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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

24JUN2023
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Heute ist Johannistag! Benannt nach Johannes dem Täufer. Ein wilder Kerl war das, der aber ganz gut auch in unsere Zeit passen würde. Denn die Bibel erzählt: Er lebte in der Wüste und konnte also Hitze aushalten – das ist auch heute wichtig, so heiß, wie es mittlerweile oft schon Ende Juni bei uns ist. Außerdem hat er vorzugsweise geröstete Heuschrecken gegessen, was ja inzwischen auch einigen hierzulande schmeckt, nicht nur wegen der Proteine. Und er hat einen ungepflegten Umhang aus Kamelhaar getragen und auf modischen Chic keinerlei Wert gelegt.

Vor allem aber war Johannes ein bescheidener Mann. Über sich und Jesus hat er einmal gesagt: Jesus muss zunehmen, ich muss abnehmen. Da ging es nicht um das Körpergewicht. Sondern es ging darum, dass man sich selbst nicht so wichtig nimmt. Dass man sich nicht aufbläst und nicht die Ellenbogen ausfährt. Andere sind wichtiger als ich und meine Bedürfnisse. Mit anderen Worten: Weniger ist mehr – diese Botschaft passt auch gut zum 24. Juni, an dem die Tage schon wieder kürzer werden, obwohl der Sommer gerade erst angefangen hat.

Johannes den Täufer hat die Überzeugung, dass er sich selbst nicht so wichtig nehmen muss, frei gemacht. Er konnte Menschen Dinge ins Gesicht sagen, die sich andere nicht getraut hätten. Er hat kein Blatt vor den Mund genommen, gegenüber niemandem. Auch nicht gegenüber dem König, selbst hier wollte er sich nicht verstellen, selbst hier wurde nichts geschönt – weswegen der König ihn schließlich enthaupten ließ.

Unangepasst und hitzeerprobt, bescheiden und geradeheraus. In einem Satz: Heute wird ein freier Mensch gefeiert. Es ist Halbzeit im Kalenderjahr. Wenn jetzt die Tage wieder kürzer werden, dann ist das vielleicht eine gute Gelegenheit, zu sich selbst zu sagen: Nimm dich nicht so wichtig. Lass dich lieber frei, so, als würdest du in der Wüste leben, geröstete Heuschrecken lieben und jeden Tag dasselbe Kleidungsstück tragen.

Noch eine kleine Ermutigung gefällig? Für Johannes kam die aus seinem Namen. Denn der bedeutet: Gott ist dir gnädig.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

23JUN2023
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Armer König Charles! Die britischen Medien haben auf ihren König und seine Frau bei der Krönung Menschen angesetzt, die von den Lippen ablesen können. So konnte man die royalen Gespräche zum Beispiel in der gläsernen Kutsche quasi mithören. Wenn schon Monarchie, dann aber richtig!
Und scheinbar gab es auf dem Weg zur Krönung in Westminster Abbey eine kleine Verzögerung – die Charles III. dann so kommentiert hat: Irgendwas ist immer.

Ich finde, für den Satz muss er sich nicht schämen. Im Gegenteil, er hat das Zeug zu einem Klassiker. Und er entspricht im Grunde auch meinem Lebensgefühl. Läuft es gerade einmal halbwegs rund, dann kann man darauf wetten, dass irgendeine Störung eintritt, oder irgendetwas dazwischenkommt und der vorgesehene Ablauf durcheinandergerät.

Meistens ist das dann nichts wirklich Wichtiges. Halt einfach das Leben, wo man sich ständig auf Veränderungen einstellen muss. Dummerweise ärgert es einen dann doch; es erwischt einen öfter auf dem falschen Fuß, als einem lieb ist.

Dem König von England würde ich empfehlen, sich im Wiederholungsfall – und der kommt bestimmt – bei einem noch prominenteren Kollegen Rat zu holen. Und zwar bei Salomo, dem König von Israel vor dreitausend Jahren. Der war so berühmt für seine Weisheit, dass Geschichten und Sätze von ihm auch in der Bibel stehen, im Buch des Predigers Salomo. Das Ganze ist absolut zitierfähig, auch bei Fahrten in einer gläsernen Kutsche.

