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11MRZ2025
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Es gibt Momente, da fühlt man sich wieder wie ein Kind. So einen Moment habe ich vor kurzem erlebt. Johanna hat mich gefragt: „Willst du in mein Freundebuch schreiben?“. Und da hatte meine Freundin das gute Stück auch schon aus ihrer Tasche gezaubert und mir in die Hände gedrückt. Fast genauso wie früher sieht es aus. Ein ziemlich dickes Ringbuch im Querformat. Auf der Titelseite prangt in großen goldenen Lettern das Wort „Freundebuch“. Ich blättere gleich durch die Seiten und sehe: Schon einige haben sich darin verewigt.

Zu Hause hab ich erst mal in dem Buch geschmökert. Ich kenne zwar nicht alle, die drinstehen, aber es packt mich. Nathalie zum Beispiel schwärmt von ihrer Vietnamreise und Ben träumt davon einen Flickflack zu können. Auch das fühlt sich an wie früher. Wie ich schier nicht aufhören kann, zu lesen. Aber dann klappe ich das Buch wieder zu, meine Seite kann ich auch später noch ausfüllen. Immer wieder hab‘ ich mich selbst beschworen und mir gesagt: „Heute setzt du dich hin und füllst deine Seiten aus.“ Und dann habe ich es doch wieder nicht gemacht.

Als Kind war das einfacher. Ich wusste: Meine Lieblingsfarbe ist rot, ich möchte Tierärztin werden und Bibi und Tina sind meine absoluten Superheldinnen. Heute muss ich ganz andere Antworten finden. Zum Beispiel auf die Fragen: „Was ist dein größter unerfüllter Wunsch?“, „In welche Schublade stecken dich andere?“, oder „Wann hast du das letzte Mal Tränen gelacht?“ Das Freundebuch hat mich fast schon angeschrien: „Denk mal über dich und dein Leben nach!“  Und deshalb habe ich es wahrscheinlich auch so lange vor mir hergeschoben. Sich bewusst mit dem eigenen Leben zu beschäftigen, ist anstrengend.

Irgendwann habe ich mir dann doch einen Ruck gegeben und mich drangesetzt. Und dann hat es mir sogar richtig Spaß gemacht. Ich konnte in Ruhe überlegen: Was ist denn eigentlich gerade ein Wunsch von mir? Oder an welchem Ort bin ich so richtig glücklich? Das Freundebuch von Johanna hat mich nicht nur in meine Kindheit zurückversetzt, sondern mich auch wieder direkt ins heute geholt. Es war der Anstoß, den ich gebraucht hab, um endlich mal wieder meinen Träumen nachzujagen und das zu machen, wofür mein Herz schlägt. Und vielleicht kann ich damit sogar heute Abend schon beginnen. Ein kleiner erster Schritt für meine Träume, und zwar nicht die aus der Zeit als ich ein Kind war, sondern meine Träume von hier und heute.

Clarissa Wolk aus Mannheim von der katholischen Kirche

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10MRZ2025
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„Sei doch kein Thomas!“ – das habe ich vor kurzem zu meiner Freundin Anne gesagt. Es ging eigentlich nur um eine Kleinigkeit. Wir haben diskutiert, ob man in Italien nach 11 Uhr noch einen Cappuccino bestellt oder nicht. Ich war mir sicher: Nein. Aber Anne hat lieber gegoogelt, anstatt mir zu vertrauen.  Ich also: „Sei doch kein Thomas!“, und Anne hat mich mit verwirrtem Blick angeschaut. Wer ist denn jetzt Thomas?

