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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

30SEP2022
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Ich habe im Fernsehen von ihm gehört: Johannes Wittich ist Schreinermeister in Freiburg und er baut besondere Möbel: Möbel, die man sich zuerst wie gewohnt in die Wohnung stellt, aber wenn es dann so weit ist, auch als Sarg benutzen kann.

Ein Freund hat ihn auf diese Idee gebracht. Der ist schwer krank gewesen und hat sich von Johannes einen Sarg gewünscht. Einen, mit dem man sich schon zu Lebzeiten „anfreunden“ kann. Um dem Tod ein bisschen seinen Schrecken zu nehmen. Der Freund hat sich eine einfache Kiste gewünscht, und Johannes hat sie ihm gebaut. Das hat ihm auch selbst geholfen, sagt er, um mit der eigenen Trauer umzugehen. Aber nach dem Tod des Freundes ist die Idee, die er Johannes hinterlassen hat, weitergewachsen.

Mittlerweile hat Johannes viele verschiedene Sargmöbel entwickelt. Es gibt einen Sarg, den man sich als Bücherregal in die Wohnung stellen kann. Es gibt eine schlichte Variante, die als Schuhschrank und Sitzbank genutzt werden kann. Einen aus Stoff und Holz, der als Wäschetruhe dient.

Ich finde diese Idee ganz wunderbar. Ich habe in meinem Leben schon viel mit dem Tod zu tun gehabt. Als Pfarrerin habe ich Menschen begleitet, die jemanden Geliebtes verloren haben. Und als ich sehr krank war, musste ich mich auch mit meinem eigenen Tod auseinandersetzen. Ich glaube, es kann helfen, wenn man den Tod ein Stück weit schon ins Leben lässt. Und zwar ganz alltäglich. Beim Schuhebinden. Oder, wenn man ein Buch aus dem Bücherregal nimmt. Denn mitten im Leben sind wir umfangen vom Tod – so heißt es in einem alten Kirchenlied. Es ist eine große Aufgabe, das Sterben als Teil des Lebens zu begreifen. Ich glaube, die Möbel von Johannes Wittich können dabei helfen. Und zwar auch denen, die zurückbleiben. Denn Johannes Wittich hat bei jedem Sargmodell auch eine Idee, wie die Trauernden mit einbezogen werden können, wenn ein Mensch gestorben ist. Den Wäschetruhensarg z.B. kann man gemeinsam zunähen. So entsteht eine Gemeinschaft um und mit dem Verstorbenen. Eine Gemeinschaft von Menschen, die im gemeinsamen Tun begreift, dass wir alle endlich sind.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

29SEP2022
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Heute ist ein kirchlicher Gedenktag, den Menschen seit Jahrhunderten begehen: der Tag des Erzengels Michael. Alle christlichen Kirchen erinnern heute an diesen starken Boten Gottes. Dabei hat der Engel Michael nichts mit den niedlichen Darstellungen zu tun, die es von Engeln vielerorts gibt. Er ist ein Krieger, ein Kämpfer gegen das Böse. Der Prophet Johannes erzählt vom Engel Michael in seiner Offenbarung, dem letzten Buch der christlichen Bibel. Johannes stellt sich das Böse als einen Drachen vor, der von den Menschen Besitz ergreift und sie verführt. Am Ende der Zeit aber wird die Macht des Bösen gebrochen werden. Der Engel Michael kämpft gegen das Untier und besiegt es ein für allemal. Das Böse endet.

Bis zu diesem Tag aber ist das Böse ein Teil unserer Welt. Ich denke, die meisten von uns würden das bestätigen. Das Böse gehört zum Leben. Auch wenn wir es nicht am eigenen Leib und der eigenen Seele erfahren, so hören wir doch täglich von seiner Existenz. Das Böse zeigt sich immer wieder. Manchmal auf unfassbar schreckliche Weise. Ganz besonders denke ich dabei an die Ukraine. Wo Menschen einander täglich Böses antun. Menschen, die jenseits des Krieges Familienväter sind, Brüder, Söhne. Im Krieg zeigt sich die Fratze des  Bösen besonders unverstellt und wie es diejenigen entstellt, die ihm ausgesetzt sind.