Irgendwas ist immer – da würde Salomo verständig mit dem Kopf nicken, zur Zufriedenheit aufrufen und einen nachdenklichen Text von sich selbst zitieren:

Ich sah die Arbeit, die Gott den Menschen gegeben hat, dass sie sich damit plagen.
Da merkte ich, dass es nichts Besseres dabei gibt als fröhlich sein und sich gütlich tun in seinem Leben. Denn ein Mensch, der da isst und trinkt und hat guten Mut bei all seinen Mühen, das ist eine Gabe Gottes.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

22JUN2023
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„Jetzt, jetzt,
von der Anmut der Rosen lernen,
von der Vernarbung der abgeernteten Farben…“

Wenn Sie jetzt denken: Oh, das klingt aber poetisch - dann haben Sie völlig Recht. Das, was ich da eben zitiert habe, ist ein Gedicht. Aber nicht irgendeines, sondern eines von der diesjährigen Bundesgartenschau in Mannheim. Die Veranstalter haben nämlich einen Beschluss gefasst: Was so eine richtige Bundesgartenschau sein will, die braucht auch einen Bundesgartenschaudichter. Natürlich hätte es auch eine Dichterin sein können, aber die Wahl ist auf José Oliver gefallen. Für einige Wochen hat er sich in einer ehemaligen Kaserne einquartiert, streift dann tagsüber an Rabatten, Pflanzengruppen und Gewächshäusern vorbei und lässt sich so auf dem Gelände der BUGA zum Dichten anregen. Und da seine Familie aus Spanien nach Deutschland gekommen ist, freut ihn besonders die Vielfalt der Pflanzen aus aller Herren Länder. Bunt geht es zu auf der Buga – und drumherum auch. Wie schön, was da alles miteinander wächst und blüht und gedeiht. Und dann auch hoffentlich Frucht bringt.

Einerseits geschieht das ganz von selbst. Andererseits bedeutet ein Garten auch Arbeit. Denn die Pflanzen werden bewusst arrangiert, die Natur wird gestaltet. In einem Garten arbeiten die Kreativität des Menschen und die Vielfalt der Natur sozusagen Hand in Hand.

Kein Wunder, dass die Bibel sich den Anfang der Welt als einen Garten Eden vorstellt, mit Gott und den Menschen als Gärtnern im Einklang mit der Natur. Die Bibel macht dann auch gleich einen Text daraus, die Geschichte von der Erschaffung der Welt.
Wie José Oliver auf der BUGA gärtnert die Bibel sozusagen mit Worten. Und wenn man mit offenen Augen durch die Schöpfung geht, wird man viel Schönes entdecken.

Zum Hausdichter der Bundesgartenschau wird es bei mir nicht reichen, aber ich habe mal so ein einfaches Feld-, Wald- und Wiesengedicht versucht. Denn im Handumdrehen wird einem beim Gärtnern ganz poetisch zumute:

Im Garten ist ja so viel Pracht,
dass in mir das Herze lacht!
Ich freu mich an den Gottesgaben
und lass mir alle Sinne laben.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

21JUN2023
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Tacet, es schweigt, steht oft in Musiknoten, wenn ein Instrument eine längere Pause hat. Vielleicht hat John Cage, der amerikanische Komponist, vor siebzig Jahren daran gedacht, als er sein Musikstück Vier-Dreiunddreißig komponiert hat. Der Titel verrät die Aufführungsdauer, vier Minuten und dreiunddreißig Sekunden. Der Titel verrät aber nichts über die Besonderheit des Stücks. Es besteht nämlich nur aus Schweigen. Es gibt Aufnahmen des Stücks, auf denen fast nichts zu hören ist – außer dem Umblättern der Noten oder dem Atmen von Publikum und Künstlern.