Thomas ist ein besonders guter Freund von Jesus, und das, was eben so typisch für ihn ist, das passiert, nachdem Jesus am Kreuz gestorben ist. Alle denken: jetzt ist alles vorbei, aber dann taucht Jesus wieder auf. Er kommt also zurück in ihr Leben, obwohl er eigentlich ja tot ist. Er erscheint vielen seiner Freunde, aber nicht Thomas. Der glaubt ihnen auch kein Wort, als sie diese völlig abstruse Geschichte von der Auferstehung erzählen. Für mich voll verständlich, was Thomas dann sagt: „Erst, wenn Jesus vor mir steht, und ich mit meinen eigenen Fingern seine Wunden berühren kann, dann glaube ich, dass er lebt.“ Das lässt Jesus nicht auf sich sitzen und erscheint kurz darauf auch ihm. Nicht ohne zu bemerken: „Du kannst mich jetzt sehen, Thomas, aber besonders glücklich sind die, die auch ohne Beweise glauben.“

Das ist also der typische Thomas-Moment: Wenn ich erst glauben kann, wenn es echte Beweise gibt. Bei Anne und dem Cappuccino war es so: Sie konnte das erst glauben, als sie es im Handy quasi schwarz auf weiß hat stehen sehen. Keine große Sache erstmal.

So wie auch bei mir neulich: Ich wollte selbst unbedingt nochmal checken, wann unser Zug genau abfährt. Und meine Schwester, die mit mir unterwegs war, konnte ich nicht einfach beim Wort nehmen.

Hier geht es um Glauben, und zwar in dem Sinne, dass ich etwas nicht nachprüfen kann und muss und trotzdem vertrauen habe. Das ist manchmal wirklich schwierig. Dabei kann es so entlastend sein, wenn ich vertraue. Denn dann teile ich Verantwortung. Dann muss ich nicht alles komplett überprüfen und alleine absichern. Ich kann vielleicht loslassen und den Moment genießen.

Wenn ich jetzt also zu meiner Freundin Anne sage: „Sei doch kein Thomas“, will ich eigentlich sagen, „vertrau mir“.

Clarissa Wolk aus Mannheim von der katholischen Kirche

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07MRZ2025
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„Es ist ja so, dass in uns allen immer ein Heimweh ist.“ Eine Freundin von mir hat das neulich in einem Gespräch so gesagt. Ich weiß gar nicht, ob alle am Tisch mitbekommen haben, was für eine große Einsicht sie da so gelassen ausgesprochen hatte.

 „Es ist ja so, dass in uns allen immer ein Heimweh ist.“ –  In der Bibel heißt es, dass wir nur Gast sind auf diesem schönen Planeten, weil wir alle einmal bei Gott ankommen sollen, im Himmel, wo wir zu Hause sind, in der Ewigkeit, in der himmlischen Heimat, im Paradies, in der Gegenwart Gottes, in der Liebe, die nie vergeht. Es gibt so viele Bilder für das Ziel, auf das unser Leben hinführt. Hier und jetzt kann ich immer nur ahnen, wie das sein wird. Es gibt nur Abbilder, einen Vorgeschmack. Erst wenn ich angekommen bin, weiß ich, dass ich das Ziel meiner Sehnsucht erreicht habe.

„Es ist ja so, dass in uns allen immer ein Heimweh ist.“ –  Ich habe das weitergedacht: Nation, Volk, Staat, wegen mir auch „The Länd“ – das ist alles vorläufig. Das kann diese wirkliche Heimat gar nicht ersetzen!

Trotzdem versuchen es so viele. Warum verehren so viele Menschen ihr Herkunftsland so sehr? Warum müssen sie ihre „Heimat“ so hervorheben? Ja, das hat bestimmt etwas damit zu tun, dass gerade dieses Land einem so vertraut ist. Aber warum freut man sich dann nicht einfach daran? Warum soll „das Reine“ erhalten werden? Was hat es mit dem Nationalstolz auf sich? Ich erlebe das bei Menschen aus aller Welt: Ob Kameruner oder Deutscher, ob Albaner oder Schwabe – spätestens beim Fußball merkt man es deutlich. Warum soll die Heimat sogar gegen andere abgeschottet werden? Soll dieser vorläufige Ort, sollen Nation oder Volk dadurch etwas „Ewiges“ bekommen? Könnte es sein, dass darin etwas anderes, eine Sehnsucht steckt? - „Es ist ja so, dass in uns allen immer ein Heimweh ist.“

Mein Heimweh vergeht nicht, wenn ich versuche, meinem vorläufigen Aufenthaltsort etwas Ewiges zu verleihen. „Es bleibt ja so, dass in uns allen immer ein Heimweh ist.“ 

Also nehme ich es, wie es ist. Ich muss wohl den Schmerz aushalten, dass ich nicht nur fast überall Ausländer bin, sondern überall nur auf der Durchreise - bis ich in der wirklichen, meiner himmlischen Heimat angekommen bin.