Ich bin froh, dass es im christlichen Glauben Platz gibt für Gestalten wie den Erzengel Michael.  Der Glaube an die Kraft, die von diesen Gestalten ausgeht, bewahrt mich davor zu resignieren. Ja, das Böse ist Teil dieser Welt und es begegnet mir täglich. Ich weiß von seiner Existenz und spüre, dass ich es alleine nicht besiegen kann. Aber ich kann das meine dafür tun, dass es nicht stärker wird. Ich kann versuchen, so zu leben, dass von mir nichts Böses ausgeht. Ich kann etwas dafür tun, weil ich darauf vertraue, dass Gott das Seine tut, das Böse am Ende der Zeit ganz zu vernichten. Der Erzengel Michael erinnert mich daran und steht mir zur Seite.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

28SEP2022
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Die dunkle Jahreszeit steht vor der Tür. Das macht es nicht unbedingt einfacher, mit den Krisen umzugehen, die derzeit die Welt erschüttern. Wenn das Wetter schön ist und die Sonne scheint, dann fällt es mir leichter, mich davon ablenken zu lassen. Und es ist auch leichter, das Schöne zu sehen, das es ja trotz allem gibt. Jetzt werden die Tage kürzer und die Nächte länger. Und weil der Strom teurer wird und die Gaspreise explodieren, ist es gar nicht so einfach zu wissen, wo in diesem Winter Licht und Wärme herkommen sollen.

Der Apostel Johannes schreibt in einem Brief in der Bibel: „Das wahre Licht scheint schon. Die Finsternis vergeht!“ Johannes ist überzeugt: das wahre Licht, das, was das Leben wirklich heller macht, ist unabhängig von Wetter und Jahreszeit. Und auch vom Strompreis. Es ist ein Licht, das in jedem Menschen brennt. Und es wird sichtbar, wenn Menschen einander lieben und für einander sorgen. Wer so lebt, sagt Johannes, der lebt im Licht. Das löst nun freilich nicht die Energiekrise, in der wir stecken. Dafür braucht es politische Lösungen. Und schnelle Hilfe für all diejenigen, die im wahrsten Sinne des Wortes von Dunkelheit und Kälte bedroht sind. Aber zusätzlich zu diesen Maßnahmen kann Johannes Hinweis für eine bessere Energie zwischen den Menschen sorgen. Vielleicht hilft es, damit wir uns nicht noch gegenseitig zusätzlich das Leben schwermachen.  Aber Freundlichkeit und Höflichkeit helfen schon sehr im Miteinander. Auch Wohlwollen und Vertrauen. Das ist Licht, das wir scheinen lassen können. Um einander die Hoffnung zu stärken, dass die Finsternis vergeht.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

27SEP2022
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Als Kind hat mir meine Oma ein Buch geschenkt. Weil sie in der DDR gelebt hat, war dieses Buch etwas Besonderes in meinem westdeutschen Kinderzimmer der 80er Jahre. Und anders als vieles andere aus diesem Zimmer hat das Buch die Jahre seither überlebt. Und steht in meinem Bücherregal.

Es sind Gedichte der Poetin Eva Strittmatter. Illustriert von Albrecht von Bodecker mit teils ziemlich verrückten Aquarellbildern. Ich weiß noch, dass ich als Kind kaum die Hälfte der Texte verstanden habe. Aber schon als Kind habe ich mich hingezogen gefüllt zu diesen Texten. Zu dem Rhythmus der Worte. Und dem Geheimnis, das sie versprachen.

Ich frage mich, ob es nicht gut wäre, Kindern häufiger so etwas zu zutrauen. Texte und Themen, deren Sinn sich erst nach und nach erschließt. Für die es mehrere Verständnisebenen gibt. Die nicht alles gleich ausplaudern, was es zu sagen gibt. Als Kind verstehen sie dabei das, was Kinder verstehen können. Das ist oft erstaunlich viel. Und dann wachsen die Texte mit ihnen. Und je größer sie werden, desto mehr Bedeutungsebenen erschließen sich Ihnen. Der Apostel Paulus beschreibt in einem Brief etwas ähnliches. Er sagt: Als ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind und dachte wie ein Kind und war klug wie ein Kind; als ich aber ein Mann wurde, tat ich ab, was kindlich war. Ich glaube es ist eine wichtige Aufgabe, Kindern genau diese Erfahrung zu ermöglichen. Damit sie merken, wie sie innerlich wachsen. Aber es ist auch ein schönes Experiment, heute als Erwachsene noch einmal die Texte der Kindheit zu lesen. Und am eigenen Leib und Geist zu spüren, was Paulus da beschreibt. Wie man gewachsen ist – sich Perspektiven verändert haben. Manchmal vielleicht gar nicht nur zum Guten. Dann erinnert man sich vielleicht an das Kind, das man gewesen ist, und lässt sich von ihm korrigieren.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

