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08AUG2024
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Ich liebe es im Sommer abends auf der Terrasse zu sitzen und in den Himmel zu schauen und dabei den Tag Revue passieren zu lassen. Wenn es dann langsam dunkel wird und so nach und nach die ersten Lichtpunkte am Himmel erscheinen und der Mond aufgeht. Mal sieht man ihn fast gar nicht, wie jetzt und mal richtig rund und schön.

„Der Mond ist aufgegangen, die goldnen Sternlein prangen, am Himmel hell und klar …“ . Viele Jahre haben wir dieses Lied unseren Kindern jeden Abend vorgesungen. Irgendwann konnten sie auch fast alle Strophen auswendig. Ich mag dieses Lied einfach.

Geschrieben hat es Matthias Claudius, und für ihn ist die Nacht wie ein Zimmer. Ein Raum der wirklichen Ruhe. Alles, was mich den Tag über beschäftigt oder geärgert hat, hat hier keinen Platz. Ich soll es einfach verschlafen und vergessen.

Das ist allerdings nicht immer so einfach, finde ich. Wie oft liege ich manchmal im Bett und finde keine Ruhe, weil mich an dem Tag irgendwas so beschäftigt hat.

In dem Lied geht es weiter: Seht ihr den Mond dort stehen? Er ist nur halb zu sehen und ist doch rund und schön…“ Genau wie jetzt gerade: Der Mond nimmt zu und ist trotzdem eigentlich immer ganz da. Rund und schön. Und so ist es auch mit anderen Sachen heißt es in dem Lied. Und ich finde, dass da echt was dran ist: Wenn ich abends nur meine Sorgen anschaue, dann sehe ich auch nicht alles von meinem Tag. Dass ich es z.B. endlich mal geschafft habe einen Freund anzurufen, was ich eigentlich schon ewig machen wollte. Oder dass es einfach ein wunderschön sonniger Tag war.

Deshalb habe ich mir das jetzt vorgenommen: Wenn ich abends so über meinen Tag nachdenke, dann will ich es probieren, mit den Dingen anzufangen, die mir gelungen sind. Vielleicht auch einfach mit den Sachen, die mich an dem Tag gefreut haben. Und mich so vorarbeiten Schritt für Schritt.

„So legt euch denn ihr Brüder, in Gottes Namen nieder“ So geht das Lied zu Ende. „In Gottes Namen“ – das soll wohl heißen: Von Gott getragen. Daran denken, dass er da ist. Vielleicht beten und im Gebet irgendwie loslassen, was einem Sorgen macht. Vielleicht einfach beides in einem Gebet Gott erzählen. Das, was schön war und das, was mich beschäftigt. Beides gehört zu einem Tag dazu – auch, wenn vielleicht nicht jeden Tag alles zu sehen ist. Eben wie beim Mond.

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07AUG2024
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Manchmal kann ich im Moment nur mit dem Kopf schütteln. Als wären die vielen Krisen auf der Welt nicht schon genug. Jetzt habe ich in der Nachbarschaft auch noch mitbekommen, wer alles mit einer schweren Krankheit zu kämpfen hat. Dann muss ich den Partner eines Gemeindeglieds beerdigen, der viel zu früh gestorben ist. Was für ein Schicksalsschlag für die Familie, die Freunde. Und dann noch der Blick auf mein Handy. Wenn ich auf Facebook oder Instagramm wieder einmal über die Hasskommentare stolpere: Über Ausländer oder Inländer, Politiker oder Promis, über Eltern, die ihre Kinder nicht richtig erziehen.

Das alles zusammen lässt mich sprachlos zurück – ohne Sprache, ohne Worte. In diesen Momenten bin ich dann froh, dass ich die Worte nicht immer selber finden muss. Denn, wenn ich sprachlos bin, kann ich mir eine Sprache leihen. Wörter leihen, die dann vielleicht trösten können. Oder zumindest zeigen können, dass es weitergeht.