Von Anfang an gab es Fragen an Cage: Besteht das Musikstück nur aus der Stille? Gehören die Nebengeräusche dazu? Was machen eigentlich die Musikerinnen und Musiker? Und vor allem: Was haben die Zuhörenden davon?

In der Bibel steht eine Geschichte, in der es auch Stille geht.  Sie erzählt vom Propheten Elia. Der steigt auf einen Berg, um dort Gott zu treffen. Dort oben auf dem Berg geht es lautstark zu. Elia erlebt einen Tornado, der Felsbrocken durch die Luft schleudert, ein schreckliches Erdbeben, ein verheerendes Feuer. Alles lautstarke, fürchterliche Ereignisse. Alles Dinge, die einem in den Ohren hallen. Aber dann auf einmal – ein Laut der Stille, wie die Bibel sagt. In dem Moment, in dem nichts zu hören ist, horcht der Prophet Elia auf. Jetzt wird es ernst.

Wie lange es auf dem Berg nur den Laut der Stille gab, ist nicht überliefert. Vier Minuten dreiunddreißig Sekunden Stille jedenfalls können ganz schön lang sein. Aber damit übe ich Zuhören.

Es ist wichtig, auf die Stille zu hören. Den ganzen Tag wird akustisch um unsere Aufmerksamkeit gebuhlt. Wer seine Stimme hebt, wer lauter spricht als andere, wird schneller gehört. Die Stille hilft mir, wieder hören zu lernen. Auf mich, auf andere und vielleicht auch auf Gott.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

20JUN2023
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Heute ist Weltflüchtlingstag. So haben es die Vereinten Nationen beschlossen. Es ist ein Gedenktag und ein Aktionstag. Ein Gedenktag für die vielen Millionen Menschen, die an jedem Tag eines Jahres auf der Flucht sind – vor Krieg, Hunger, Dürre, Gewalt und, und, und. Vielfältig sind die Gründe und gefährlich die Flucht. Allein auf dem Mittelmeer sind in diesem Jahr bisher weit über eintausend Menschen ums Leben gekommen.

Ein Aktionstag ist heute, weil es darum geht, wie wir geflüchteten Menschen begegnen. Wie sollen wir uns verhalten, was sollen wir machen? Die Vereinten Nationen sagen dazu: „Alle Menschen haben das Recht auf Schutz – wo auch immer sie herkommen, wo auch immer sie sind und wann immer sie gezwungen sind, zu fliehen.“ Schon der Philosoph Immanuel Kant hat das vor über zweihundertzwanzig Jahren betont. Menschen, die zu uns kommen, so meint er, haben ein Recht, freundlich empfangen zu werden. Und wer weiß? Vielleicht wollen wir vielleicht eines Tages auch bei ihnen freundlich aufgenommen werden. Oder Deutschland ist wegen des Klimawandels unbewohnbar und seine Bewohner zieht es in das dann aufgetaute, grüne Grönland.

Dass es möglich sein muss, zu fliehen, ohne dass man verachtet oder ausgegrenzt oder totgeschlagen wird, dafür hat Kant folgendes Argument: Der Platz auf der Erde ist begrenzt. Die Verteilung der Menschen, wer wo und seit wann wohnt, ist zufällig. Es hätte auch alles ganz anders kommen können. Deshalb gehört die Erdoberfläche eigentlich allen Menschen gemeinsam. Wenn aber allen alles gemeinsam gehört, wie sollte dann ein Mensch, der in einen anderen Teil der Erde reist, anders als freundlich aufgenommen werden? Sein Zielort gehört ja auch immer schon ein Stück ihm.

