gedanke groß genug, um zu erklären, was Lukas da beschreibt. Gott kommt als Kind. Nicht als Machthaber, als König oder Befehlshaber, nicht als Erwachsener, nicht fertig und zu allem fähig, sondern im Gegenteil: Gott ist dort nahe, wo alles winzig ist, verletzlich und klein. Dieser scheinbare Widerspruch ist typisch für den christlichen Glauben: Gott ist im Kleinen groß. Er zeigt seine Macht im geringen. Er ist dort besonders göttlich, wo es am menschlichsten zugeht. 

Der Hirtenjunge an der Krippe wird das kaum auf Anhieb verstanden haben. Aber er nimmt wahr, dass hier etwas geschieht, was gut ist und neu. Es lässt seine Welt in einem anderen Licht erscheinen. Der Junge gehört zum ärmeren Teil der Bevölkerung. Seine Familie kommt gerade so über die Runden. Große Sprünge können sie sich nicht erlauben, es reicht gerade mal zum Überleben. Trotzdem ist er nicht unglücklich, sondern mit seiner Situation im reinen. Er hat seine Eltern, die Geschwister und Freunde. Er lebt in der Natur. Er mag die Tiere, die mit draußen sind. Und er weiß aus den Erzählungen der Alten, dass Gott die Menschen nicht im Stich lässt. Dass es immer eine Hoffnung gibt.

In jener Nacht auf dem Feld in Betlehem scheint etwas davon in Erfüllung zu gehen. Das spürt der Junge. Die Erwachsenen sind aufgeregt. Und er hat das Licht gesehen, droben am Firmament. Er kennt die Stelle beim Propheten Jesaja, weil sie oft in der Synagoge gelesen wird: „Das Volk, das im Dunkeln lebt, sieht ein helles Licht!“ (Jes 9,1). Den Widerschein dieses Lichts hält er gut in sich fest. Den kann er wieder einmal brauchen, wenn es ihm nicht gut geht. Oder einem anderen, einem Freund. Auch später, wenn er erwachsen sein wird.

 

G. F. Händel, Eternal Source of Light Divine

Eternal source of light divine

With double warmth thy beams display,

And with distinguish’d glory shine,

To add a lustre to this day.

 

Kinder in Gefahr

Wie hell und klar die Stimme eines Kindes klingt! Zugegeben, Aksel Rykkvin, Knabensopran aus Norwegen, ist eine Ausnahmeerscheinung. Wie er den Glanz des göttlichen Lichts in Händels bezaubernder Komposition einzufangen vermag:

Ewiger Quell göttlichen Lichts
Sende deine Strahlen aus mit doppelter Wärme
Und scheine mit prangender Herrlichkeit,
um diesem Tag Glanz zu verleihen.

Händel hat sein Stück der englischen Königin seiner Zeit gewidmet. Ich finde allerdings, es gibt keinen besseren Platz dafür als den Heiligen Abend. Weil es hier um einen Fürsten, um ein Königreich geht, in dem es nicht auf Macht und Prunk ankommt. Im Reich des Jesuskindes spielten andere Qualitäten eine Rolle: mit dem, der Hunger hat, zu teilen; den Kranken nicht allein zu lassen, den, der einsam zu Hause sitzt, nicht zu vergessen; Böses nicht mit Bösem zu vergelten. Dazu scheint Gottes Licht in unsere Welt, dass wir sehen, wo es nötig ist; damit auch die Machthaber unserer Tage wissen, worauf es ankommt, wenn’s nach Gott geht: Gewalt und Krieg müssen ein Ende haben. Sie sind nicht normal und schon gar nicht menschlich. Dass einer auf Kosten des anderen lebt, ist Sünde. Gott will das nicht. Und wer zu ihm gehören will, muss dem etwas entgegen setzen.

 

Ich denke an Syrien. Dessen Statthalter vor 2000 Jahren, Quirinius, wird von Lukas in seinem Weihnachtsevangelium mit Namen genannt. Syrien. Dort tobt seit Jahren ein Krieg. Kinder ganz besonders leiden unter dem, was dort geschieht. Sie werden verfolgt vom Lärm der Panzer, vom Krach der Granaten. Sie können nicht in die Schule, haben kein Dach über dem Kopf. Und viele haben ein Elternteil verloren. So werden sie um ihre Kindheit betrogen.

Ich denke auch an das Heilige Land - Israel, Palästina, wo Jesus geboren und aufgewachsen ist, wo die Menschen bis heute keine Ruhe und keinen Frieden miteinander finden.

Auch im reichen Deutschland leiden Kinder. Weil ihre Eltern mit ihnen überfordert sind. Weil sie am Rande des Existenzminimums leben. 21 Prozent aller Kinder leben über Jahre hinweg dauernd oder wiederkehrend in Armut. Besonders betroffen sind Kinder, deren Eltern alleinerziehend sind oder eine geringe berufliche Qualifikation haben. Kinder aus solchen Familien müssen auf vieles verzichten, was für Gleichaltrige selbstverständlich ist.

 

Kinder sind äußerst verletzlich. Sie haben ein untrügliches Gespür dafür, wo es ungerecht zugeht, wo eine Sache falsch läuft. Sie haben nur nicht die Macht, daran etwas zu ändern. Jesus wird das im Laufe seines Lebens oft zu spüren kriegen. Was Macht und Einfluss im weltlichen Sinn angeht, bleibt er zeitlebens ein Kind: wehrlos. Nicht umsonst sagt er: „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, werdet ihr nicht ins Reich Gottes kommen ...“ (Mt 18,3).