Diese Sprache finde ich dann in den Gebeten und Liedern der Bibel. Zum Beispiel im „Vater unser“. Es ist ein Gebet, in dem ganz viel Vertrauen steckt. Es ist das Gebet eines Kindes zu seinem Vater. Zu einem Vater im allerbesten Sinn. Der für seine Kinder alles tun würde.

Ich finde, dass in diesen Worten eigentlich alles drinsteckt. Das, was mich sprachlos macht und das, was mir trotzdem Hoffnung gibt. „Erlöse uns von dem Bösen“ heißt es da z.B. Das wünsche ich mir wirklich. Dass Kriege, Gewalt und der Terror irgendwann aufhören. Vor allem, dass es nicht immer schlimmer und schlimmer wird. Das wünsche ich allen kranken Menschen. Dass sie nicht leiden müssen und Hoffnung haben.

Da heißt es aber auch: „vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern…“. Da steckt Hoffnung drin und Neuanfang. Die Möglichkeit aufeinander zuzugehen und all die unschönen Dinge auf unserer Welt zu überwinden.

Und in dem Gebet heißt es auch: „Dein Reich komme, dein Wille geschehe …“.

Das heißt für mich: Ich kann auf Gott vertrauen. Ich bin nicht allein, denn Gott möchte uns heil machen. Er will es gut machen. Und so können wir gemeinsam dazu beitragen, dass sein Wille geschehe.

Ich bin noch nicht bereit aufzugeben. Ich glaube, dass es auch bessere Zeiten geben kann. Gott ist da und er meint es gut mit mir und den Menschen. Das macht mir Mut und leiht mir Worte der Hoffnung, wenn ich selber keine habe.

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06AUG2024
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Ich liebe den Sommer mit seinen schönen Farben. Bei uns im Garten blühen die Rosen schon ein zweites Mal in gelb und rosa. Die Tomaten leuchten rot. Und das ganze Grün. Auf den Feldern und an den Bäumen. Das glitzernde blaue Wasser … . Letzte Woche hatten wir bei uns in der Gemeinde Kinderferienwoche. Und da haben wir die vielen Kinder gefragt, was sie mit welcher Farbe verbinden.

Da gab es natürlich ganz viele Antworten:
Gelb steht für die Sonne, für den Sand am Strand und für ein leckeres Wassereis. Blau steht für das Meer und für das Wasser im Freibad. Grün steht für Wiese beim Spielplatz oder für leckeren Spinat. Usw.

Wir haben dann einen Versuch gemacht. Und haben mit einer Taschenlampe auf ein Prisma geleuchtet – so ein längliches Dreieck aus Glas. Das Besondere daran ist: Auf der einen Seite geht das weiße Licht rein. Das Licht wird gebrochen und kommt auf der anderen Seite in den Regenbogenfarben wieder raus. Manche der Kinder kannten das schon aus der Schule. Ich habe das auch schon oft gesehen und trotzdem fasziniert mich das immer wieder: Licht ist bunt.

Ob Jesus daran auch gedacht hat, als er gesagt hat: „Ich bin das Licht der Welt“ ? Jesus macht das Leben hell. Und in seinem Licht stecken alle Farben des Lebens mit drin, wie bei einem Regenbogen. D.h. in jeder roten Rose und in jeder gelben Sonnenblume ist ein Teil Gottes mit dabei. Es steckt in jeder blauen Pflaume und in jedem grünen Grashalm mit drin. Und mehr noch. Wenn wir jetzt im Sommer in den Urlaub fahren, dann ist er mit dabei. In den Farben der Autos oder Züge, in dem beige der Schotterwege und natürlich in den vielen Farben, die es in der Eisdiele gibt.