Immanuel Kant hat diese Idee als einen Beitrag dazu verstanden, dass Friede auf Erden herrscht. Und er war der Meinung: Am einfachsten wäre es dabei, wenn es nur noch einen einzigen Staat Erde gäbe. Ein einziger Staat - dann wären endlich alle Grenzen verschwunden, an denen geflüchtete Menschen aufgehalten werden.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

19JUN2023
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Oberhalb von Lohnsfeld in der Pfalz steht ein Kreuz. Drei Meter ist es hoch. Das wäre weiter nichts Besonderes und einfach eine alte Tradition. Aber das Kreuz von Lohnsfeld ist noch ziemlich neu und erst drei Jahre alt. Aufgestellt wurde es zu Beginn der Pandemie – anonym. Ein bisschen modern ist es auch: Eine Lichterkette, die mit einem Solarmodul verbunden ist, beleuchtet das Kreuz auch nachts. Der Erbauer oder die Erbauerin des Kreuzes will anonym bleiben. Nur so viel gibt er oder sie preis: Es geht bei dem Kreuz um den Schutz der Menschen. Wohlgemerkt: nicht als Ersatz für eine Impfung.
Mit dem Kreuz als Schutzzeichen ist das so eine Sache. Was soll man davon halten? Einerseits ist ein Kreuz ja nichts weiter als nur zwei Holzbretter, im rechten Winkel miteinander verbunden. Aber das ist eben nur die eine Seite. Denn andererseits rührt mich die Geschichte an und macht mich sogar froh. Weil da einer der Gemeinschaft zeigt: Lasst den Kopf nicht hängen und verliert nicht die Hoffnung! Wenn das keine Botschaft ist, die einer Dorfgemeinschaft guttut, die sie schützt und aufrichtet! Ohne Worte wird den Menschen da Kraft und Zuversicht zugesprochen.

So ähnlich muss das im Mittelalter in den Hospitälern gewesen sein. Die waren damals Herberge für Reisende, Unterkunft für bedürftige Alte, Pflegeheim für Schwerkranke und vieles andere mehr in einem. Im Saal, in dem alle zusammengekommen sind, gab es immer auch ein Kreuz. Es erinnerte an Jesus, der gestorben war und das Leid der Menschen geteilt hatte. Es erinnerte aber auch an das, was die Bibel anschließend erzählt: Dass der Tod Jesus nicht festhalten konnte, sondern dass er bei Gott lebt.

Mit Jesus ist das auch so eine Sache. Was soll man davon halten? Einerseits ist das ja nichts weiter als nur eine alte Geschichte. Aber das ist eben nur die eine Seite. Denn andererseits tröstet mich die Geschichte und macht mir Mut: Dein Leben ist in Gottes Hand. Das ist keine Botschaft für handverlesene einzelne Menschen, sondern für alle. Ich finde, das Kreuz über Lohnsfeld drückt das sehr gut aus: Gott meint es gut mit euch!

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

04MRZ2023
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Sieben Wochen ohne - zwei Millionen Menschen hierzulande machen wieder mit bei der Fastenaktion der Evangelischen Kirche in Deutschland. Zwischen Aschermittwoch und Ostern soll eine besondere Haltung geübt werden. Dabei haben die Evangelischen es ja traditionell nicht so mit dem Fasten. Aber bei der evangelischen Fastenaktion gibt es da einen besonderen Dreh: Es geht nicht um den Verzicht auf Schokolade, Alkohol oder ähnlichem. Stattdessen geht es darum, auf etwas zu verzichten, was uns in Fleisch und Blut übergegangen ist und uns mehr bestimmt, als uns lieb ist. In diesem Jahr heißt es deshalb: Sieben Wochen ohne Verzagtheit. Das Wort benutze ich eigentlich kaum noch. Aber ich weiß trotzdem sofort, was gemeint ist. Wenn ich verzagt bin, dann sage ich: „Ach, ich weiß nicht so richtig – soll ich wirklich?“ Oder: „Alles ist so unübersichtlich und schwierig – bevor ich etwas Falsches tue, lasse ich es lieber gleich ganz bleiben.“

Ja, so oder ähnlich spreche ich, wenn ich verzagt bin. Und damit mache ich die Dinge nicht besser, sondern oft nur noch schlimmer.