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06MRZ2025
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Ich kann jedes Mal nur staunen, wenn ich im März ins Wolfstal mit seiner Fülle von Märzenbechern komme. Staunen, das ist mir da im Tal einmal gekommen, Staunen ist eine Form von Gebet, ja, von Anbetung. Jetzt, um diese Zeit, ist es ganz besonders schön da bei Lauterach, wo die große Lauter von der Alb kommend in die Donau mündet. Das wildromantische, schluchtartige Tal voll von weißen Blüten. Und wer ein bisschen Ruhe und Ausdauer mitbringt, entdeckt zwischen den Märzenbechern auch den zinnoberroten Kelchbecherling. Das ist ein tatsächlich rot strahlender Pilz, der sich zeitgleich mit den hunderttausenden von hängenden Blüten zeigt.

Wenn es geht, komme ich schon früh am Morgen, wenn noch nicht so viele andere Menschen da sind. Vom Parkplatz aus schaue ich erst einmal, ob es im Sumpf schon gelb blüht. Die Märzenbecher sind ja weiß, aber da am Anfang, da steht Wasser auf der Wiese, da fließt ein kleiner Zufluss der Lauter, da strahlt es oft schon gelb hervor.

Und ich staune. Wie ein Kind suche ich und schaue, manchmal geradezu aufgeregt, manchmal verweile ich, gehe in die Hocke, schaue der Bewegung des Wassers zu und freue mich an den Spiegelungen der Farben.

Wenn ich weitergehe, sehe ich die ersten, noch vereinzelt stehenden Gruppen von Märzenbechern zwischen bemoosten Baumstämmen und dem Laub am Boden, bis ich dann mittendrin bin und wieder staunend beginnen will zu zählen…

Wie viele Blüten sind es wohl? Unzählige. Das ist die Antwort. Unfassbar viele, eine Blüte schöner als die andere, weiß, an diesen saftig-hellgrünen, aufrechten Stängeln hängen sie mit ihren gelbgrünen Spitzen.

Ein schmaler Weg führt durch das Tal, von Zeit zu Zeit kommen die Felsen ganz nah zusammen, Moose und Farne wachsen in den Spalten. Und ich kann einfach nicht aufhören zu staunen… Wie schön! Andächtig, das ist das beste Wort dafür, andächtig gehe ich durch dieses Tal, freue mich schon auf die Stelle, an der es sich noch einmal verengt und die Blumen bis weit hinauf am Hang stehen. Ich halte inne.

Das Staunen bringt mich ganz nah zu Gott. Ich bete: „Danke“, sage ich.

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05MRZ2025
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Das Bedauern von eigenen Fehlern ist nicht gerade ein Modetrend. Dabei hat doch jede und jeder solche klaren Momente, in denen einem ganz deutlich wird: „Da habe ich Mist gebaut!“ Der Aschermittwoch, der Tag heute, steht genau für solche Augenblicke.

Nun weiß ich ja nicht, ob Sie heute in aller Frühe in einem Gottesdienst waren, um sich nach altem, kirchlichem Brauch ein Aschekreuz auf die Stirn zeichnen zu lassen. Dieses Aschekreuz ist ein Zeichen, dass man eigene Fehler bedauert. Für mich ist es auch so etwas wie ein Schlüssel, der die Herzen öffnen kann.