Aber klar – das Leben ist natürlich nicht immer nur bunt. Es gibt auch Schattenseiten. Und das Leben fühlt sich eher trübe an. Da hilft es mir, wenn ich mich zum Beispiel an den schönen Sommer und den Urlaub mit meiner Familie erinnere. Jesus zeigt mir, wie leuchtend hell die Welt sein kann. Deshalb vertraue ich darauf, dass es immer wieder hell wird. Denn Jesus verspricht: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“

Vielleicht achten Sie auch mal drauf, was Ihnen an einem Tag so an Farben begegnet. Das Leben ist bunt und jeder Farbklecks erinnert uns daran: Gott ist da. Das ist das Licht des Lebens.

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05AUG2024
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Meine Tochter und ich snapchatten gerade jeden Tag miteinander. Snapchat, das ist so ein Messenger auf dem Handy, bei dem man seinen Freunden hauptsächlich Fotos schicken kann. Das Lustige daran ist: Ich kann die Bilder, die ich meiner Tochter schicke, ganz leicht verändern: und auf einmal bin ich da nicht mehr bloß ihr Papa. Sondern habe pinkfarbene Haare, spitze Ohren und einen Elfenstab in der Hand. Ich könnte mich aber auch jünger machen und hätte plötzlich kein einziges graues Haar mehr.

Für mich ist das ein Spaß. Aber ich weiß, dass das für viele junge Menschen überhaupt kein Spaß ist. Gerade in den sozialen Netzwerken, spielt es eine unglaubliche Rolle, wie jemand aussieht. Ein junger Mensch mit dem Handy in der Hand weiß: Jetzt kommt's drauf an. Ich muss top aussehen, so wie die Topstars. So wie die Influencer im Internet. Sonst bin ich ein Niemand … . Ich mag mir kaum vorstellen, wie sehr einen das unter Druck setzt.

„Vergiss es nie: Niemand denkt und fühlt und handelt so, wie du und niemand lächelt so, wie du´s grad tust […] . So heißt es in einem Lied, das wir in der Gemeinde mit Kindern gerne singen. Wir alle sind einzigartig. Jede und jeder von uns. Das ist die Botschaft dieses Liedes. Und „Du bist gewollt kein Kind des Zufalls, keine Laune der Natur, ganz egal, ob Du dein Lebenslied in Moll singst oder Dur. Du bist ein Gedanke Gottes, ein genialer noch dazu […]“ So geht es im Refrain weiter. Wir alle sind einzigartige Gedanken Gottes. Und dabei spielt es keine Rolle, ob ich jetzt schon ein paar graue Haare habe, oder nicht. Es spielt keine Rolle, ob ich wahnsinnig erfolgreich in meinem Beruf bin, oder nicht. Auch nicht, ob meine Nase ein bisschen schief ist und mein linker Fuß ein bisschen größer ist als der rechte.

Aber genau das ist es, was viele junge Menschen so unter Druck setzt. Deshalb ist es eigentlich genau das, was ich meinen Kindern gerne mitgeben möchte. Dass ihr Aussehen genau so richtig ist, wie es ist. Mit allem, was dazugehört.

Wir werden älter und gebrechlicher, die Haut ist vielleicht nicht mehr ganz so straff. Für Gott ist das alles nicht wichtig. Wir waren, sind und bleiben ein genialer Gedanke von ihm.

Das kann man den jungen Menschen vermutlich gar nicht oft genug sagen. Lassen Sie sich doch mal Snapchat von ihren Kindern oder Enkeln zeigen. Und freuen Sie sich gemeinsam, was für geniale Gedanken Gottes wir doch sind. 

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02AUG2024
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Ich bin vor Kurzem in eine neue Stadt gezogen: Nach Augsburg. Hier feiern die Leute Anfang August einen besonderen Tag. Das Hohe Friedensfest. Das ist hier sogar ein Feiertag, an dem die Leute in der Stadt alle frei haben.

Bevor ich hier her gekommen bin, habe ich von diesem Friedensfest noch nie gehört und konnte damit nur wenig anfangen, außer, dass man da frei hat.