26SEP2022
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Von all den Menschen, von denen in der Bibel die Rede ist, sind mir einige besonders nah. Einer davon ist der Apostel Thomas. Er war einer von Jesus engsten Freunden. Das wenige, was von ihm überliefert ist, zeigt, dass er sehr treu gewesen sein muss. Und wissbegierig. Er hat das sehr ernst genommen mit der Nachfolge. Aber seine Geschichte zeigt auch, wie schwer das gewesen sein muss. Besonders nachdem Jesus gestorben war. Für Thomas ist da eine Welt zusammengebrochen. Und selbst als die anderen Jünger schon überzeugt waren von der Auferstehung und Jesu Sieg über den Tod gefeiert haben, da blieb er untröstlich. „Ich glaub das nicht!“ hat er gesagt. „Das ist mir zu fantastisch. Nichts als Hirngespinste. Ich glaube das nicht, solange ich es nicht mit eigenen Augen sehe!“ Was ich besonders bemerkenswert finde: Thomas hat sich nicht überreden lassen. Egal, was die anderen gesagt haben. Wie sehr sie an seinen Glauben appelliert haben. Thomas ist nicht darauf eingestiegen. Und ich glaube, das ist etwas ganz Wesentliches im christlichen Glauben: In entscheidenden Situationen funktioniert er nicht durchs Hörensagen. Da geht es um die eigene Erfahrung. Da nützt der Glaube anderer nicht. Dann muss ich selber sehen. Selber erleben.

Und Thomas durfte nicht nur sehen. Er durfte es auch begreifen.  Sich wirklich vergewissern. Jesus ist extra für ihn noch einmal wiedergekommen: „Reich Deine Hand her“, hat er zu Thomas gesagt, „fass mich an und vergewissere Dich!“ Und dann hat Thomas glauben können.

Thomas ist zum Anwalt geworden für alle Zweifler. Deswegen fühle ich mich ihm so verbunden. Er zeigt mir immer wieder: Es ist ok, dass Du zweifelst. Das gehört dazu. Die Welt braucht Menschen, die nicht alles glauben. Die Fragen stellen. Sich vergewissern wollen. Das gilt in allen Lebensbereichen, aber das gilt vor allem auch in der Religion. Blinder Gehorsam ist keine christliche Tugend. Dafür steht Thomas. Und dafür steht auch Jesus. Denn er nimmt Thomas genauso an, wie er ist. Er ermutigt ihn. Und genau dadurch baut er eine Brücke vom Zweifel zum Vertrauen.

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Anstöße sonn- und feiertags

25SEP2022
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Michaels Sohn soll im Oktober anfangen zu studieren, aber er findet einfach kein Zimmer. Die Mieten sind unerschwinglich. Und selbst bei den Zimmern, die er sich dann doch anschaut, hat er unfassbar viele Mitbewerber. Damit er trotzdem mit dem Studium beginnen kann, hat Michael nun auf einem Campingplatz einen Stellplatz gemietet. Sein Sohn wird die erste Zeit wohl im Familienzelt wohnen.

Michael macht sich Sorgen. Aber er ist auch wütend. Er ärgert sich über die Mietpreise. Er ärgert sich über eine Politik, die oft die jungen Menschen nicht im Blick hat. Er ärgert sich und weiß manchmal nicht wohin mit der Wut und den Sorgen. Wie geht man mit Sorgen um? In der Bibel gibt es einen Rat, den ich hilfreich finde. Da steht: Alle Eure Sorgen werft auf Gott! Das ist ein sehr dynamischer Umgang mit den Sorgen. Man soll sie packen und auf Gott schleudern. Ich stelle mir das sehr befreiend vor. Und deshalb schlage ich Michael vor, dass wir das gemeinsam machen könnten.