Zuerst ist es ein Schlüssel für mein eigenes Herz. Es hat etwas sehr Persönliches, etwas zwischen mir und Gott. Ich öffne ihm mein Herz und sage: „Es tut mir leid.“ Ich kann fast seine Stimme hören, wie er fragt: „Was tut dir denn leid…?“ – und dann kann ich ihm sagen, was da im Dunkeln meines Herzens verborgen ist. Es kommt ans Licht. „Weißt du, es tut mir so leid, dass ich mit Michael so grob war. Auch wenn ich im Recht war: Das hat er nicht verdient.“ Mein Herz öffnet sich.

Das Aschekreuz ist auch ein Schlüssel zum Herzen anderer. Es macht mich einfach ein bisschen - demütig. Ich bin gar nicht so perfekt, wie ich vor anderen gern dastehen will! Das hilft im Umgang mit meinen Mitmenschen sehr!

Wer weiß, vielleicht entschuldige ich mich ja sogar bei Michael? Ich weiß es noch nicht. Wichtig ist, dass ich ihm jetzt wieder anders begegnen kann.

Das Aschekreuz. Es ist ein Schlüssel zur Tür meines Herzens. Und vielleicht sogar zu den Herzen anderer. Tja, und wenn man es verpasst hat, heute Morgen? Dann muss es eben auch ohne dieses körperlich spürbare Zeichen gehen. Und das tut es auch.

In der Bibel wird empfohlen, einfach mit Gott zu sprechen und ihm zu sagen, was wir verbockt haben. Da steht: „Wenn wir Gott eingestehen, was wir falsch gemacht haben, dann ist er treu und gerecht: Er wird uns vergeben und uns von aller Schuld befreien.“

Ich mache das. Gar nicht mal so selten! Ich spreche mit Gott und sage: „Weißt du, es tut mir leid. Vergib mir.“ Und ähnlich wie beim Aschekreuz kann ich es manchmal richtig spüren, wie sich mein Herz öffnet. Es tut mir gut. Und ich gehe mit mir und anderen danach anders um.

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04MRZ2025
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Kennen Sie Bernhard Paul, den Clown Zippo und Gründer des Zirkus Roncalli? – Er hat vor einiger Zeit ein Interview in der „Zeit“ gegeben.[1] Darin erzählt er, dass sein Zirkus 1986 in Moskau gastiert hat. Und da habe die Rote Armee dem Zirkus geholfen, das Zirkuszelt aufzustellen. Und dann sagt er den genial verrückten Satz: „Soldaten sollten dafür da sein, Zirkussen beim Aufbau zu helfen.“

Welch eine Vorstellung: Anstatt aus Schützengräben heraus auf Menschen zu schießen, anstatt Bomben zu werfen, anstatt zu zerstören, stehen die Soldaten im Kreis, ziehen und zerren an den dicken Seilen, rufen „Hau ruck, hau ruck!“ und klatschen sich stolz ab, wenn das Zelt schlussendlich fest vertäut steht. Und am Abend sitzen sie vergnügt bei der Premiere und freuen sich an akrobatischen Höhenflügen und dem Geblödel der Clowns.

Ein Wunschtraum. Klar. Soldaten sind Soldaten. Ihre Aufgabe hat nichts mit dem Zirkus zu tun. Aber: Ist das nicht ein wunderbarer Wunschtraum? „Soldaten sollten dafür da sein, Zirkussen beim Aufbau zu helfen.“ Total verrückt. Wie aus einer anderen Welt.

Ich glaube fest, dass wir solche verrückten Wunschträume aus einer anderen Welt brauchen. Wir brauchen sie, um nicht die Hoffnung zu verlieren. Wir brauchen sie als Gegenbilder zu dem, was tagtäglich auf uns einstürzt: Die erschreckenden Bilder, die furchtbaren Geschichten, die Angst, die uns kalt den Rücken runterläuft.

Jesus hat von solchen Wunschträumen, scheinbar aus einer anderen Welt, erzählt. Zum Beispiel vom barmherzigen Samariter. Der kümmert sich um einen Menschen, der unter die Räuber gefallen ist. Obwohl er ihn nicht kennt. Obwohl er nicht zu seiner Religion oder zu seinem Volk gehört. Er hilft. Uneigennützig. Ohne Dank zu erwarten. Damit will Jesus sagen: Kümmert Euch umeinander. Liebt einander. Überwindet Grenzen über Völker und Religionen hinweg. Jeder ist Dein Nächster.