Ich habe mich gefragt, was man da feiert und wie dieses Fest in der Stadt aussieht.

Einen ganzen Tag geht es hier um den Frieden und darum, dass Religionen einen wichtigen Beitrag dazu leisten können. Es gibt beispielsweise eine große Feier auf dem Rathausplatz, an der alle Religionsvertreter der Stadt zu Wort kommen. Es gibt verschiedene interreligiöse Angebote und eine große Tafel, an der alle Leute zusammen essen. Das finde ich gut und wichtig.

Religionen haben durch die Geschichte hindurch viele Menschen zusammengebracht, haben Menschen Halt und Kraft und Hoffnung für ihr eigenes Leben gegeben. Aber Religionen haben durch die Geschichte hindurch auch viel Schaden angerichtet. Für ihre Religion sind viele Menschen in den Krieg gezogen, haben Häuser, Menschen und sich selbst zerstört. Und auch heute noch führen Menschen im Namen der Religion Krieg.

Das passt nicht zu meinem Bild. Ich bin gläubig, katholisch und bin in der Kirche. Ich denke, dass auch andere Religionen Wege mit Gott für den Frieden suchen und finden. Mir ist bewusst, dass ich die großen Probleme als Einzelner nicht lösen kann. Aber ich kann für Frieden appellieren, dafür beten und mich zumindest in meinem Umfeld dafür einsetzen, dass wir gut miteinander umgehen.

Denn ich denke, Frieden beginnt bei mir. Wo ich mich für andere Menschen einsetze, wo ich dafür eintrete, dass auch andere Menschen ihren Glauben leben können.

Denn ich meine, dass Religionen auch heute noch eine große Kraft haben, um Menschen zusammenzubringen. Wie am Friedensfest in Augsburg. Wenn die Kirchen sich öffentlich für Frieden aussprechen und Menschen aus unterschiedlichen Kulturen an eine Tafel zusammen bringen und gemeinsam beten.

Ich finde es klasse, dass sich Menschen in Augsburg für den Frieden einen Tag lang Zeit nehmen dürfen und sollen. Das macht mir Hoffnung auf eine friedliche Zukunft.

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01AUG2024
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mitten auf dem Petersplatz, in Rom, versammeln sich viele Leute. Dieses Jahr sind es rund fünfzigtausend Ministrantinnen und Ministranten aus ganz Europa, die hier zusammenkommen: Um den Glauben zu feiern und dass sie Ministranten sind. Es werden Fahnen geschwenkt und Fangesänge auf den Papst und den Glauben gesungen. Ich bin mittendrin gemeinsam mit meiner Ministrantengruppe. Wir sind hier her gepilgert – mit dem Bus. Ein Bus voller Jugendlicher und voller Erwartungen. Sie erhoffen sich eine spannende Reise. Dass sie neue Ministranten von überall her kennenlernen, neue Orte entdecken können und eine gute Zeit haben, die wir miteinander teilen.

"Mit dir" unter diesem Motto steht diese Fahrt. Es ist ein kurzes Zitat aus dem Buch Jesaja in der Bibel. In diesem Abschnitt der Bibel spricht der Prophet Jesaja: "Gott ist mit dir – du bist nicht allein." Eine hoffnungsmachende Zusage finde ich. "Mit dir": Das bedeutet für mich auch, dass ich nicht alleine bin mit meiner Hoffnung, mit meinen Sorgen und dem was mich umtreibt. "Mit dir": Das bedeutet für mich: Es gibt da jemanden, der an meiner Seite ist. Dies erlebe ich dieser Tage hier in Rom mit vielen anderen Jugendlichen und jungen Christinnen und Christen. Auch wenn ich in meiner Gemeinde vielleicht der einzige Ministrant bin, kann ich bei dieser Pilgerfahrt erleben: Wir sind viele, ich bin nicht allein. Uns eint der gemeinsame Glaube an Jesus Christus und unser Dienst in den verschiedenen Gemeinden. Es sind Jugendliche aus ganz Europa hier. Das ist schön zu sehen und zu erleben.