Nun sind Sorgen ja nichts, was man wie einen Ball in die Hand nehmen kann und werfen. Es braucht also ein bisschen Fantasie – und ein paar Hilfsmittel. Deshalb treffen wir uns für einen Spaziergang und unterwegs sammeln wir Steine. Unsere Taschen werden immer schwerer. Wie die Sorgen, die auf Michaels Schultern lasten. Und dann kommen wir bei unserem Ziel an: einem Weiher im Wald. Ruhig und dunkel liegt das Wasser da. „Und jetzt werfen!“, sage ich zu Michael. Etwas unschlüssig wiegt er den ersten Stein in der Hand. Aber dann holt er aus und schleudert ihn mit voller Wucht in den Weiher. Es platscht gehörig. Und das Wasser wirft Kreise und Wellen. Zack – der nächste Stein folgt. Und ich mache jetzt auch mit. So pfeffern wir Stein um Stein in den Weiher. Am Ende sind wir ganz schön außer Atem. Aber auch irgendwie befreit. Es hat gutgetan, diese ganze Energie rauszulassen. Das ändert nichts daran, dass Michaels Sohn im Zelt schlafen muss. Und es wird auch nicht leichter für all die anderen Menschen, die nach bezahlbarem Wohnraum suchen. Aber es ist gut, ein Ventil zu haben. Und auch eine Adresse für die Wut und die Sorgen. Ohne dabei jemanden zu verletzten. All Eure Sorgen werft auf Gott. „Und was macht Gott jetzt mit all den Sorgen?“, fragt Michael zum Schluss. Ich weiß es nicht genau, aber als ich mich noch einmal umdrehe, liegt der Weiher wieder da wie zuvor– ruhig und dunkel. „Er trägt sie“, sage ich, „damit Du das nicht allein tun musst.“   

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SWR3 Gedanken

24SEP2022
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Von Schafen wird erzählt: sie werden schwermütig, wenn sie alleine sind. Wenn sie aber Artgenossen um sich haben oder wenigstens andere Schafe in Sichtweite, dann beruhigen sie sich. Herzschlag und Puls werden normal. Und die Tiere sind wieder zufrieden.

In der Bibel werden Menschen oft mit Schafen verglichen. Jesus sagt: ich bin der gute Hirte und ihr seid die Schafe. Lange habe ich das als Beleidigung empfunden – aber in einem Punkt bin ich tatsächlich sehr schafsähnlich: auch ich werde schwermütig, wenn ich zulange alleine bin. Ich brauche andere Menschen, um mich wohlzufühlen. Und erstaunlicherweise müssen das noch nicht einmal enge Freunde sein oder Familie. Mir reicht es schon, genau wie dem Schaf, andere Menschen um mich zu haben.

Im Supermarkt zum Beispiel: zu sehen, wie sie ratlos vor der Käsetheke stehen. Oder leicht genervt am Pfandautomaten. Eltern, die ihren Kindern klarmachen, dass die Süßigkeiten nicht gekauft werden. Und Jugendliche, die rumalbern und froh sind, dass Ihnen niemand mehr verbiete, Energydrinks und Chips zu kaufen. Das ist keine heile Welt da im Supermarkt. Und nicht alle Menschen, denen ich da begegne, sind mir sympathisch. Aber selbst an Tagen, an denen das alles anstrengend ist: unterm Strich geht es mir danach besser. Weil ich sehe: da sind andere – genau wie ich. Die versuchen, durchs Leben zu kommen. Die machen, was getan werden muss: Einkaufen, z.B. und Kinder erziehen. Sich orientieren, in einer Erwachsenenwelt. Und die teilen auch die Sorgen, die ich habe: über steigende Preise zum Beispiel. Damit nicht alleine  zu sein, das beruhigt mich – wie ein Schaf. Und ja, dann wünsche ich mir für uns alle wirklich einen guten Hirten, der Acht gibt und uns beschützt.   

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SWR3 Gedanken

23SEP2022
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Sei mutig und stark! Das hat nicht etwa eine Freundin zu mir gesagt, sondern mein Badeschaum. Es stand auf seiner Verpackung: „Sei mutig und stark!“ Die Journalistin Juliane Marie Schreiber hat in ihrem Buch „Ich möchte lieber nicht“, darauf aufmerksam gemacht, wie sehr wir von solchen Aufforderungen umgeben sind. Sie nennt sie Denk-positiv- Imperative. Und sie hat recht: Ruh Dich aus! Steht auf dem Tee oder Glücksmoment! Nimm Dir Zeit! fordert die Gesichtsmaske und der Badezusatz eben: sei mutig und stark!

Ganz schön aufdringlich. Immer aufgefordert zu werden, das Leben positiv zu nehmen, das macht was mit einem. In erster Linie macht es, dass man die ganzen negativen Gefühle, die es ja auch gibt, irgendwie wegschiebt. Du bist traurig? Nein, das darf nicht sein! Hier: trink einen Glücksmoment!! Du fühlst Dich ausgelaugt und schwach? Warte! Ab in die Badewanne! Das hilft bestimmt. Dabei hilft es natürlich nicht. Wie denn auch? Negative Gefühle gehören zum Leben dazu. Schon vor über 2000 Jahren hat ein weiser Mensch in der Bibel geschrieben- Lachen hat seine Zeit und Weinen hat seine Zeit. Und so ist es auch mit Zorn und Angst. Müdigkeit und Trauer.