Wunschträume aus einer anderen Welt: Soldaten, die Zirkussen helfen. Und Menschen, die einander beistehen und helfen. Und, Achtung, Jesus sagt: Genau das passiert doch schon. Schon jetzt. Mitten unter Euch. Der Wunschtraum ist Wunschtraum. Aber er ist auch schon Realität. Macht Euch auf! Es geht!

[1] „Eigentlich sollte ich alles hinschmeißen“, Interview von Jens Tönnesmann, Die Zeit vom 30.3.2023, S. 22.

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An manchen Abenden haben meine Frau und ich uns angewöhnt, vor dem Fernseher zu essen. Wir schauen dann häufiger dabei die Ratesendung: ‚Wer weiß denn sowas?‘. Da kann man kuriose Dinge lernen, von denen man noch nie gehört hat. Immer wieder gewinne ich interessante und neue Erkenntnisse, auch wenn es mit meinem Leben nicht wirklich etwas zu tun hat. `Wer weiß denn sowas?‘ Das könnte auch über dem heutigen Tag stehen, dem 3. März. Das ist nämlich seit 1973 der internationale Tag des Artenschutzes.

Hätten Sie es gewusst? Ich jedenfalls nicht. Aber wieder habe ich etwas Interessantes neu gelernt. Die Sache allerdings ist mir schon länger bewusst. Immer wieder werde ich daran erinnert, wie viele Arten an Pflanzen und Tieren aussterben, ständig und zunehmend. Es überrascht mich nicht, dass dieser Vorgang weder zufällig noch unerwartet vor sich geht, sondern von Menschen mitverursacht wird. Die Art und Weise, wie wir leben, sorgt dafür, dass die Bedingungen für alle Lebewesen schwieriger werden.

Natürlich ist Artensterben auch ein natürlicher Vorgang, aber die von Menschen verursachte Klimaveränderung spielt eine große Rolle. Und Pflanzen und Tiere verlieren zudem immer mehr Lebensraum durch Landwirtschaft und Städtebau. Auch Überfischung und Wilderei spielen eine große Rolle. Leider kann der Mensch viel kaputt machen

Ob ein festgelegter Tag im Jahr daran etwas ändert? Ich befürchte, es geht vielen Menschen wie mir, dass sie gar nichts von diesem Tag wussten.

Das Problem allerdings kenne ich. Und ich weiß auch etwas davon, wie Gott sich das Leben auf der von ihm geschaffenen Erde vorgestellt hat. Nämlich so, dass sie Lebensraum bietet für Pflanzen, Menschen und Tiere. Der Mensch hat in diesem Zusammenspiel eine besondere Aufgabe. Im Schöpfungsbericht der Bibel im 1. Buch Mose steht der Satz: Gott der HERR nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte. Nicht jeder hat einen Garten, aber es gibt zum Glück viele Möglichkeiten, sich um die Schöpfung zu kümmern, damit auch künftige Generationen auf ihr leben können. Gemeinsam mit Pflanzen und Tieren. Ich finde es schön, dass der heutige 3. März, der Tag des Artenschutzes, mich daran erinnert.

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28FEB2025
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„Ich bin immer für dich da“ – das sage ich meiner Freundin, bevor ich den Hörer auflege. Ihr geht’s grad nicht gut. Ich habe ihr am Telefon zugehört, versucht, irgendwie hilfreich zu sein. Und wie das halt so ist, nach so einem Gespräch, denk ich mir: Hm, hab ich jetzt wirklich die richtigen Worte gefunden?

Vermutlich geht das sowieso kaum, in traurigen Situationen die richtigen Worte zu finden. Es geht ja mehr ums „einfach Dasein“. Und das will ich auch, ehrlich. Aber als ich meiner Freundin am Ende des Telefonats sage: „Ich bin immer für dich da.“, da übertreibe ich. Denn das stimmt so nicht. Ich bin nicht IMMER für sie da. Ich kann das gar nicht.