Aber wie geht es besser? Wie wird es besser? Die Alternative zur Verzagtheit ist ja nicht, einfach irgendetwas zu tun, Hauptsache handeln. Die Fastenaktion gegen Verzagtheit empfiehlt etwas anderes, Grundlegenderes: wir sollen leuchten! Es geht darum, dem inneren Licht eine Chance zu geben. Es geht darum, das Licht nicht für uns zu behalten. Wen ein heller Schein erreicht hat, der soll ihn weitergeben.

Denn Licht ist zum Leuchten da. Kein Mensch, sagt Jesus, zündet eine Kerze an und stellt sie unter einen Eimer oder einen Scheffel. (Matthäus 5,15) Das wäre völliger Blödsinn, da könnte man die Kerze auch gleich ausblasen.

Ihr seid Leuchttürme, ihr Menschen: Gebt Orientierung! Zeigt anderen einen Weg!
Ihr seid Hoffnungslichter: Eröffnet denen, die verzweifelt sind, eine Zukunft!
Ihr strahlt von innen: Erfreut eure Nächsten, wie eine Kerze an der anderen entzündet wird. Licht ist ansteckend.

Wer das jetzt übt: sieben Wochen leuchten, dem geht spätestens an Ostern bestimmt ein Licht auf.

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Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

Neulich hat ein Freund ein Hörgerät bekommen. Zunächst fand er ja: Dafür bin ich zu jung. Denn er ist noch keine fünfzig Jahre alt. Ein ganzes Jahr hat er sich gequält, immer schlechter gehört. Und wenn viele Menschen in einem Raum gleichzeitig gesprochen haben, dann war es für ihn kaum auszuhalten. Das war nur Kauderwelsch. Dann hat er abgeschaltet, dicht gemacht, war außen vor, auch wenn er mittendrin saß. Das Hörgerät gibt ihm jetzt endlich wieder das Gefühl dazuzugehören. In dem Wort „dazugehören“ steckt nicht von ungefähr das Wort „hören“ drin. Denn wenn man Gemeinschaft hat, wenn man zusammengehört, dann hört man aufeinander.

Kein Wunder, dass die Weltgesundheitsorganisation einen Welttag des Hörens eingeführt hat; der ist heute: Das menschliche Gehör ist mit Abstand der differenzierteste unserer Sinne. Die Augen kann man schließen – die Ohren nicht. Wie schwer ist es zum Beispiel, etwas zu lesen und sich darauf zu konzentrieren, wenn um einen herum eine interessante Unterhaltung stattfindet. Die Ohren können doppelt so viele Sinneseindrücke verarbeiten wie das Auge. Und unsere Hörschnecken können 7.000 Tonhöhen unterscheiden. Starke Leistung von unseren Ohren!

Kein Wunder auch, dass in der Bibel das Hören wichtiger ist als das Sehen. Denn Gott hat eine Schwäche für leise Töne. Das Geschrei ist seine Sache nicht. Deshalb achtet er auch ganz besonders auf die, die sonst kein Gehör finden.

Meinem Freund haben seine Probleme mit dem Hören klar gemacht, wie wichtig das Hören ist. Nicht nur aus akustischen Gründen. Und deshalb setzt er sich seitdem besonders dafür ein, dass Menschen einander zuhören. Er ist zum Anwalt des Aufeinander-Hörens geworden. Mittlerweile sagt er immer wieder, wenn es in Diskussionen ein Durcheinander gibt, wenn einer den anderen nicht ausreden lässt:

„Ich verstehe kein Wort. Bitte langsam und einer nach dem anderen.“ Das tut allen gut. Und es stärkt die Zusammengehörigkeit.

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02MRZ2023
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Einmal im Jahr wird rund um den Globus mit den gleichen Worten gebetet. Das gibt es sonst nur dann, wenn das Vater unser gesprochen wird. Am ersten Freitag im März ist Weltgebetstag, in diesem Jahr vorbereitet von Christinnen aus Taiwan. Das ist sozusagen die größte regelmäßige ökumenische Veranstaltung. Allein in Deutschland beteiligen sich viele Hunderttausend Menschen.