Klar, Gemeinschaft kann ich auch woanders erleben. Bei der Jugendgruppe vor Ort oder in der Schule, auf der Arbeit oder beim Musizieren. Doch hier in Rom bei der Ministrantenwallfahrt hat das für mich nochmal eine andere Dimension. Weil wir Glaubende, junge Menschen sind. Und das ist das, was es ausmacht. Zu sehen, dass eine Kirche von morgen möglich ist.

Dass ich selber mitbauen kann an dieser Kirche für morgen. Dass ich gemeinsam mit anderen unterwegs bin. Hier in Rom, aber auch in der Gemeinde vor Ort.

Ich bin nicht alleine, sondern gemeinsam unterwegs: "Mit dir".

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31JUL2024
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Immer wenn ich eine schwierige Entscheidung treffe, brauche ich mindestens eine Nacht, um drüber zu schlafen. Ich selbst muss mir Zeit für wichtige Dinge nehmen. Meine Eltern haben sich auch Zeit genommen, um mich zu erziehen. Meine Lehrerinnen haben sich ebenfalls Zeit genommen, damit ich lernen kann. Und in meiner Gemeinde nehmen sich die Jugendlichen Zeit, um sich auf die Firmung vorzubereiten. Weil sie da für sich und ihren Glauben öffentlich einstehen. Sie werden bestärkt, dass Gott an ihrer Seite ist und er mit ihnen durchs Leben gehen will.

In dem Jahr gehen wir unter Anderem gemeinsam pilgern. Also wir machen uns auf von zuhause weg, um näher zu uns selbst und zu Gott kommen zu können. Auf dem Weg kommen wir gemeinsam ins Gespräch. Nicht nur über Hobbies und Schule. Wir sprechen beispielsweise auch dr・er, ob sie sich wirklich firmen lassen wollen. Sich daf・ entscheiden, mit Gott durchs Leben zu gehen. Dabei lernen sie Glauben und Leben selbst zu gestalten und sich eine eigene Meinung zum Glauben und Leben zu bilden.

Die Kirche feiert heute so einen, der sich für die Kirche und den Glauben entschieden hat. Ignatius von Loyola. Er hat den Jesuitenorden gegründet. Vorher hatte er mit Glauben nicht so viel zu tun. Als Soldat war er verletzt und ist dadurch einen eigenen Weg zum Glauben gegangen. Später in seinem Leben stand für ihn dann fest: Er will bei den Christen dabei sein. Will leben, was er glaubt und was ihn trägt.

Für ihn ist Glaube ständiges Üben. Ein Prozess, mit dem ich niemals fertig bin. Deshalb lohnt es, sich an Knotenpunkten des Lebens immer wieder mit dem eigenen Glauben und Leben auseinanderzusetzen. Mit Fragen beim Pilgern, im Alltag oder den großen Exerzitien in einer Zeit in einem Kloster. Dieses Üben mit Gott bringt mich näher zu ihm und zu mir. Ich kann meine Gedanken und Fragen sortieren und nehme mir auch Zeit dafür.

Am Anfang des Lebens und beim Erwachsenwerden nehmen wir uns für den Glauben bewusst Zeit. Und dann? Dann bin ich plötzlich erwachsen. Doch auch dann lohnt es sich, mir immer wieder Zeiten und Auszeiten zu nehmen. Damit ich in meinem Glauben wachsen kann – von innen heraus. Wie die Firmlinge in unserer Gemeinde und wie Ignatius von Loyola. Zeit für mich und Zeit mit Gott.

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30JUL2024
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Ich hab das Glück und erlebe: Freunde sind einfach da. Sie unterstützen mich, sie helfen mir und pushen mich. Mit Freunden kann ich über alles reden und sie hören mir zu, nehmen mich an, so wie ich bin. Das ist so was wie ein Safespace für mich. Beziehungen in denen ich mich getragen fühle.