Ich habe zwei Kinder, einen Partner, ein Ehrenamt, ich habe Freundschaften, ich habe einen Job, und ich habe da auch noch mich. Ich will all diese wunderbaren, von mir geliebten Beziehungen und Aufgaben ernst nehmen. Aber ich habe eben nur diese 24 Stunden am Tag, und die reichen einfach nicht, um für alle so da zu sein, wie sie es eigentlich bräuchten und auch verdient hätten.

Mir ist klar, dass das nicht geht. Und gleichzeitig wird von mir erwartet, jederzeit und überall erreichbar zu sein. Egal ob im Job, in Familie oder Freundschaft.

Ich merke, ich kann UND ich will das nicht. Mir ist das zu viel, dieses immer da sein, immer verfügbar sein. Das stresst mich. Ich brauche Zeiten, in denen ich das Handy abschalte und wirklich nur an dem Ort bin, an dem ich grad stecke; und dort eben dann wirklich da sein kann für die Menschen, mit denen ich grad zusammen bin – mit meinen Kinder, mit einer Freundin, im Job mit meinen Schülerinnen und Schülern oder einfach mit mir selbst. Und dann ist das Handy aus und ich bin voll empfangsbereit für das, was ich grad tue.

Wenn ich das nächste Mal mit meiner Freundin spreche, werde ich ihr nicht mehr sagen, dass ich immer für sie da bin – ich würde sie nur enttäuschen. Unsere Freundschaft ist keine Dienstleistung. Sie ist weder berechnet, noch effizient. Aber ich werde ihr etwas sagen, was ich auch so meine. Etwa:

Ich denke an dich! Und versuche, bemühe mich ganz ehrlich, für dich da zu sein! Denn ich hab dich lieb. – Das ist nicht gelogen, das ist ehrlich, denn das fühl ich und das will ich. Für sie – und für mich. Für unsere Freundschaft.

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27FEB2025
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Meine zwei Kinder verbringen ein ganzes Wochenende bei ihren Großeltern. Eine absolute Besonderheit, auf die sie sich schon seit Wochen freuen. Als sie zurückkommen, sagt meine Tochter: „Das ist einfach wie zu Hause, nur cooler.“

Ich muss schmunzeln – na klar, ist es dort cooler: Das ganze Wochenende im Schlafanzug verbringen, Schach spielen, ganz viel Vorlesezeit, ins Kino gehen und immer nur das Lieblingsessen schnabulieren. Ein Kindertraum wird wahr.

Aber was mich dabei so ungemein rührt: Dass es bei Oma und Opa wie ein zu Hause für sie ist. Sie dürfen dort weinen, lachen, diskutieren. Dürfen alle Fragen stellen. Müssen sich nicht verbiegen. Alles ist für sie ganz selbstverständlich und vertraut. Meine Töchter können sein wie sie sind und fühlen sich dabei sicher und bedingungslos angenommen.  Was für ein Luxus: Neben unserem zu Hause noch ein weiteres Nest zu haben, in dem sie geliebt werden und wissen: Hier ist immer Platz für uns, egal was ist.

So ein Ort ist auch für mich wichtig. Denn ich kenne das nur zu gut: Dass ich mich nach einem Platz sehne, der für mich gedacht ist, wo ich sein kann, so wie ich bin. Und diese Sehnsucht nach Heimat hat für mich persönlich eine tiefe religiöse Bedeutung. Jesus verspricht seinen Jüngern kurz vor seinem Tod: Bei Gott, bei meinem Vater, gibt es genug Platz im Haus, für euch alle. Ich werde sogar für jeden von euch einen festen Platz vorbereiten.[1]

Darauf verlasse ich mich: Für mich ist gesorgt. Jesus verspricht mir, dass ich einen festen Platz bei ihm habe. Und wenn ich an diesen Platz denke, dann wird mir warm ums Herz. Dann denke ich an einen Ort, wo ich nicht doof angeschaut werde, weil ich mal laut oder mal zu leise bin. Sondern aufgehe, wie in ein einer ganz großen Umarmung, die gar nicht mehr aufhört, und die dabei nie unangenehm wird. Einen Platz, an dem meine ganze Person, mit ihren schönen und speziellen Seiten, ankommt – und Heimat findet.