Für mich gehört das auch zu diesem Fest, bei dem ein Kind im Mittelpunkt steht: Auf Kinder ein besonderes Augenmerk zu lenken. Sie zu fördern. Nach neuen Möglichkeiten zu suchen, wie wir denen, die nach uns kommen, eine bewohnbare Erde hinterlassen.

HUUB OOSTERHUIS, EIN WEIHNACHTSLIED

In tiefer Nacht trifft uns die Kunde:

der Lauf des Morgensterns beginnt.

Ein Menschensohn ist uns geboren,

Gott wird uns retten, heißt das Kind.

Tut auf das Herz, glaubt euren Augen,

vertraut euch dem Geschauten an;

denn Gottes Wort stieg aus der Höhe

und ist uns menschlich zugetan.

 

Kein andres Zeichen ist uns eigen,

kein Licht in unsrer Finsternis

als dieser Mensch, mit dem wir leben,

ein Gott, der unser Bruder ist.

Singt eurem Gott, er hat in Jesus

uns seine Liebe zuvertraut.

So wird die Welt zur neuen Erde,

bis alles Fleisch sein Heil erschaut.

Und wie der Sohn mit seinem Segen

in Brand und Licht als Bräutigam,

so wird der Friedensfürst erscheinen,

weil endlich seine Stunde kam.

Er eint die Menschen, seine Liebe

verbreitet sich von Mund zu Mund.

Er hat uns seinen Leib gegeben.

So feiern wir den neuen Bund.

 

Ihr Kinderlein kommet

1. Ihr Kinderlein, kommet, o kommet doch all’!
Zur Krippe her kommet in Betlehems Stall
und seht, was in dieser hochheiligen Nacht
der Vater im Himmel für Freude uns macht.

2. O seht in der Krippe, im nächtlichen Stall,
seht hier bei des Lichtleins hellglänzendem Strahl,
den lieblichen Knaben, das himmlische Kind,
viel schöner und holder, als Engelein sind.

3. Da liegt es – das Kindlein – auf Heu und auf Stroh;
Maria und Josef betrachten es froh;
die redlichen Hirten knie’n betend davor,
hoch oben schwebt jubelnd der Engelein Chor.

Staunen

Noch immer liegt der Hirten-Junge auf dem Bauch und schaut zu dem Neugeborenen hin. Das Kind hat ihn ganz und gar in Beschlag genommen. Er kann seine Augen gar nicht mehr abwenden. Es ist für ihn der Inbegriff von Liebe und von heiler Welt. Dass es die nur selten gibt, vergisst er für einige Minuten. Und ganz unwillkürlich öffnet sich sein Mund, und er dankt und lobt und staunt. Manche denken, dass allein das die angemessene Weise sei, um Gott überhaupt zu begegnen: das Staunen. Und dass der Mensch für nichts anderes auf der Welt sei: Um Gott anzubeten. Mir fällt das nicht immer leicht, und ich vergesse es oft. Aber an Weihnachten, da kann ich das gut. Mit offenem Mund dastehen vor dem Geheimnis des Kindes in der Krippe und mein bisschen Leben dem bisschen Kind schenken

 

 Ich steh an deiner Krippen hier

Ich steh an deiner Krippen hier,
o Jesu, du mein Leben;
ich komme, bring und schenke dir,
was du mir hast gegeben.
Nimm hin, es ist mein Geist und Sinn,
Herz, Seel und Mut, nimm alles hin
und laß dir's wohlgefallen.

Gebet - Vaterunser - Segen

Gott,

der du unser Schicksal nicht in die Sterne geschrieben hast,

sondern in deine Hand -

die Namen all der unbekannten, zufälligen, ewigen Menschen,

die wir sind -

geschrieben in die Flächen deiner Hände.

Der du uns

mit einem Herzen, einem Willen

und einem Verstand geschaffen hast.

Der du uns gemacht hast

so zerbrechlich, wie wir sind,

um dein einziges Bild zu sein:

Wir, Fremde füreinander,

einander Feinde, Liebhaber, Nächste.

Lenke unser Herz auf Freundschaft und Liebe,

öffne unseren Verstand für die Vision des Friedens,

die uns ruft seit Menschengedenken.

 

Erfülle uns mit der Hoffnung,

dass Jesus geboren ist,

um Friede und Gerechtigkeit zu bringen -

durch uns -

die wir nun mit seinen Worten beten:

 

VATER UNSER IM HIMMEL

GEHEILIGT WERDE DEIN NAME.

DEIN REICH KOMME.

DEIN WILLE GESCHEHE ...

... WIE IM HIMMEL SO AUF ERDEN.

UNSER TÄGLICHES BROT GIB UNS HEUTE.

UND VERGIB UNS UNSERE SCHULD,

WIE AUCH WIR VERGEBEN UNSERN SCHULDIGERN.

UND FÜHRE UNS NICHT IN VERSUCHUNG,

SONDERN ERLÖSE UNS VON DEM BÖSEN.

DENN DEIN IST DAS REICH UND DIE KRAFT UND DIE HERRLICHKEIT

IN EWIGKEIT.

AMEN.

Mit der Bitte um Gottes Segen für Sie und Ihre Familien,

für alle Menschen guten Willens,

wünsche ich Ihnen ein frohes Weihnachtsfest:

https://www.kirche-im-swr.de/?m=25601
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