Jeder Mensch ist mal traurig oder müde. Und jeder fühlt sich mal schwach und mutlos. Und die Erfahrung zeigt, wenn man diese Gefühle immer nur wegschiebt, dann kommen sie mit Macht zurück und nehmen sich Ihre Zeit. Wäre es da nicht besser, sie von Anfang an anzunehmen? Deswegen fände ich einen Tee ganz gut mit dem Namen: Wein ruhig mal! Und einen Badezusatz, auf dem steht: Du musst gar nichts – vor allem nicht stark und mutig sein. Noch schöner fände ich es allerdings, wenn das mal eine Freundin zu mir sagt.

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SWR3 Gedanken

22SEP2022
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Ich bin abhängig. Abhängig von meinem Smartphone. Das ist mir im Sommer wieder ganz bewusstgeworden. Das Handy ist immer dabei. Ich checke Nachrichten und teile schöne Momente mit Freunden und Freundinnen, die nicht dabei sein können. Ich mache Fotos damit. Ich verfolge das Weltgeschehen, schaue meine Lieblingsserie oder höre Musik. Das Handy ist auch mein Wecker – das heißt, das erste was ich morgens sehe, ist sein Display und das letzte, was ich abends anschaue, ist auch mein Handy.

Ganz schön krass. Dabei gibt es in meinem Umfeld so viel Schönes, auf das ich stattdessen schauen könnte. Die Gesichter meiner Kinder zum Beispiel. Oder auch nur die Aussicht aus dem Fenster. Jetzt habe ich einen Satz gelesen, der das auf den Punkt bringt: „Das Handy bringt dich den Menschen näher, die fern von dir sind, aber es entfernt dich auch von denen, die neben dir stehen.“ Aber ich frage mich, muss das so sein? Mit meinen Kindern habe ich Bildschirmzeiten vereinbart. Nach einer verabredeten Zeit schaltet sich deren Handy einfach selber aus. Das hab ich jetzt auch in meinem Handy eingerichtet. Ab 21.00 Uhr bleibt das Display schwarz. Und einen alten Wecker habe ich auch noch gefunden. Ich merke, die Auszeit tut mir gut. Ganz ohne smartphone geht es nicht. Soll es auch gar nicht, denn es ist toll, mein Leben wenigstens ein bisschen mit meinen Freunden und Freundinnen, die weit entfernt wohnen, teilen zu können.  Aber reduzieren möchte ich es. Denn die Menschen in meiner Nähe sollen mir weiter nah sein. Und spüren, dass ich ganz da bin.

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SWR3 Gedanken

21SEP2022
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Fleißig wie ein Bienchen! Ich glaube, vor allem Mädchen wurde schon oft geraten, sich an den Bienen ein Vorbild zu nehmen. Unermüdlich arbeiten sie. Sind produktiv und sammeln Honig. Und natürlich sind sie gehorsam, denn ein Bienenschwarm ist streng hierarchisch organisiert: mit einer Königin an der Spitze, der alle zuarbeiten.

Ich hatte schon immer so meine Zweifel, ob das wirklich erstrebenswerte Eigenschaften sind – ob die Bienen sich tatsächlich als Vorbild eignen. Egal, ob für Mädchen oder Jungen. Aber dann habe ich gelesen: gar nicht alle Bienen sammeln Honig. Man tut den Bienen ganz schön unrecht, wenn man sie alle über eine Wabe schert und auf fleißigen Gehorsam reduziert. Da gibt es so viele andere Aufgaben im Bienenstock: Es gibt Baubienen und Putzbienen, Ammenbienen und Wächterbienen. Es gibt Drohnen und Königinnen. Und das Sagen in einem Bienenstock hat gar nicht die Königin, sondern die Arbeiterbienen. Denn die kennen sich im Bienenstock am besten aus und wissen, was benötigt wird. Und was ich besonders bemerkenswert finde: es kann sich auch ändern, welche Aufgabe eine Biene hat. Es ist nicht für ein ganzes Bienenleben lang festgelegt.

Ich finde, unter diesen Umständen – so ein schlechtes Vorbild sind die Bienen nicht. Und wenn die es hinbekommen, in einem wuseligen Bienenstock so eine Vielfalt zu leben – dann sollte uns Menschen das doch auch gelingen.

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