Dieser Glaube trägt mich, vor allem dann, wenn ich mich mal nicht wohl oder beheimatet fühle. Das ist mir wichtig und gibt mir Halt. Und deshalb bin ich dankbar, dass meine Töchter ihre Großeltern haben. Und dort bereits jetzt, ganz tief in ihnen drin, so eine Ahnung davon bekommen, was Jesus meint, wenn er sagt: Ich habe einen Platz für dich.

 

[1] Frei nach Joh 14,2

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26FEB2025
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Jalil* hat Angst; und dass er die hat – dafür schäme ich mich. Jalil ist ein junger Mann, der vor sechs Jahren aus Syrien geflohen ist und jetzt hier bei uns in Baden-Württemberg lebt. Mit seinen drei kleinen Schwestern ist er im Schlauchboot übers Meer gekommen; die drei waren noch echt jung, sechs Jahre alt, zehn und zwölf. Ihr Vater wurde in Syrien ermordet, von ihrer Mutter wissen die Kinder bis heute nichts. Jalil hat sich um alle und um alles gekümmert! Er hat so gut Deutsch gelernt, dass er letztes Jahr seine Ausbildung zum Krankenpfleger geschafft hat. Ich kenne die Geschichte der Geschwister, weil ein Freund Jalil bei der Ausbildung unterstützt hat, ihn begleitet und immer wieder von ihm erzählt.

Jalil hat einen Antrag gestellt, damit er und seine Schwestern in Deutschland bleiben können. Und jetzt hat er Angst, richtig große Angst. Weil der Krieg in Syrien zu Ende ist, bleibt sein Antrag liegen. Niemand kann ihm sagen, ob sie bleiben können. Und noch etwas macht ihm Angst. Wenn er manche Leute in der Politik reden hört, dann hat er das Gefühl: „Es ist nicht mehr gut, dass ich hier bin“.

Ich finde es beschämend, dass einer wie Jalil hier in Deutschland Angst haben muss. Einer der vor Krieg und Terror geflohen ist. Der so viel Kraft hat, der so fleißig ist. Und so dankbar, dass seine Schwestern hier in Sicherheit aufwachsen dürfen. Einer, der einfach ein guter Kerl ist! Ich habe oft gedacht, es ist großartig, wie die drei Mädchen es schaffen, ohne Eltern hier in unserem Schulsystem klarzukommen. Sie haben sich in der Corona-Zeit gegenseitig unterstützt und in einer kleinen Wohnung organisiert. Und das ist nicht alles; sie engagieren sich auch noch: Die eine ist Schülersprecherin, die andere spielt mittlerweile richtig gut Fußball und ist im Sportverein aktiv. 

Ich wünsche mir von der neuen Bundesregierung und von allen politischen Kräften, dass sie Respekt haben vor Menschen wie Jalil. Dass sie genau hinschauen. Auf jeden, der zu uns kommt; dass sie unterscheiden. Und dass sie begreifen, wie Jalils Familie unsere Gesellschaft stärkt! Dass sie ihm zutrauen selbst zu entscheiden, ob oder wann er nach Syrien zurückkehrt. Von den Medien wünsche ich mir, dass solche positiven Geschichten erzählt werden. Denn davon gibt es viele, sehr viele. Deutlich mehr als die von jenen Geflüchteten, die Unruhe ins Land bringen oder Straftaten begehen. 

Wir sind als Gesellschaft dann auf dem richtigen Weg, wenn Jalil in Deutschland keine Angst mehr hat. Wenn er und seine Schwestern spüren: Es ist gut, dass wir hier sind.

 

*Name geändert

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