So geht es mir mit Jesus auch – er ist für mich wie ein Freund. Es gibt ein Bild, das erinnert mich besonders an meine Beziehung zu Jesus. Es heißt: "Freundschaftsikone". Es ist kein Foto oder Gemälde, sondern tatsächlich eine Ikone. Bei einer Ikone geht es weniger darum, ob die Menschen lächeln, die Belichtung passt oder wie die Kleidung fällt. Es geht eher darum etwas Göttliches auszudrücken.  Einen Aspekt, der mich im Glauben trägt und weiter bringen kann.

Es ist ein Motiv aus dem achten Jahrhundert. Im Vordergrund sieht man zwei Personen nebeneinander stehen.  Beide haben einen Heiligenschein um ihren Kopf. Der eine ist etwas größer als der andere. Der eine sieht aus wie ein Mönch. Es ist der Abt Menas. Er hat ein helles Gewand an, eine Schriftrolle in der einen Hand. Mit der anderen Hand deutet er an zu segnen. Die andere Person ist etwas größer. Sie hat ebenfalls ein Gewand an – ein dunkles. An dem Heiligenschein, der mit einem Kreuz versehen ist, erkenne ich, dass es Christus ist. Er hat ein Buch in der Hand. Und die andere Hand hat er auf die Schulter des Abtes Menas gelegt. Beide schauen in dieselbe Richtung, schauen nach vorn – dem Betrachter in die Augen.

Jesus wird hier als Freund dargestellt.

Ich betrachte diese Ikone gern. Denn sie drückt aus, wie ich zu Jesus und meinem Glauben stehe. Deshalb hat sie bei mir zuhause einen besonderen Platz. Jesus ist wie ein Freund, zu dem ich immer kommen kann. Er ist neben mir, stärkt mir den Rücken an meiner Seite. Wenn es läuft aber auch dann, wenn es mir schwerfällt: Er ist da, schaut mit mir gemeinsam das Leben an, nimmt meine Perspektive ein und versteht mich. Er versteht mich und mein Leben. Und das gibt mir Mut.

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29JUL2024
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Auf meinem Bett liegt ein Reisekoffer aufgefaltet und noch leer. Jedes Mal, bevor eine Reise losgeht, fällt es mir schwer zu entscheiden, was mit soll. Meistens pack ich einfach wild ein, was ich zu fassen bekomme und setze mich zum Zumachen dann auf den Koffer. Wenn ich dann den vollen Koffer über die Piazza trage und der Weg zur Unterkunft nicht enden will fällt mir auf – ich hab viel zu viel mitgenommen. Viel zu viel, was ich eigentlich nicht brauche.

Doch dieses Mal soll es anders laufen. Ich habe mir nämlich vorher eine Packliste geschrieben. Heißt: Ich nehme mit, was ich mir vorher aufgeschrieben habe. Das macht es mir einfacher zu sehen, ob ich erstens alles Wichtige dabei habe. Und zweitens laufe ich damit weniger Gefahr doch zu viel einzupacken.

So wie bei meinem Reisegepäck geht es mir auch im Alltag. Dort sind es Gedankenpakete, die meinen Kopf füllen und immer wieder zu Ballast werden. Auch hier habe ich immer zu viel im Kopf. Das Reisegepäck meines Lebens. Da findet sich allerlei Schönes – Andenken meiner Kindheit und Jugend. Schöne Erinnerungen mit Menschen, die mir wichtig sind. Dann auch welche mit Leuten, die mir wichtig waren. Da gibt es aber auch Dinge, die ich mit mir herumschleppe, die mich runter ziehen – mir das Weiterlaufen schwer machen. Dinge von früher. Ein ungeklärter Streit oder Verletzungen von anderen. Wenn ich mir zu viele Gedanken mache, nicht abschalten kann, dann ist’s auch hier viel zu viel. Das macht mir mein Leben richtig schwer.