Über das Beten denken die Frauen immer wieder nach: Wer beten will, der braucht Informationen. Der muss konkret über die Situation Bescheid wissen, die im Gebet vorkommt. Und dann soll er auch so handeln, wie er gebetet hat. Denn im stillen Kämmerlein das Herz ausschütten und dann draußen, wenn es drauf ankommt leisetreten – das ist nicht drin. Das ist ein ganz schön anspruchsvolles Programm, finde ich.

In diesem Jahr ist die Aufgabe des Weltgebetstages wieder einmal besonders knifflig. Taiwan - das ist jene Insel im Pazifik, die sich als eigener, demokratischer Staat versteht; doch die Volksrepublik China sieht in ihm einen Teil Chinas und droht immer wieder mit einer Invasion. Frauen weltweit stellen sich im Gottesdienst an die Seite der Christinnen in Taiwan, die ihren Glauben in einer Demokratie leben wollen. Da wird selbst eine scheinbar allgemeine Bitte um Freiheit und Gerechtigkeit zu einem politischen Gebet. Da geht es darum, auch dann standhaft zu bleiben, wenn sich Diktatoren angegriffen fühlen und mit Sanktionen drohen.

Der Grundgedanke des Weltgebetstags ist schlicht und zugleich ergreifend: Alle haben etwas zu geben und alle können etwas empfangen. Keine und keiner ist den anderen voraus – keiner und keine glaubt besser oder schlechter. Und niemand soll zurückgelassen werden. So funktioniert Gemeinschaft. So sollte Christentum funktionieren.

Wer wissen will, wie das gehen kann: Morgen Abend in ganz vielen Kirchen überall im Land.

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01MRZ2023
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Heute ist Frühlingsanfang! Denn der Frühling fängt gleich zweimal an: einmal, wenn Tag und Nacht gleich lang sind. Und dann heute, drei Wochen vorher. Sagen die Meteorologen. Sie erforschen die Vorgänge in der Erdatmosphäre, also auch das Klima und das Wetter. Für sie ist im ganzen März schon Frühjahr. Dem kann ich nur von Herzen zustimmen und rufen: Es wird aber auch Zeit. Noch länger Kälte und Dunkelheit, das hält ja keiner aus.

Die Sonne scheint mehr und länger, das verändert den Hormonmix im Körper: Das Schlafhormon Melatonin wird weniger, Serotonin und Dopamin mehr. Wir fühlen uns glücklicher, vitaler, unser Körper wird nach der Winterpause hochgefahren.

Wir haben Anteil am Wechsel der Jahreszeiten. Ein Rhythmus, der auch an den Menschen nicht vorbeigeht, sondern der sie packt und verändert. Dass wir von den Veränderungen in der Schöpfung abhängig sind, ist nur natürlich. Und es fühlt sich gut und richtig an.

Herz, was willst du mehr? Das ist gut so, wie es ist; das hat Gott prima eingerichtet! Selbst wenn ich es äußerlich noch nicht richtig merke und es noch nicht ganz bei mir angekommen ist: Es wird Frühling! Das belebt nicht nur den Körper, sondern auch die Sprache. Selbst die Bibel wird da ganz poetisch:

Siehe, der Winter ist vergangen,
der Regen ist vorbei und dahin.
Die Blumen sind hervorgekommen im Lande,
der Lenz ist herbeigekommen
und die Turteltaube lässt sich hören in unserm Lande.
Der Feigenbaum lässt Früchte reifen,
und die Weinstöcke blühen und duften. (Hoheslied 2,11ff)

Diese Worte gefallen mir gut. Sie erinnern mich daran, dass Gott alles geschaffen hat und überall zu Hause ist. Das ist ein Gedanke, der darf und soll noch weiter wachsen und blühen:

Wie eine Tüte Blumensamen für meinen Winterkörper.
Wie die erste Prise Frühlingsluft in der Nase.
Wie das erste Lied, das ich draußen vor mich hinsinge.
Wie die erste dünne Jacke, die ich statt des Wintermantels anziehe.

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