Ich weiß, dass es nicht leicht ist, diese Dinge einfach aus meinem Kopf zupacken und hinter mir zu lassen. Mit Gedanken und Erinnerungen ist es ja eben anders als mit Kleidungsstücken in einem Koffer. Vielleicht hilft es mir da ja doch so eine Art Packliste für mich zu machen. Auf diese Liste kommen Dinge, die mir wichtig sind. Menschen, die mir guttun. Erlebnisse, die mich stärken. Eben die Packliste meines Lebens. Schön gestaltet steht sie auf meinem Schreibtisch. Auf einem anderen Blatt stehen Dinge, die mich belasten. Dieses Blatt zerknülle ich und werfe es weg, wenn ich soweit bin. Mir das bewusst zu machen, aufzuschreiben und wegzuwerfen hilft mir ein stückweit.

Und mit der Packliste meines Lebens vor Augen sehe ich im Alltag dann immer wieder eine andere Perspektive. Etwas, woran ich mich erfreue, wenn es mal nicht so läuft, es mega stressig ist und der Kopf voll. Packlisten schaffen Ordnung in meinem Leben. Für die nächste Reise und in meinem Kopf.

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26JUL2024
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Als ich ein Schüler war, da habe ich immer gedacht: Menschen, die 60 Jahre alt sind, sind uralt und eigentlich fast schon tot. Jetzt bin ich 60 Jahre alt. Und ich fühle mich noch überhaupt nicht tot. Ich fühle mich noch ziemlich lebendig. Ich stehe noch mitten im Beruf, meine Kinder sind teilweise noch in der Ausbildung und ich freue mich über fünf Enkelkinder. Da ist noch ganz schön viel Leben drin. Hätte ich als Schüler nicht gedacht.

Und dennoch ist mir eines bewusst geworden: Auch wenn ich noch ziemlich lebendig bin, meine Lebenszeit ist dennoch begrenzt. Ich habe definitiv schon viel mehr Jahre hinter mir als noch vor mir. Die Zeit verfliegt immer schneller. Und darum muss ich mich mit dem Gedanken anfreunden, dass nicht mehr alles in meinem Leben möglich ist, was ich mir vielleicht wünschen würde. In sieben Jahren gehe ich spätestens in Rente. Ich muss mir überlegen, was ich noch in meinem Beruf schaffen kann – und was nicht mehr. Meine Kraft ist begrenzt. Ich kann keine Nächte mehr durcharbeiten und leider auch keine mehr durchfeiern – so wie früher - ohne am nächsten Tag völlig k.o. zu sein. Meine Ziele sind begrenzt. Ich werde auch nicht mehr jedes Land bereisen können, das ich gerne noch sehen würde. Und ich kann nicht mehr jedes Buch lesen, das mich interessiert. Ich fange an, meine Begrenztheit zu begreifen und damit zu leben.

Und ich frage mich viel mehr als früher: Was ist wirklich wichtig? Wofür will ich meine verbleibenden Jahre einsetzen? Auf was kann ich verzichten? Ich merke, dass mir Menschen und die Zeit mit ihnen wichtiger geworden sind. Begegnungen, gute Gespräche, zusammen zu essen und zu reden und zu lachen. Das ist wichtig. Und ich frage mich jetzt immer öfter: Was hat Gott noch mit mir vor?

In der Bibel heißt es mal im Psalm 91: „Gott, lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, damit wir klug werden“. Das Sterben kann ruhig noch etwas warten. Aber klug möchte ich heute schon werden. Oder mit einem anderen Wort: weise. Ich will meine Jahre im Vertrauen auf Gott weitergehen. Auch wenn nicht mehr alles im Leben möglich ist, wird er mir das geben, was wirklich zählt. Darauf vertraue ich, wenn ich jetzt 60 geworden bin.

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